Dublin: Facing Diversity, Intercultural Classroom Management

von A.M.

Facing Diversity, Intercultural Classroom Management – convert diversity from burden into opportunity

Vom 22.08. bis 27.08 habe ich an der oben genannten Erasmus+-Fortbildung in Dublin teilgenommen. Der Kursus wurde von der „Europass Teacher Academy“ durchgeführt.

Die Teacher Academy liegt am Rande des Stadtzentrums in einem recht noblen Stadtteil und ist mit dem Bus oder auch dem Fahrrad recht gut zu erreichen. Der Straßenverkehr (links) ist teilweise recht chaotisch und gerade als Fahrradfahrer muss man da sehr aufpassen. Das Gebäude der Schule ist älter, die Räume sind jedoch groß und sehr modern ausgestattet.

Montag, 22.08.

Am 22.08. begann meine Fortbildung. Unsere Gruppe bestand aus 6 Personen:

Zwei Rumäninnen, die an allgemeinbildenden Schulen in Klassen von bis zu 20 Personen unterrichten, eine Spanierin, die an einer weiterführenden Schule und einer Schule zur Berufsvorbereitung unterrichtet und zwei Deutsche, die für das Lehrerfortbildungsinstitut arbeiten und dort unter anderem für die Organisation zuständig sind.

Zunächst hat sich unsere irische Lehrerin Helen ausführlich vorgestellt.
Sie hat einen juristischen Hintergrund und ist später in das Unterrichten eingestiegen. Danach haben wir uns vorgestellt, insbesondere natürlich unsere derzeitige Tätigkeit.

Erstes Thema war, wie wichtig es ist, dass Lernende selbst die „Arbeit machen“. Als Beispiel befand sich eine Zeichnung an der Tafel, die wir interpretiert und ein entsprechendes Diagramm erstellt und ausgewertet haben. Hier war für mich interessant zu erleben, dass Teilnehmende mit oft unterschiedlichen Erfahrungen in Teamarbeit mit einem ganz geringen Input den Hauptteil der „Arbeit“ selber machen und der Lehrer nur als „Anleiter“ fungiert. Dieses Vorgehen ist zwar zeitaufwändiger, jedoch generell effektiver.

Dies möchte ich zukünftig noch mehr praktizieren.

Anschließend hat jeder eine kurze Präsentation über etwas Interessantes aus dem Herkunftsland gehalten. So sprach ich über den Hamburger Hafen.

Danach war Thema, wie man als Lehrer/in Teilnehmende wahrnimmt, etwa aufgrund ihres Verhaltens, der Kleidung und der Art zu sprechen. Eine einmal gefasste Meinung, so merkten wir, ist dabei schwer zu ändern. Dazu wurde ein Blatt verteilt, auf dem wir bestimmte Eigenschaften den Teilnehmenden des Kurses zuschreiben sollten und warum. Dabei stellten wir fest, dass dazu meist nur äußere Eindrücke führten.

Dienstag, 23.08.

Heute war das erste Thema Kultur. Wir diskutierten, welche Kriterien für
die Kultur eines Landes maßgebend sind, wie etwa Verhalten, Regeln, Traditionen, Lebensstil usw., sowie die Perspektive aus der heraus man dies beurteilt. Dazu wurde der „Cultural Iceberg“ besprochen, der zwischen sichtbaren Merkmalen, z.B. Kleidung, weniger sichtbaren und unsichtbaren Merkmalen differenziert.

Hier merkte ich, dass man oft von Äußerlichkeiten und Vorurteilen beeinflusst wird. Ich habe mir vorgenommen, darauf zukünftig zu achten und mich hiervon weniger beeinflussen zu lassen.

Dann haben wir die von dem niederländischen Sozialpsychologen Geert Hofstede entwickelten vier kulturellen Dimensionen besprochen, zu denen etwa Machtdistanz, Individualismus versus Kollektivismus und der Grad der Vermeidung von Unsicherheiten gehören. In einer Tabelle, siehe unten, haben wir anschließend viele länderspezifische Unterschiede kennengelernt. Wenig überraschend war für mich, dass etwa Deutschland einen hohen Grad an Unsicherheitsvermeidung und Individualismus hat, Spanien dagegen einen geringeren. Dies fand ich aufschlussreich, da man kulturelle Unterschiede von Teilnehmenden so besser einordnen kann.

Nach dem Kursus fand heute eine sehr interessante etwa 1 1/2-stündige „walking tour“ in der Innenstadt statt, die von einer Dubliner Lehrerin der Teacher Academy geleitet wurde. Die „walking tour“ hat mir sehr gut gefallen.

Mittwoch, 24.08.

Heute begannen wir mit dem Thema Kommunikation. Erste Aufgabe war eine Situation mit Mimik darzustellen („how to bring the message across“). Die anderen sollten durch Fragen herausfinden, was es ist. Ich fand erstaunlich, wie schwierig dies war. Anschließend sollten wir in Dreiergruppen Bildausschnitte zusammenfügen, was als „diplomatic negotiation“ bezeichnet wurde.

Nächstes Thema war, ob und in welchen Ländern es ein Klassensystem gibt. Bejaht haben wir das für England, Indien, China, Japan, China, Frankreich. Wir lagen damit richtig, da es Untersuchungen gibt, die dies bestätigen.

Danach sollten wir eine Plastikfigur beschreiben, wobei wir Rücken an Rücken saßen. Dabei merkte ich, dass der andere die Beschreibung teilweise ganz anders verstand, was ich so nicht erwartet hatte. Der Sender-/Empfängerhorizont wurde besprochen. Wir folgerten daraus, dass beim Unterrichten klares Kommunizieren sehr wichtig ist. Dies werde ich zukünftig noch mehr beachten.

Donnerstag, 25.08.

Heute ging es um Inklusion in Abgrenzung zu Integration, Exklusion und Segregation. Wir waren uns einig, dass Inklusion das Wichtigste ist und danach Integration. Bei Inklusion sind besonders die unterschiedlichen Lernstile, Interessen, Motivationen und persönlichen Erfahrungen sowie die Bereitschaft sich einzubringen zu berücksichtigen. Toleranz ist hierbei auch von den Teilnehmenden wichtig. Zu achten sei auf „respektvolle“ Aufgaben, flexible Gruppenbildung und anschließendes Feedback. Mir fehlten hier mehr Strategien, wie Inklusion zu erreichen ist.

Nächste Aufgabe war, Beispiele zu nennen, wann wir in unserem Unterricht kulturelle Erfahrungen gesammelt haben und wie wir reagiert haben, z.B. auf Störungen, zum Beispiel ignorieren bzw. konkret und ruhig ansprechen. Hier waren die Erfahrungen der anderen interessant.

Freitag, 26.08.

Es ging zunächst um eine sogenannte „concept map“, die von einer „mind map“ abzugrenzen ist. Die concept map ist eine Visualisierung von Begriffen (concepts) und ihren Zusammenhängen in Form eines Netzes. Sie erfasst Dinge, die sich „hinter einem Thema“ verbergen. Wir haben eine concept map zum Thema Hobbys entworfen und ausführlich besprochen. Wir stellten dabei fest, dass das Ergebnis auch von kulturellen Faktoren abhängt.

Anschließend gab es ein – ziemlich kurzes – Feedback zur Fortbildung in Form einer Übung, aus der sich meines Erachtens letztlich nicht die Meinung der anderen ergab. Anschließend haben wir Teilnehmenden gemeinsam in einem Pub zu Mittag gegessen.

Samstag, 27.08.

Als Bestandteil der Fortbildung fand bei bestem Wetter eine geführte Tagesexkursion mit dem Bus nach Glendalough in den Wicklow Mountains (südlich von Dublin) statt. Dabei und bei einem längeren Fußmarsch merkten wir, wie schön die irische Landschaft ist.

Glendalough
Resümee

In dem Kursus habe ich neues Wissen über interkulturelle Bildungspraktiken erworben und Kenntnisse und Anregungen zur Förderung einer gelungenen Kommunikation erhalten, die die Diversität von Teilnehmenden berücksichtigt. Weiterhin habe ich unterschiedliche Lernansätze von Teilnehmenden kennengelernt. Beides kann ich zukünftig besser berücksichtigen.

Es wurde ferner zur Selbstreflektion über die eigene Tätigkeit im Hinblick auf Diversität angeregt. Auch war interessant, Unterricht aus der Teilnehmerperspektive zu erleben. Weiterhin war der Austausch mit den Teilnehmenden aus 3 verschiedenen Ländern interessant.

Den Kursus bewerte ich allerdings lediglich mit befriedigend. Unsere Lehrerin Helen war zwar immer sehr nett und auch die Stimmung in unserer Gruppe war immer sehr gut. Die Themen waren überwiegend interessant, passten manchmal allerdings nicht zum Thema der Fortbildung und waren öfters an wichtigen Stellen zu knapp und an unwichtigen zu langatmig. Wir sprachen Helen mehrfach darauf an, dennoch änderte sich leider nicht viel. Ungünstig fand ich, dass am ersten Tag nicht nach unseren Erwartungen an die Fortbildung gefragt wurde. Es gab lediglich eine E-Mail-Abfrage eine Woche zuvor.

Mein Eindruck deckte sich mit dem der anderen Teilnehmenden unseres Kurses. Die Teilnehmenden eines zur gleichen Zeit stattfindenden anderen Teacher Trainings waren hingegen mit ihrer Lehrerin sehr zufrieden. Es lag also nicht an der Teacher Academy.

Außerhalb des Kurses habe ich viele kulturelle Eindrücke „mitgenommen“ und auch einen Einblick in das Leben in Irland bekommen, etwa durch gelegentliche Gespräche mit Iren. Aufgefallen ist mir immer der irische Akzent, etwa die Aussprache von Dublin mit einem kurzen „u“.

Irland – Land und Leute

Besonders im Juli und August ist Dublin stark überlaufen. Zudem findet in Dublin in der 2. Augusthälfte ein American Football Turnier statt. Die Teacher Academy vermittelt keine Unterkünfte, versendet aber eine Liste mit Unterkunftsmöglichkeiten. Ich hatte große Schwierigkeiten, überhaupt eine Unterkunft zu finden, zumal ich recht kurzfristig gebucht habe, was nicht zu empfehlen ist. Letztlich fand ich glücklicherweise noch über Airbnb eine wirklich gute Privatunterkunft bei einem irischen Ehepaar im Vorort Clontarf. Das Zimmer war sauber und recht groß und das Ehepaar war sehr nett. Ich kann eine Privatunterkunft sehr empfehlen. Sicher ist es etwas Glück wo man „landet“. Ich hatte dadurch einen gewissen Einblick in die irische Lebensweise und weitere Gesprächsmöglichkeiten. Den Aufenthalt hatte ich etwas verlängert und bin knapp 2 Wochen in Dublin gewesen. Nach dem Unterricht habe ich mir oft Interessantes angesehen. Unbedingt zu empfehlen ist dabei ein Besuch des Trinity Colleges und eine geführte Tour im Dublin Castle. Weiterhin gibt es sehr viele interessante Museen.

Dublin Castle

Dublin habe ich als eine sehr belebte, geschäftige und interessante Stadt wahrgenommen, mit einem sehr hohen Anteil von Einwanderern aus aller Welt. Mir hat Dublin gut gefallen. Das Preisniveau ist weit höher als in Deutschland, das gilt auch für Lebensmittel und Restaurants. Relativ günstig einkaufen kann man bei Tesco oder Lidl. Aus Gesprächen mit Iren habe ich erfahren, dass besonders Wohnraum extrem teuer ist. Sehr viele, auch ältere Iren und Einwanderer müssen sich daher Wohnungen teilen. Dabei sind Zimmerpreise von über 1000,- Euro die Regel.

Aufgefallen ist mir die Freundlichkeit und Offenheit der Iren. Sie schienen mir im Allgemeinen weniger zurückhaltend und auch etwas „direkter“ als etwa Engländer, deren Mentalität ich ebenfalls sehr schätze.

Glück hatte ich mit dem Wetter: das angebliche „typisch irische (schlechte) Wetter“ habe ich nicht kennengelernt. Es war die ganze Zeit sehr gut.

 

Florenz: Facing Diversity. Intercultural Classroom Management (4)

von H. Qaser

Am 09.04.2022 bin ich in Begleitung eines Kollegen nach Florenz geflogen. Die Landung in Florenz war aufgrund der Wetterlage schrecklich- ich war tatsächlich froh, als wir endlich einen festen Boden unter den Füßen hatten. Dennoch war der Schreck nicht vor Dauer, denn ich wollte mich unbedingt auf das neue Land konzentrieren und auf die Erfahrungen, die mich dort erwarteten.
Nach der Ankunft im Hotel habe ich mir in einem Restaurant als erstes etwas zum Essen besorgt. So kann man eine harte Ladung am besten überwinden!

Nach einer erholsamen Nacht bin ich dann am 10.04.2022 mit dem Zug nach Rom gefahren. Laut Plan habe ich zuerst das Kolosseum und danach die Stadt Vatikan besucht. Die ehemalige Arena beeindruckte mich sehr. Es ist tatsächlich nur ein Überbleibsel, und dennoch so grandios. Wie soll es dann ausgesehen haben, als es noch unversehrt und voller Menschen war? Ich versuche mir das vorzustellen. Die Stadt Vatikan hat etwas Ruhiges an sich, etwas sehr Würdevolles, trotz der vielen Besucher. Besonders vor Ostern soll es dort wirklich voll sein, und das merken wir auch. Klar wäre es mir lieber, wenn weniger Menschen um uns herum gelaufen wären, aber wenn man schon in Rom ist, muss man den Vatikan-Staat gesehen haben. Also mischen wir uns einfach unter die Leute. Nach einem richtig ausgiebigen Spaziergang, mit vielen Fotos als Erinnerung in meinem Handygerät, bin ich dann am späten Nachmittag zurück nach Florenz gereist. Morgen geht es also endlich zu meinem Seminar!

Montag, den 11.04.2022, Tag 1.

Laut Plan sollte der Kurs am Montag um 14:00 Uhr beginnen. Ich bin aber früher losgefahren, und habe die Stadt besichtigt, dabei aber ein sehr nettes Café entdeckt und mich zuerst für den Kurs mit einem guten italienischen Kaffee gestärkt. Ich habe es dennoch geschafft, überpünktlich im Kurs anwesend zu sein.

Als Begrüßung haben alle Teilnehmer, die aus verschiedenen Ländern wie Portugal, Spanien, Rumänien, und Deutschland kommen, eine Tasche bekommen. In der Tasche gibt es ein kleines Heft mit Stift und Wi-Fi password. Wie nett!

Damit die Teilnehmer sich besser kennenlernen, haben wir zuerst ein Kennenlernspiel gespielt. Wir haben uns gegenseitig Fragen gestellt, bzw. uns interviewt.

Es ist schön, dass wir 10 Personen aus verschiedenen europäischen Ländern hergekommen sind. Außer mir sind noch 3 Personen aus Deutschland.

Weiter ging es mit den Präsentationen der Teilnehmer. Jeder sollte seinen Arbeitsplatz vorstellen und die Institution, in der man arbeitet. Das nimmt tatsächlich einiges an Zeit in Anspruch. Wir sind Mitarbeiter einer VHS aber es gibt durchaus auch andere Institutionen hier, und es ist sehr interessant für mich, über die Arbeitsgebiete der anderen Teilnehmer mehr zu erfahren.

Unsere Dozentin, Frau Dari, hat uns danach über Sehenswürdigkeit der Stadt Florenz erzählt. Ebenfalls über mögliche Exkursionen, die wir am Mittwoch, Freitag oder am Samstag mitmachen dürfen.

Unser Unterricht beginnt offiziell mit dem Thema „Interkulturell und Multikulturell“.

Unter Multikulturell versteht man eine Gesellschaft, in der verschiedene Kulturen nebeneinander bestehen. Das Wort Interkulturell beschreibt, was passiert, wenn Menschen mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen miteinander leben und sich gegenseitig beeinflussen. Keine Frage, das passiert von allein! Ohne dass wir es merken, und wir es sogar wollen, färben andere Kulturen auf uns ab- aber eigentlich ist es gut so!

Ebenfalls haben wir uns mit dem Thema „Bias – Rassismus“ beschäftigt.

Bias: ist ein unverhältnismäßiges Gewicht zugunsten oder gegen eine Idee oder Sache. Normalerweise auf eine Art und Weise, die verschlossen, nachteilig oder unfair ist.

Mit diesem Thema werden wir uns auch mehr beschäftigen, sowie auch mit dem Begriff, der mir bis heute tatsächlich unbekannt war.

Am Ende des heutigen Tages hat unsere Dozentin uns viele Restaurants und Bars vorgestellt, in denen man Pizza, Pasta, Wein und andere italienische Köstlichkeiten genießen kann.

Eine App, die Paddelt heißt, wurde uns auch vorgestellt. Mit dieser App können wir unsere Fotos, Texte und Berichte miteinander teilen. Diese werde ich auch tatsächlich ausprobieren! Der Tag vergeht wie im Flug und wir sind auch schon mit dem ersten Unterrichtstag fertig. Da wir auch später angefangen haben, ist es auch schon in den frühen Abendstunden, als ich ins Hotel zurückkehre und erstmal einen ruhigen Abend genieße- die ersten drei Tage in Italien waren tatsächlich sehr ereignisreich und ich fühle mich sehr müde.

12.04.2022, Florenz Tag 2

Der zweite Kurstag und mein insgesamt vierter Tag in Italien beginnt mit dem Klang der Wecker und ein ordentliches Frühstück. Ich muss mich allerdings tatsächlich beeilen, weil ich etwas spät dran bin. Es gibt natürlich viel zu sehen, und ich will einerseits nichts verpassen, andererseits auch meinen Kurs so gut es geht absolvieren und jede neue Information mitnehmen, die ich dort erhalten kann. Ich unterrichte noch nicht so lange, somit ist gerade für mich wichtig, Erfahrungen zu sammeln. Und wenn man sich gleich an „zwei Fronten“ bemüht- in einem richtig guten und nützlichen Kurs, und bei dem Kennenlernen eines Landes, nutzt man jede Sekunde und schläft natürlich nicht sehr viel. Alles gut- dafür bin ich ja hier! Ich beende mein Frühstück und fahre mit dem Bus zu der Teacher Academy.

Wir fangen mit einer lockeren Übung über Menschen und ihre Essgewohnheiten an. Die Aufgabe ist einfach: eine Gruppe Kursteilnehmer aus unterschiedlichen Ländern kommt nach Italien und wir müssen ein Dinner für sie organisieren. Ich denke spontan an alle netten Restaurants, die ich gesehen und teilweise besucht habe in den letzten Tagen. Ich mochte bisher alles in Italien. Es fiel mir nicht schwer, etwas für meinen Geschmack zu finden. Aber ist es bei allen Menschen so? Die Kultur und die Herkunft prägen sogar die Essgewohnheiten. Wenn mir ein Teller Pasta reicht, kann vielleicht die nächste Person nichts damit anfangen. Und genau darum geht es- schon bei den einfachsten Dingen die Unterschiede zu erkennen und die Menschen so besser kennen zu lernen. So muss auch ein Dozent anhand der einfachsten Dinge im Unterricht erkennen, welche heterogene Gruppe sich da zusammengestellt hat, und wie man sie fördern und fordern kann.

Und während wir darüber sprechen, gleiten wir automatisch zu der nächsten Folie der Kurspräsentation. Ja, warum ist es eigentlich wichtig, die Diversität im Klassenraum trotzdem zu behalten? Wir versuchen eigentlich aus unterschiedlichen Menschen, die aus den entferntesten Ecken der Welt kommen, eine einheitliche Klasse zu machen. Sollten wir nicht einfach versuchen alle gleich zu behandeln und sie zu einer einheitlichen Gruppe zusammen zu schmelzen? Es wäre doch besser zum Unterrichten! Man erkennt dabei aber, dass das nicht das Ziel des Unterrichtens ist. In meiner Klasse versuche ich, jeder Person, so unterschiedlich sie sein mag, möglichst gut zu helfen in die deutsche Sprache einzusteigen. Ich habe tatsächlich bisher nur nicht alphabetisierte Personen unterrichtet. Sie haben kaum Berührungspunkte zueinander, und es geht nicht darum, welche zu schaffen. Es geht darum sie bei ihrem unterschiedlichsten Sprachniveaus mitzunehmen, zu erkennen an welcher Stufe des Spracherwerbs sie sich befinden und sie von dort aus zu unterstützen, in die Sprache einzutauchen. Ihre Diversität kann man sich dann in sofern für den Unterricht nützlich machen, dass man erkennt, welche Stärken und kulturelle Prägungen sie rein menschlich mitbringen, um ihnen die Dinge besser zu erklären.

Es kostet Zeit, und man braucht spezifisches Wissen dafür- das ich mir hoffentlich auch in diesem Kurs aneignen werde, denn ich merke schon heute am zweiten Tag tatsächlich, dass mir der Kurs viele Gedankenanstöße ermöglicht. Während wir locker über die Kursthemen diskutieren und die Übungen des Kurses erledigen, fallen mir neue und neue Aspekte auf, die ich so davor nie betrachtet habe. Ich gestehe, dass zu Anfang mancher Übungen ich nicht so ganz nachvollziehen konnte, wofür sie nun gut sein werden- aber nach einigen Minuten erkenne ich immer deutlicher, worum es geht. Und vor allem, dass das Unterrichten mit den Menschen und für den Menschen stattfindet! Also muss man den Weg suchen ihnen näher zu kommen, statt zu erwarten, dass sie es selbst tun.

Wir halten uns auch kurz bei dem Thema Rassismus auf, denn auch dieses Thema muss angeschnitten werden. Traurig, dass auch im 21. Jahrhundert wir immer wieder genau hingucken müssen, wann genau Rassismus anfängt und warum Menschen dazu neigen, rassistisch zu werden. Man hat früher nicht offen darüber gesprochen oder so getan, als ob es dieses Thema nicht gibt. Umso wichtiger ist es aber, sich damit zu befassen, um selbst den kleinen Anflug an Rassismus im Klassenzimmer zu erkennen und darauf als Dozent einzuwirken bzw. dem Einhalt zu gebieten. Um Rassismus vorzubeugen, könnte man zum Beispiel die unterschiedlichsten Menschen dazu bringen, miteinander zu arbeiten, damit sie sich besser kennen lernen und näherkommen. Unsere Kursleiterin erklärt, dass wir die Medien nutzen könnten um die erste Barrieren aus dem Weg zu schaffen, indem wir Menschen einfach online zusammenarbeiten lassen können. Sie zeigt uns eine Website, die uns ermöglicht, den Teilnehmern zusammen eine Aufgabe zu erteilen. Jeder kann sich einloggen und seinen Part erledigen, schaut aber auch, was die anderen Teilnehmer vor ihm dort gemacht haben, und ergänzen das. So bekommt man das Gefühl, sie ein wenig schon zu kennen.

Nach der Pause sehen wir auf dem Bildschirm einen großen Eisberg. Viele der Teilnehmer scheinen das schon zu kennen und diskutieren einfach drauf los. Ja, der Mensch ist mehrschichtig und ähnlich wie bei einem Eisberg sehen wir nur die Spitze. Ah, so ist es also gemeint! Ja, es klingt logisch. Man kann nicht mehr als die Oberfläche sehen. Man muss kommunizieren, um tiefer in den Charakter des Menschen einzutauchen. Aber muss man das tun? Muss man wirklich bei jeder Person in der Klasse versuchen, sie besser kennen zu lernen? Nun ja, es geht schließlich hier um effektives Unterrichten. Man kann niemanden effektiv unterrichten, wenn man keinen Zugang zu ihm findet. Also muss man sich eingestehen, dass man sich die Zeit nehmen muss, um einmal „unter dem Wasser“ zu schauen. Zumindest so viel, um zu verstehen, wie jemand im Unterricht vorankommen kann, oder wenn er es nicht tut, aus welchen Gründen das so ist. Der Schlüssel nennt sich Kommunikation. Wir beschäftigen uns mit ihren Formen:

– Passive Kommunikation:

– Aggressive Kommunikation

– Passiv – agressive Kommunikation

– Assertive Kommunikation:

Es ist wichtig zu verstehen, wie die Menschen miteinander kommunizieren und welche Art der Kommunikation sie wählen, um sich mitzuteilen. Wir üben das ein wenig. In zwei Gruppen machen wir Übungen zu diesen Kommunikationsarten und versuchen sie zu verstehen. Dabei achten wir…ja, tatsächlich auf die einfachsten Dinge. Werden wir angeschaut, wenn man mit uns spricht? Wie ist der Unterton? Die Tonlage der Stimme? Was zeigt uns dabei die Körpersprache der Person und ist sie eher introvertiert, oder selbstbewusst?

Die Zeit vergeht sehr schnell an diesem Tag. Die Themen haben nicht nur meinen Wortschatz in Englisch gefordert, sondern auch mich zum Nachdenken an wirklich vielen Stellen gebracht. Ich merke also, dass ich richtig hungrig bin und eile in die Stadt, um etwas zu essen und natürlich auch mir weiter die Stadt anzuschauen. Es gibt viel zu sehen in Florenz! Ich hoffe, dass ich es in der kurzen Zeit hier schaffe die schönsten Sehenswürdigkeiten auch noch zu besichtigen. Es ist schon sehr spät, als ich ins Hotel zurückkehre und so freue ich mich auch auf den nächsten Tag in meinem Kurs!

13.04.2022, Florenz Tag 3

Am dritten Kurstag scheint wieder die Sonne, was für Italien allerdings vollkommen normal ist. Da ich gedanklich das aber mit meinem Alltag in Norddeutschland vergleiche, ist es für mich natürlich bei weitem nicht so selbstverständlich. Ich freue mich auf das gute Wetter hier, ich bin aber auch sehr neugierig auf den Kurs. Also beende ich schnell mein Frühstück und fahre schnell zur Teacher Academy. Heute ist auch eine Erkundungstour geplant, auf diese freue ich mich besonders. Aber zuerst die Arbeit!
Als ich ankomme, sind schon fast alle Teilnehmer da. Unsere Dozentin wartet auf uns mit einer Aufgabe. Es geht um die unterschiedlichen Arten der Intelligenz. Die Aufgabe entpuppt sich als ein Test für Multiple Intelligence. Ich mache gern Tests und Quizze mit mir selbst, also freue ich mich auf diese Aufgabe und bin schon ganz gespannt auf das Ergebnis. Zuerst aber etwas über die Arten der Intelligenz. Man erkennt 8 solche Arten:

1. Verbal/ Linguistic
2. Mathematical/ Logical
3. Musical
4. Visual/ Spacial
5. Kinesthetic
6. Interpersonal
7. Intrapersonal
8. Naturallistic

Die Dozentin erklärt jede Art dieser Intelligenzen mit einigen Worten und mir wird bewusst, wofür die Übung gut ist- es geht um Stärken finden. Wenn man lernt, seine eigenen Stärken zu finden, kann man sie auch bei den anderen Teilnehmern bzw. bei seinen Schülern besser erkennen und sie dann so fördern. Ich mache den Test und bin sehr stolz darauf, dass mir anscheinend gleich mehrere Sachen zum gleichen Teil liegen. Andere dagegen nicht so, aber immerhin! Ich vergleiche meine Ergebnisse mit der Gruppe und sehe, dass wir wirklich sehr unterschiedlich sind, was sich anhand dieses Tests zeigen kann. Das ist aber auch gut so. Grundsätzlich bewundere ich Menschen, die andere Dinge können als ich. Und ich kann mich nützlich machen, indem ich das erkenne und als Teil des Unterrichts im Klassenraum einbaue. Zumal man solche Übungen sogar anhand von Medien oder Internetseiten durchführen kann, so richtig digital. Ich nehme das für mich als Gedanke mit, das kann ich im Kursraum machen, sobald meine Teilnehmer sich etwas besser verständigen können.

Wir reden in dem Kurs noch eine Weile über die Ergebnisse des Tests, über Erkennen von Stärken, das Einordnen von Emotionen und wie wir damit im Unterricht umgehen können. Besonders dann, wenn die Teilnehmer sich noch nicht so richtig mit der Sprache vertraut fühlen. Da helfen Smileys, aber auch das Schaffen von einem Pool an Wörtern zum Thema „Emotionen“. Das muss thematisiert werden und auch in der Klasse muss man offen darüber sprechen, welche Gefühle verschiedene Situationen hervorrufen. Zum Beispiel, wenn sich jemand nicht traut, Deutsch zu sprechen. Viele Menschen haben Angst oder fühlen sich unwohl, eine Sprache zu benutzen. Warum ist das so? Was empfindet jemand, wenn die richtigen Wörter einfach nicht in einem Satz sitzen bleiben wollen und einfach hin und her im Kopf herumtanzen?
Wie kann ich mir dabei selbst helfen? Dabei helfen die multiplen Intelligenzen, man muss nur erkennen wie man sich selbst weiterhelfen kann und worin man selbst gut ist, um das zu kompensieren.

Wir machen weitere Übungen. Für mich ist klar, heute beschäftigen wir uns mit der Tiefe der menschlichen Persönlichkeiten. Wir reden über typische Situationen, bei welchen die Menschen in Schwierigkeiten bei der Kommunikation geraten. Zum Beispiel, wenn man nicht gewohnt ist, sich mit anderen Menschen einfach spontan auszutauschen. Auch das muss geübt werden und man muss manchmal Ängste überwinden, um sich selbst bei der Kommunikation zu helfen. Die Übung ist interessant und die Zeit vergeht sehr schnell. Wir merken außerdem, dass einige Teilnehmer unseres Kurses noch nicht geschafft haben, uns ihre Präsentationen zu zeigen, die wir am ersten Tag vorbereitet haben. Also holen wir das jetzt vor der Mittagspause nach und können Fragen stellen und Bemerkungen abgeben.

Die Mittagspause ist interessant. Wir kennen uns schon alle ein wenig und plaudern etwas lockerer im Flur miteinander. Das macht tatsächlich eine tolle Atmosphäre und ich fühle mich ein wenig wie in der Schule.

Nach der Pause geht’s aber weiter mit dem Kurs und wir beschäftigen uns mit einem Begriff, der mir nichts sagte: Mindfulness.

Man kann sagen, dass das eine Art Selbstfindung ist. Der Begriff beinhaltet Mechanismen, die uns helfen können einfach qualitativ besser zu leben. Es geht um die richtige Wege für sich zu finden, sein Leben so zu gestalten, dass man seine Zeit sinnvoll nutzen kann und sich selbst in gewissen Situationen selbst helfen kann. Wir sprechen darüber, dass es besonders wichtig ist etwas zu finden, was einen beruhigt, wenn man rastlos und unruhig ist oder gerade nicht weiter weiß. Denn nur ausgeglichene Menschen sind lernfähig und auch belastbar genug, um richtig etwas zu lernen und voranzukommen. An sich selbst muss man aber stets arbeiten, und zwar nicht nur an seinem Wissen. Auch an seinen inneren Eigenschaften, die man erkennen und entwickeln muss. Mindfulnes trägt dazu bei einfach das Leben „richtig“ zu leben.
Ich weiß zwar noch nicht, wie ich das unseren Teilnehmern weitergeben kann, aber für mich als Lehrkraft ist das schon wichtig. In der Ruhe liegt die Kraft, sagt man ja bekanntlich. Also ruhig und ausgeglichen bleiben und Wege schaffen, sich selbst auf die wichtigen Dinge im Unterricht zu konzentrieren. Das ist, was ich für mich aus dieser Thema mitnehmen kann und es erscheint mir nicht nur sinnvoll, sondern auch wirklich notwendig. Man kann es nicht glauben, aber manchmal sind die Emotionen in der Klasse schon groß. Meine Teilnehmer können noch nicht lesen und schreiben, viele haben in ihrer Heimat nicht einmal einen Stift benutzt. Das Gefühl, etwas nicht zu können, die Angst ausgelacht oder ausgegrenzt zu werden- das kann schon auch in der Klasse belasten oder sogar zu Schwierigkeiten führen. Darum ist es wichtig, als Lehrkraft eingreifen zu können und dabei ruhig zu bleiben. Und sich selbst dabei gut kontrollieren.

Kontrolle ist der Schwerpunkt auch einer der nächsten Übungen. Wir sollen überlegen, welche Dinge in unserer Macht liegen und welche nicht. Welche Gedanken können wir bändigen, und welche Situationen oder Angelegenheiten im Leben können wir so gar nicht beeinflussen und müssen einen Umgang damit finden? Wir sollen das aufschreiben und versuchen das zu vergleichen. Aber auch überlegen, ob wir etwas davon verändern können oder nicht. Es entsteht dabei eine bunte Diskussion. Hier sind die Meinungen unterschiedlich und es ist sehr interessant für mich. Wir beenden den heutigen Kurstag dann mit dieser Diskussion, denn es ist endlich die Zeit für die geplante Stadttour.

Sie startet pünktlich und ich tauche so richtig in die Atmosphäre der Stadt ein. Man merkt der Stadt ihre lange und üppige Geschichte an. Viele Gebäude sind wie aus einem alten Roman für mich. Ich schaue mir alles genau an und mache viele Fotos. Es gibt viel zu sehen in Florenz, besonders, wenn man sich für Geschichte interessiert. Auch kulturell hat die Stadt viel zu bieten, und – wie hätte es auch anders sein sollen! – kulinarisch natürlich sowieso! Selbstverständlich will ich das auch an diesem Abend in Erfahrung bringen und nehme Platz in einem netten kleinen Restaurant, in dem ich es mir draußen auf der Terrasse des Restaurants gemütlich mache und ein vorzügliches Abendessen in Bella Italia genieße. Es schmeckt aber auch wirklich alles hier!
Der Weg zum Hotel ist dann wie ein netter Spaziergang für mich, und ich freue mich jetzt schon darauf, was der nächste Kurstag für mich bereit hält!

14.04.2022, Florenz Tag 4

Ich bin schon seit 6 Tagen in Italien und seit 4 Tagen in meinem Kurs in Florenz. Es ist eine sehr interessante Erfahrung für mich hier zu sein, aber vor allem ist es ein schönes Gefühl aufzuwachen und direkt die Sonne zu begrüßen. Bei uns in Deutschland haben wir leider nicht immer diese Gelegenheit und schon allein das ist für mich sehr schön. Den Kurs empfinde ich bisher als sehr informativ und nützlich für mich, wenn ich auch manchmal an manchen englischen Begriffen „zu knabbern“ habe. Aber es macht nichts- ich bin schließlich zum Lernen hier, also schreibe ich mir alles Neue akribisch auf.

Mit einem Kaffee in der Hand gehe ich zur Teacher Academy. Unsere Gruppe ist sehr freundlich. Echt schade, dass wir uns nur für eine so kurze Zeit treffen, ich könnte mir vorstellen auch für länger einen Kurs zu buchen und mit denselben Menschen vielleicht einen ganzen Monat zusammen zu arbeiten.

Wir starten in den Arbeitstag mit dem Wort „Competence“. Die Dozentin möchte gern wissen, wie wir dieses Wort verstehen. Ja, sie hat zwei Bedeutungen, aber wie man es merkt, versteckt sich dahinter bei weitem mehr. Wir reden über die verschiedenen Arten von Kompetenzen und wie man überhaupt dazu kommen kann, Kompetenzen zu entwickeln oder welche zu bekommen. In vielen Punkten geht’s da um Sammeln von Erfahrung, was wiederum Menschen kompetent macht und ihnen auch Kompetenzen verleiht. Kompetenzen nutzen und sie im Klassenraum einzusetzen ist sehr wichtig für Lehrkräfte. Aber auch Kompetenzen erkennen und fördern, wenn man sie bei Teilnehmenden entdeckt. Ich höre gern zu diesem Thema zu, für mich ist alles interessant, was erfahrenere Kollegen zu berichten haben.
Und sie haben auch Vieles zu berichten. Ich staune immer wieder darüber, welche unterschiedlichen Erfahrungen beim Unterrichten schon gemacht wurden.

Da jeder seine eigenen Kompetenzen hat, hat auch jeder, der schon länger unterrichtet, seine eigenen Lernmethoden entwickelt. Das ist auch das nächste Thema, zu dem wir wie von allein hinübergleiten.

Wir hatten uns ja die Tage davor mit den multiplen Intelligenzen beschäftigt. Da wir nun wissen, dass jeder Mensch ein unterschiedliches Set von Eigenschaften und Fähigkeiten besitzt, stellen wir fest, dass man dafür auch unterschiedliche Lernmethoden entwickeln muss.
Auch als unterrichtende Lehrkraft muss man sich bemühen, seinen Schülern mehrere Beschulungsarten anzubieten. So beschäftigen wir uns also mit den Lernmethoden und erläutern mehrere solche.

Eine der bekanntesten Methoden ist „The X-based learning aktiv“-Methode. Also das Fokussieren auf ein Thema im Unterricht und das Nutzen von verschiedenen Hilfsmitteln, die immer wieder dieses eine Thema bekräftigen und unterstreichen. Diese Methode ist sowohl für Dozenten als auch für Teilnehmer gut. Zum einen können sich die Teilnehmer alles einfacher merken, wenn sie bei dem Unterricht sich nur auf dem einen Hauptthema konzentrieren brauchen, zum anderen muss man als Dozent nicht mehrere Sachen gleichzeitig erklären und kann nicht vom Thema abschweifen. Es geht schlicht darum, ein einziges Thema mit unterschiedlichen Übungen zu verstärken und sie so für alle verständlich machen.

Mein Kollege aus Tornesch erklärt, dass man oft auch diverse Lernspiele im Unterricht einsetzen kann, da die Kursteilnehmer dadurch schnell lernen und es ihnen auch Spaß macht. So erinnert man sich einfacher an die Dinge, die man gelernt hat. Ja, das haben wir beim unseren letzten Dozentenaustausch in Tornesch auch schon thematisiert. Heutzutage ist es ganz einfach, denn wir können immer wieder neue Medien zu diesem Zweck einbringen. Da, wo man früher nur einen Stift und einen Zettel zur Verfügung hatte (noch früher nicht einmal das!) kann man heute auf moderne Geräte wie iPads und interaktive Screens zugreifen. Damit Spiele zu erstellen oder zu spielen bietet sich geradezu an!
Auch das Angebot an verschiedenen Apps für das Erlernen von Sprachen oder anderen Fächern wird täglich immer größer. Man kann das so zusammenfassen: wer wirklich etwas lernen möchte, hat es heutzutage sehr einfach!

Wir machen eine kurze Pause, danach geht es mit dem Erläutern von den 4 wichtigen Begriffen, die mit dem Buchstaben „C“ beginnen. Es ist einfach zu merken:
1. Collaboration / Zusammenarbeit
2. Communication / Kommunikation
3. Creativity / Kreativität
4. Critical Thinking /kritisches Denken

Es ist eigentlich logisch, warum diese vier Begriffe so wichtig im Unterricht sind. Es gibt keinen Unterricht ohne Zusammenarbeit. Nicht nur die unter den Teilnehmenden, sondern aber auch zwischen den Teilnehmenden und der unterrichtenden Fachkraft. Die Kommunikation ist die einzige Möglichkeit der richtigen Zusammenarbeit, und zwar in jeder Form. Dabei muss man manchmal Kreativität anwenden, um auch zu überlegen auf welche Art man am besten kommunizieren kann. Wie versteht man mich am besten? Wie komme ich am besten an? Verstehen die Teilnehmer das, was ich erkläre, wie ich mir das vorstelle, oder kommt es doch anders rüber? Kommuniziere ich verständlich? Ist meine Körpersprache hilfreich dabei?
Sich selbst zu hinterfragen gehört zu dem kritischen Denken. Dabei muss man mit sich selbst sehr ehrlich sein, denn sonst tut man sich eigentlich auch keinen Gefallen und es bringt auch sonst nichts. Also muss man auch stets an sich selbst arbeiten und diese vier Dinge immer anwenden.
Ich mache mir dazu einige Notizen, denn dieses Prinzip finde ich nicht nur zum Unterrichten gut, sondern auch allgemein für das Leben.

Als ob sie meine Gedanken nur noch mehr vertiefen möchte verteilt uns die Dozentin noch einige Arbeits- und Merkzettel mit wichtigen Begriffen und Erklärungen. Diese sollen wir uns nachher in Ruhe angucken und versuchen, mit ihnen selbstständig zu arbeiten. Es gibt darunter einige Vorschläge zur Projektentwicklung mit Schülern, diese werde ich mir bei der nächsten Kaffeepause oder später im Hotel in Ruhe angucken.

Im Großen und Ganzen geht es aber um Lernen, Lernen, und noch einmal Lernen. Wie kann man das vereinfachen? Wie kann man sich Dinge besser merken? Wie kann man anderen Personen helfen, etwas besser zu verstehen? Welche gemeinsamen Projekte kann man zu Lernzwecken nutzen?

Unsere Dozentin hat tatsächlich auch als Abschluss des Lerntages ein Projekt für uns vorbereitet. Eine Art Spiel, das wir in Gruppen spielen werden. Ich merke, dass ich mich gleich herausgefordert fühle. Ich habe schon in der Schule solche Aufgaben gemocht, und mich immer als Erste für unterschiedliche Aktivitäten gemeldet. Dieses Mal weiß ich aber gar nicht, was auf mich zukommt und halte mich etwas zurück. Ah, es geht um eine Art Wettbewerb. Wir sollen kleine Aufgaben erfüllen und das möglichst schnell. Und wir müssen uns dabei bewegen, und zwar in der Stadt, nicht im Klassenzimmer. Unsere Dozentin hat sich das so überlegt: in Gruppen aufgeteilt und in Teamwork sollen wir durch die Stadt gehen und unterschiedliche Objekte suchen. Ja, dafür eignet sich Florenz wohl sehr gut- hier gibt es so viele wichtige und bedeutende künstlerische und geschichtliche Werke und Objekte aus der Antike und von heute, dass man so eine aktive Aufgabe sehr gut vorbereiten kann. Wenn wir die Objekte auf unserer Liste gefunden haben, gibt es etwas zu erledigen zu jedem davon. Wer zuerst fertig wird, gewinnt!

Unsere Gruppe besteht aus drei Personen und zum Glück sind wir beide „Tornescher“, mein Kollege Eman und ich, zusammen in einer Gruppe. Dazu gesellt sich Ilias. Er ist sehr nett und passt gut zu uns. Und er ist auch sehr kreativ, das ist uns schon früher aufgefallen. Zusammen mit ihm suchen wir die Objekte auf unserer Liste. Wir haben bekommen:

1. Das Porträt von Michelangelo finden.
2. Eine bestimmte Figur in Loggia di Lanzi finden.
3. Street Art- Video produzieren.
4. Street Music -Video produzieren.
5. Fontana der Porcellino.

Die Objekte sind nicht sehr weit auseinander, aber man muss schon ein wenig suchen. Die Aufgaben zu den Objekten sind zwar klar und einfach, man muss aber überlegen wie genau man sie verwirklichen muss. Wir reden die ganze Zeit und tauschen Ideen aus. Und rennen natürlich durch die Stadt unter höchstem Zeitdruck, denn auch Eman und Ilias möchten gern, dass wir Erste werden. Dabei haben wir wirklich Spaß wie Kinder an diesem sonnigen Tag- als hätte man echt nichts Besseres machen können, als an diesem Donnerstagnachmittag einfach um die Wette zu laufen und dabei mit der Stadt Florenz und ihren Sehenswürdigkeiten „Verstecken und Entdecken spielen“. Hochmotiviert beenden wir auch die letzte Aufgabe und beenden unsere Mission tatsächlich sogar als Sieger! Einen Preis gab es nicht. Aber ich habe mich nachher selbst mit einem großen Zitroneneis belohnt!

Ich muss zugeben, ich wäre so nicht auf die Idee gekommen eine solche Aufgabe meiner Klasse zu geben. Das Wort „lernen“ assoziiert man an erster Stelle mit Büchern, Stifte, Lehrertafel, Schule. Die letzte Aufgabe war ein Beweis dafür, dass es auch ganz anders geht. Man kann auch durch Spielen, Bewegen und Spaß haben etwas lernen. Nicht nur über das Fach, sondern auch über die Menschen, mit denen man lernt oder arbeitet. Und eine der wichtigsten Formen des Lernens ist das Lernen über sich selbst. Die Entwicklung der eigenen Eigenschaften und Persönlichkeit, nicht nur der fachlichen Kenntnisse. Die notwendigen Erfahrungen über sich selbst zu sammeln bringt ganz andere Möglichkeiten mit sich. Ich bin sehr froh, dass ich diesen Kurs mitmache, denn so viel hatte ich mich damit bisher nicht befasst und es war mir nicht bewusst, wieviel „Selbstentwicklung“ man immer wieder in seinem Alltag brauchen wird. Ich lerne hier nicht nur, wie ich besser unterrichten kann, ich lerne auch, wie ich mich selbst besser unterrichten kann. Und letztendlich, wer ich bin und was ich kann oder erreichen kann. Und zwar während mir der Alltag sogar richtig Spaß macht. Das ist für mich die wichtigste Erkenntnis dieses Tages.

15.04.2022, Florenz Tag 5

Und schon ist der letzte Tag unseres Seminars da!

Nach dem Frühstück fahre ich wie jeden Morgen mit dem Bus 23 Richtung Teacher Academy. Die Gruppe ist komplett, als ich reingehe und es geht auch zügig mit dem Unterricht weiter. Unsere Dozentin erzählt uns ein paar kurze Eindrücke aus unserer Gruppe, die sie selbst in der vergangenen Woche gesammelt hat. Es ist schön ein positives Feedback zu bekommen. Auch wir sind von dem Kurs total begeistert, alle sind der Meinung, wir hätten locker noch länger das Seminar machen können.
Wir bekommen auch ein kleines „Geschenk“ von der Teacher Academy. Einen einmaligen Gutschein, mit dem wir an einem Online-Kurs unserer Wahl teilnehmen können. Wie nett! Selbstverständlich werde ich das Angebot entgegennehmen und sobald ich zu Hause bin, mir einen passenden Kurs aussuchen.

Weiter geht es mit einigen Präsentationen, die Kursteilnehmer vorbereitet haben. Die Themen sind unterschiedlich und immer global wichtig. Ein Thema war zum Beispiel der Klimawandel und die Auswirkungen des Klimawandels, sowie auch die Möglichkeiten, dem entgegen zu wirken.

Ein anderes Thema handelt von der Vorbereitung der Migranten für den Arbeitsmarkt sowie unterschiedliche Mechanismen zum Erlernen der Sprache in einem fremden Land. Viele Migranten sind sich nicht bewusst, dass es nicht ausreicht eine Sprache lediglich im Alltag zu sprechen, um auf dem Arbeitsmarkt erfolgreich zu sein. Man muss auch Schreiben können und auch die Sprache grammatikalisch korrekt anwenden. Das wird oft unterschätzt, auch wir haben die Erfahrungen gemacht, dass viele Teilnehmer der Deutschkurse den Kurs abbrechen, sobald sie einen Job finden, bevor sie das Zertifikat bekommen und richtig sprechen können. Selbstverständlich erscheint ihnen zuerst das Verdienen von eigenem Geld wichtiger und ist auch lobenswert. Aber kaum in dem beruflichen Leben angekommen, stoßen sie auf die sprachlichen Schwierigkeiten und nur wenige Monaten später stehen sie wieder bei uns in der VHS und brauchen dringend einen Kurs. Wir Dozenten müssen die Teilnehmer über diese Schwierigkeiten aufklären und auch die Menschen darauf vorbereiten, dass auf dem Arbeitsmarkt nur derjenige konkurrenzfähig ist und eine Chance hat, der auch gute Deutschkenntnisse mit einem Zertifikat anbieten kann.

Dieses Thema interessiert mehrere Kursteilnehmer unseres Kurses und wir tauschen uns etwas länger darüber aus. Jeder trägt mit seiner Erfahrung dazu bei und es entsteht eine nette Diskussionsrunde. Daraus ergibt sich die Frage, ob es hilfreich ist oder eher ein Problem, wenn die Teilnehmer in einem Deutschkurs in ihrer Muttersprache im Kurs sprechen können.

Für mich persönlich ist es oft von Vorteil, wenn man die Dinge im Kurs auch auf der Muttersprache erklären kann. Ich unterrichte Personen, die eine Alphabetisierung brauchen. Viele von ihnen sind auch nicht einmal in ihrer Heimat zur Schule gegangen und brauchen Zeit um sich überhaupt daran zu gewöhnen, etwas bewusst zu lernen. Einige davon haben sogar Schwierigkeiten, mit einem Stift in der Hand im Unterricht mitzumachen.
Das können wir uns vielleicht so nicht vorstellen, aber es ist tatsächlich so. Dass man da auf die Muttersprache zurückgreifen kann, um etwas zu erklären, ist sehr wichtig für unsere Gruppe.
Die Teilnehmer sind meistens froh und dankbar darüber, wenn man ihnen kurz etwas auf ihrer Sprache erklären kann, auch wenn der Unterricht sonst auf Deutsch stattfindet.
Wenn man wirklich alles neu erlernen muss und jemand nur in einer fremden Sprache spricht und erklärt, das schüchtert die unerfahrenen Menschen ein und sie verlieren manchmal die Motivation, dass sie in der Lage sind, etwas zu erlernen. Das darf man nicht aus den Augen lassen. Es ist also aus meiner Sicht eher vorteilhaft, wenn man im Unterricht die Muttersprache der Kursteilnehmer spricht.
Selbstverständlich soll man aber auch nicht nur noch die Muttersprache verwenden, denn die Teilnehmer müssen sich an den Klang der neuen Sprache gewöhnen, die Begriffe müssen gelernt werden. Es ist sinnvoll, jeden Tag immer weniger die Muttersprache zu verwenden und sie nur bei Bedarf anzuwenden.

Ja, im Großen und Ganzen stellen wir auch fest, dass das Lernen einer fremden Sprache in einem neuen Land viele Schwierigkeiten mit sich bringt. Auch die Bürokratie eines Landes ist für die Migranten oft ein dunkler Wald ohne Lichtung. Wir unterhalten uns weiter darüber, welche Möglichkeiten für die Unterstützung von Migranten es in unseren Ländern gibt. Ich kann nur von unserer Stadt berichten, die -wie ich finde- sehr gut aufgestellt ist, was die Hilfe für die Migranten angeht. Es gibt aber allgemein in vielen Sozialämtern der Städte oder auch bei dem Bürgerbüro auch extra Migrationsbeauftragte oder Flüchtlingskoordinatoren. Sie kümmern sich genau um solche Probleme und stehen auch den Migranten zu unterschiedlichen Fragen zur Verfügung. Es gibt aber auch viele freiwillige Helfer, die ehrenamtlich einige Migranten betreuen und ihnen aushelfen, wenn sie nicht weiterwissen. Darüber hinaus gibt es auch Organisationen und Institutionen, die sich damit beschäftigen. Es ist auch wichtig für das ganze System eines Landes, dass auch diese Aufgaben abgedeckt sind. Die Welt ist grundsätzlich im Wandel und fast jedes Land hat inzwischen Migranten oder Flüchtlinge, die einen gar nicht mal so kleinen Teil der Gesellschaft darstellen. Dass sie extra eine Unterstützung brauchen, damit alles funktioniert, ist für alle gut, auch für die gebürtigen Bürger eines Landes. Dessen muss man sich bewusst werden.

Unser Unterricht geht weiter mit einem Film. Er zeigt die Geschichte eines jungen Mannes, der in einem fremden Land allein zurechtkommen muss. Er hat Schwierigkeiten, sich in dem neuen Land einzuleben, besteht manche Prüfungen in der Schule nicht, weil er die Sprache nicht kann, fühlt sich an vielen Stellen im Film irgendwie verloren. Das ist ein weiteres Beispiel dafür, wie wichtig es ist, sich in einem neuen Land zu integrieren, die Sprache zu erwerben, aber auch sich Hilfe zu holen und keinen falschen Stolz zu zeigen. Wir diskutieren noch eine Weile über den Film, danach folgt auch die große Pause.

Ich genieße ein Stück Pizza und denke über den Kurs nach. Ich fühle mich wohl in Italien und finde es sehr schade, dass dieses Seminar schon bald zu Ende ist. Etwas traurig kehre ich zum Unterricht zurück.

Da beschäftigen wir uns mit Problemlösungen und die Arten von Problemlösungen. Wir alle haben uns im Laufe der Zeit von allein eine Art angeeignet, wie wir am besten mit Problemen umgehen. Der Umgang hängt von unserem Charakter, von den Eigenschaften und von den Erfahrungen ab, die wir im Laufe unseres Lebens gemacht haben. Wie man Probleme löst und bewältigt kann vieles über die eigene Persönlichkeit verraten. Es gibt Menschen, die Probleme verdrängen. Das ist leider nicht sehr produktiv, da sich die Probleme nur selten von allein lösen. Dennoch haben einige Personen die Erfahrung gemacht, dass die Zeit dann auch ein Problem von allein lösen kann und verlassen sich darauf. Leider hat man dann den Nachteil, dass man sein Leben nicht aktiv mitgestaltet, und so eine Problemlösung nicht immer zu unseren Gunsten verlaufen kann.

Dann gibt es Menschen, die sehr kreativ sind. Sie überlegen sich immer etwas Neues, versuchen mehrere Lösungen zu bekommen, und selbst wenn sie eine Lösung gefunden haben, denken sie weiter ob man vielleicht doch noch etwas machen kann.

Manche Menschen sehen einfach nur die Fakten, und konzentrieren sich nur auf sie, ganz sachlich. Sie gehen auch genauso sachlich an die Probleme heran, ohne eigene Emotionen dazu zuzulassen.

Die umgekehrte Variante ist, dass man sich von den Gefühlen, die man bei einem Problem empfindet, leiten lässt und eine Lösung sucht, mit welcher man selbst „gut leben“ kann.

Es gibt noch zwei weitere Arten von Lösungstypen: derjenige, der sich auf die Vorteile in einer Problemsituation konzentriert und mit den Vorteilen vor den Augen nach einer Lösung sucht, und derjenige, der die Nachteile seiner Situation erkennt und versucht dagegen etwas zu unternehmen.

Diese Arten von Lösungstypen prägen uns auf unterschiedliche Arten und wir versuchen immer uns damit zurecht zu finden. Es ist ein interessantes Thema, ich hatte mich davor nie damit beschäftigt, wie ich Probleme löse. Ich werde mir das genau überlegen und beobachten, wie ich in verschiedenen Situationen reagiere. Auch wenn ich der Meinung bin, dass jedes Problem eine andere Art von Lösung und eine andere Art von Vorgehensweise braucht und man das nicht so allgemein sagen kann.

Die Zeit ist auch mit diesem sehr anregenden Thema schnell um und wir bekommen unsere Zertifikate. Ich bin schon ein wenig stolz auf mich, wenn ich das Zertifikat in meiner Hand halte. Ich hatte noch nie ein Seminar in einem fremden Land auf einer anderen Sprache absolviert und hatte wirklich manchmal Bedenken, wie ich das schaffen werde. Ich wollte diese Erfahrung aber unbedingt machen und bin sehr froh darüber, dass ich mir das zugetraut habe. An erster Stelle – es hat funktioniert! Ich hatte keine erheblichen Schwierigkeiten, den Kurs mitzumachen, und trotz der manchmal anspruchsvollen Wortbegriffe, die wir gebraucht haben, konnte ich mich verständigen und meine Meinungen verständlich äußern. Dann habe ich wirklich so viel Input bekommen, nicht nur für das Unterrichten, aber auch für mich selbst als Person. Das Entdecken eines neuen Landes hat mir zusätzlich viel Freude bereitet. Ich habe so viel gesehen und nehme wundervolle Eindrücke mit nach Hause!

Florenz: Facing Diversity. Intercultural Classroom Management (3)

von E. Rashidi

Um 21:10 Uhr am Samstag, den 09.04.2022 bin ich in Florenz angekommen und bin mit einem Taxi zum Hotel Italiano gefahren. Der Flug war harmonisch und schön – die Landung dagegen nicht so ganz! Dennoch sind wir sicher und wohl erhalten in Florenz gelandet.

Das Einchecken ging problemlos. Nach meinen Flügen mit Verspätungen und Ankunft in einem fremden Land hatte ich natürlich Hunger. Woran denkt man zuerst, wenn man in Italien Hunger ist? Richtig! An Pizza. In der Nähe von meinem Hotel gibt es ein Restaurant. Ich habe einfach dem Restaurant vertraut und eine Margherita bestellt. Die Pizza hat deutliche Unterschiede mit allen Margherita-Pizzen, welche ich in der Nähe unserer Volkshochschule in Tornesch bestelle. Kopie und Original – es gibt hier keinen Platz für einen Vergleich! Die Italiener verstehen ihr Werk, die Pizza schmeckt ausgezeichnet und gibt mir so richtig das Gefühl, in Italien zu sein.

Nach dem Essen bin ich zurück ins Hotel gegangen. Mein Zimmer sieht auch wie ein Zimmer aus den Renaissance-Zeiten aus. Das verstärkt das Gefühl in mir, nicht nur zu einem anderen Land, sondern auch in eine andere Zeit gereist zu sein.

Rom, Roma – das war immer eine der Lieblings-Städte, die ich seit meiner Kindheit besichtigen wollte. Seitdem ich im Jahr 2012 die Serie „Spartacus“ angeschaut habe, hatte ich immer die Absicht, eines Tages das Kolosseum zu besuchen. Nun buchte ich noch vor meiner Reise ein Ticket von Florenz nach Rom und bin um 08:00 Uhr morgens am 10.04.2022 nach Rom gefahren.

Den Tag habe ich mit einer Tasse Kaffee angefangen. Die Sonne scheint. Um sich gleichzeitig mit der Stadt vertraut zu machen, gehe ich zu Fuß in die Richtung des Kolosseums.

Nach meinen Erfahrungen haben manche Städte eine Seele. Die Stadt kann mit dir sprechen. Man muss nur spazieren, ihre Luft tief einatmen und manchmal ihre Wände anfassen. Rom ist eine von diesen Städten! Ich tauche total in seine Atmosphäre ein.

So, Ziel erreicht. Endlich steht das berühmte lang ersehnte Bauwerk vor mir… doch die Besucher- Tickets sind leider ausverkauft! Man findet aber immer eine Lösung für etwas, was man sehr will! Mit der Hilfe eines Touristmanagers vor Ort, der meine Enttäuschung nachvollziehen konnte, schaffte ich dennoch irgendwie ein Ticket zu ergattern und mit der Gruppe reinzugehen.

Keine Ahnung wie er das gemacht hat, aber es war mir auch egal. Ich bin drin! Und es ist genauso atemberaubend, wie ich mir das vorgestellt hatte. Noch größer als ich dachte! Ich nehme mir richtig Zeit, um Fotos zu machen und alles genau anzuschauen. Das Wetter ist perfekt dafür und ich fühle mich wunderbar!

Wenn man sich für die Religionen der Welt interessiert und das Zitat von Karl Max „Religion ist Opium des Volkes“ immer im Kopf hat, nutze ich die Chance auch die Stadt Vatikan zu besuchen. Sehr gut besucht und voller Menschen, die sich einen Blick auch auf den Papst erhoffen, erlebe ich den Vatikan zwar als beeindruckend, aber es kann mich nicht so „berühren“ wie das Kolosseum. Ich bin dennoch froh, hier zu sein und auch diese Erfahrung gemacht zu haben.

Danach bin ich mit dem Zug nach Florenz gefahren und natürlich aus Müdigkeit im Zug eingeschlafen. Nach der Ankunft in Hotel habe ich aus Gewohnheit meine Sachen für Morgen vorbereitet und wie ein Gladiator geschlafen.

Tag 1, Montag, 11.04.2022

Nach dem Duschen und Frühstücken, bin ich mit dem Bus Nr. 23 in das Citycenter gefahren.

Laut Plan sollte der Kurs um 14:00 Uhr stattfinden. Die Kursleiterin, Frau Leyla Dari, hat uns pünktlich begrüßt und über ihre Aktivitäten erzählt. Ich freue mich zu sehen, dass so viele Menschen aus verschiedenen Ländern um den Tisch herumsitzen.

In dem Kurs sollten wir insgesamt 12 Personen sein. Zehn Personen sind anwesend. Davon sind drei Personen in einer Gruppe aus Portugal, zwei aus Spanien, eine Rumänin und vier aus Deutschland. Wir haben uns anhand eines Spieles kennengelernt. Danach haben die Portugiesen wie geplant als Erste eine Präsentation über ihre Bildungseinrichtung gehalten.

Nach ihnen haben wir (Hajar, Margaryta und ich) eine Präsentation gehalten und etwas über die Volkshochschulen und unsere Kursangebote erzählt. Über unsere Volkshochschule habe ich ebenfalls ein Video vorgespielt.

Die Kursleiterin hat uns am Anfang über die Exkursionen erzählt, die wir am Mittwoch, Freitag und Samstag machen können. Nach der ersten Mittagspause haben wir uns mit dem Thema „Unterschiede zwischen Interkulturell und Multikulturell“ beschäftigt.

Multikulturell: wenn die verschiedene Communities neben einander leben.

Interkulturell: wenn die verschiedene Communities bereits gemischt sind und eine Trennung nicht mehr so einfach möglich ist.

Ja, ergibt Sinn! Mir fällt auf, dass wir uns so über diese Unterschiede nicht so ganz bewusst sind, und beide Begriffe etwas vermischen!

Als Letztes haben wir über die Definition der Kultur gesprochen und mit unseren Mitschülern Brainstorming gemacht. Wir haben uns über die Begriffe, ihre Bedeutung und die Nutzung im Alltag unterhalten.

Danach haben wir über die Themen Rassismus und Bias gesprochen. Viele haben dazu Beispiele genannt. Über diese Themen wird vielleicht in den nächsten Tagen mehr gesprochen, sie werden vertieft und ausdiskutiert.

Beim Kennenlernen und Schwerpunkte für den Kurs setzen vergeht auch der erste Kurstag sehr schnell. Es ist schon spät am Nachmittag bzw. früh am Abend. Jetzt nur noch etwas essen und dann einen entspannen Abend genießen!

Tag 2, Dienstag, 12.04.2022

Das Gefühl, in Italien aufzuwachen verstärkt sich an jedem Morgen, da ich durch das leicht offene Fenster meines Hotels die Stimmen der sich etwas zurufenden Menschen wahrnehme. Ich höre den für die Italiener typischen Akzent und Tonlage der Gespräche. Wie im Film! Ich war gestern Abend aber auch bis Mitternacht draußen, da die Abende warm und angenehm sind und man das Bedürfnis hat draußen zu bleiben. Deswegen konnte ich nicht wie gewohnt vor meinem Wecker aufstehen. Nach dem ich dann in 10 Minuten gefrühstückt habe, bin ich mit dem Bus zu der Teacher Academy gefahren.

Am heutigen Tage haben wir uns zuerst in Gruppenarbeit mit dem Essensystem in den Restaurants in Italien beschäftigt. Wir haben uns vorgestellt, dass wir ein Dinner zu organisieren haben. Warum machen wir das? Um uns einfach locker näher zu bringen, dass selbst bei einer so einfachen Sache wie dem Essen in einem anderen Land die unterschiedlichen Menschen an unterschiedlichen Stellen die Schwerpunkte setzen. Auch das ist kulturell bedingt. Angefangen mit dem, wann man essen möchte, welche Art Speisen bestellt werden und sogar, was dabei getrunken wird. Das Thema ist leicht und unkompliziert, es fordert ein nicht ganz so anspruchsvolles Vokabular von uns und eignet sich somit perfekt für den Einstieg.
Danach hat die Kursleiterin uns einige Geschichten verteilt. Aus diesen Geschichten konnte man die Unklarheit beim Rassismus im Alltag erkennen – bzw. wo und wann genau fängt eigentlich Rassismus an? Manche Menschen haben Rassismus sogar als Ziel im Hintergrund ihres Alltags eingebaut. Ist uns immer klar, aus welchem Grund wir uns zu Menschen spontan distanzieren, wenn wir es im Alltag tun? Sicher, wir sind nicht alle gleich und wir müssen auch nicht alle mit jedem in Kontakt treten und kommunizieren, doch gerade beim Unterrichten von Migranten kommt man nicht drum herum. Wie wähle ich intuitiv, wem ich ein drittes und ein viertes Mal etwas erkläre, obwohl er schon mehrfach fragt, und wem sage ich gleich beim zweiten Mal, dass er es nun mal bitte selbst nachlesen soll? Wonach richte ich mich da? Sind die Gründe pädagogischer Natur, oder ist es doch irgendwie etwas mehr Sympathie bei manchen Menschen da, als bei anderen? Und wenn ja – ist diese Sympathie aufgrund des Menschen als Person spürbar, oder doch aufgrund seiner Herkunft? Ein guter Dozent versucht immer, alle gleich zu behandeln und keinen seiner Schüler aus den Augen zu lassen. Doch unbewusst müssen auch wir Dozenten und selbst hinterfragen und genau überlegen, wie wir im Unterricht vorgehen.

Ein Tipp der Lehrerin unserer Gruppe war, dass wir solche Geschichten mit unseren Kursteilnehmern auch bearbeiten. Es ist gut, wenn über solche Themen im Unterricht offen gesprochen wird, damit das Sicherheitsgefühl für die Teilnehmer ermöglicht werden kann. Erstens, damit man keine Tabu-Themen unterstützt. Zweitens, damit auch die Teilnehmer, die so divers nebeneinander sitzen und nicht immer Verständnis für einander haben, sich auch Gedanken darüber machen können.

Unsere Kursleiterin stellte uns ebenfalls eine Website vor, mit der man die Teilnehmer in verschiedene Gruppen aufteilen kann. Mit Hilfe dieser App kann man die Teilnehmer eine Hausarbeit zusammen erledigen lassen. Auch eine gute Möglichkeit, um die unterschiedlichsten Menschen näher zu bringen, selbst virtuell. Und anstatt die Personen miteinander arbeiten zu lassen, die sich sowieso gut verstehen, dann doch lieber einige Menschen auswählen, die so gar keine Berührungspunkte miteinander haben.

Dann haben wir auch schon unsere erste Pause. Wenn man in Italien ist und 15 Minuten Pause hat, geht man schnell in den Caféshop und holt sich einen Espresso. Klar doch!

Nach der Pause haben wir über die Eisberg-Theorie gesprochen. Ja, die kannte ich schon. Wenn man sich einen Eisberg vorstellt, sieht man einen kleinen Teil von diesem Berg – tatsächlich nur die Spitze. Man sieht den anderen Teil, welcher unter dem Wasser liegt, eigentlich erst später oder gar nicht. In kulturellen Fällen ist das auch genauso. Man kann sehen, welche Kleidung sich eine Person sich angezogen hat, aber es ist fast unmöglich zu wissen, welchen Glauben zum Beispiel eine Person hat. Daher spielt die Kommunikation immer eine große Rolle. Zunächst haben wir uns mit dem Thema „vier Methoden der Kommunikation“ beschäftigt. Diese sind:

Passive Kommunikation
Beispiel: das geht mich gar nicht an (ich will kein Problem produzieren), oder ich dachte, dass ich dir etwas schon erzählt habe (ich habe es dir gesagt, aber du hast viele andere Sachen zu tun)

Aggressive Kommunikation
Beispiel: das ist nicht mein Problem. Du kannst deinen Job nicht richtig erledigen. Niemand glaubt dir.

Passiv – agressiv
Indirekt. Man zeigt sich froh, man behält innerlich seine Aggression für sich.
Beispiel: ich bin nicht sauer. Ich habe nur Sachen zu tun. Solche Menschen fühlen sich leider sehr schwach. Deswegen versuchen sie hinter dem Rücken der Menschen zu sprechen, weil sie offen keine Meinung äußern können.

Assertive Kommunikation
Solche Kommunikationen kommen vor, wenn man zeigen kann, was okay ist und was nicht. Die einfachste Art, wenn man aber nur das Resultat betrachtet. Bekanntlich ist der direkteste Weg zum Resultat trotzdem nicht immer der leichteste. Aber es lohnt sich immer wieder, den einzuschlagen.

Die Dozentin teilt uns in zwei Gruppen ein und wir haben versucht diese Arten der Kommunikationen in einem Spiel besser zu verstehen.

Nach dem Ende des Unterrichts bin ich in die Stadt gegangen. Neben der Cathedrale Santa Maria del Fiore gibt es viele Restaurants. Ich habe eins gewählt und dort einfach Pasta mit Tomatensoße bestellt.


Während ich draußen aß beobachtete ich einen Straßenzeichner. Ich fand ihn sehr talentiert, tatsächlich zu schade für die Straße! Da er mich anlächelte, kamen wir ins Gespräch über seine Bilder und über seine Kunst. Ich weiß nicht einmal genau, auf welcher Sprache wir genau redeten, es war eine Mischung aus Englisch, Italienisch, Gestik und Lächeln. Kommunikation in ihrer einfachsten Form, aber sehr gelungen – das zeigt mir einmal mehr, dass Kommunikation unter Menschen vor allem dann möglich ist, wenn Menschen einfach Interesse daran haben, jemanden zu verstehen!
Den Rest des Abends habe ich damit verbracht, die Stadt weiterhin für mich zu entdecken. Die bekannte Brücke mit den vielen Läden war wunderbar!

Tag 3, Mittwoch, 13.04.2022

Der dritte Kurstag fängt wie gewohnt an – nach dem Duschen freut man sich auf das Frühstück. Ein paar Minuten überlege ich tatsächlich, was ich mir zum Frühstück nehmen kann – aber ein Glas Orangensaft und dazu ein Stück Kuchen hört sich für mich hervorragend an. So kann der Tag starten!

Dann aber schnell zur Bushaltestelle. Mit dem Bus Nummer 23 komme ich pünktlich bei der Teacher Academy an.

Gleich am Anfang des Unterrichtes bekommen wir einen Zettel. Es ist eigentlich ein Test und heißt Multiple Intelligence Worksheet.
Der Test hat acht Teile:

1. Verbal/ Linguistic
2. Mathematical/ Logical
3. Musical
4. Visual/ Spacial
5. Kinesthetic
6. Interpersonal
7. Intrapersonal
8. Naturallistic

Das Gute vorab: man kann gar nichts falsch machen, denn es gibt keine schlechten Antworten. Jeder Teil hat 6 Fragen. Und eine Spalte für die Summe der Gesamtpunktzahl.
Die Bewertung erfolgt über vier Kriterien und 8 Punkte kannst du höchstens bekommen – das bedeutet, der Satz trifft auf dich ganz genau zu. 2 bedeutet, dass der Satz dir ähnlich erscheint, aber nicht hundertprozentig deiner Person entspricht. 1 bedeutet, dass die Aussage dich wenig betrifft und 0 bedeutet, dass der Satz so gar nicht zu dir passt.
Am Ende muss man ein Diagramm erstellen und gucken, wo man selbst steht. Ebenfalls in welcher Section die Höhepunkte sind und in welcher Section man die wenigsten Punkt erreicht hat. Die Sätze selbst finde ich ein wenig merkwürdig, aber immerhin, wir brauchen ein Ergebnis. Also mal sehen… Nach der Bewertung hatte ich in Naturalistic 14 Punkte und in Bodily- Kinesthetic 4 Punkte. Klare Sache – ich müsste mal dringend etwas für meine Grobmotorik unternehmen! Es war aber tatsächlich sehr interessant für mich, diesen Test zu machen. Und wie ich sehen konnte, auch die anderen Teilnehmer hatten ihren Spaß dabei. Es wurde bei diesem Test viel gelacht und viel verglichen. Und tatsächlich – niemand hatte die gleichen Ergebnisse. Einen besseren Beweis für Diversität könnte man kaum bekommen!

Die Dozentin empfiehlt uns diesen Test in unserer Sprache mit unseren Teilnehmern zu machen, um ihre Fähigkeiten besser einzuschätzen. Aber auch, um ihnen die Möglichkeit zu geben, sich selbst kennen zu lernen, oder sich aus einer anderen Perspektive zu betrachten.

Wir bekommen von unserer Dozentin auch eine weitere Empfehlung: mit den Teilnehmern den Wortschatz für Emotionen zu üben und in Problemfällen die Teilnehmer immer wieder ermutigen, diesen zu nutzen. Man kann auch jeden Tag die Schüler fragen, wie es ihnen geht. Ob es ihnen gut geht. Dafür kann man verschiedene Smileys verwenden. Als Lehrer/Dozent muss man immer daran denken, die Gefühle und Emotionen der anderen zu bemerken, zu beobachten und zu respektieren. Es ist das wichtigste Know-How für die Arbeit mit Menschen.

Weiter geht’s mit der nächsten Übung. Wir wurden in Gruppen eingeteilt, in jeder Gruppe zwei Personen. Jeder hat eine Karte mit dem Namen eines Landes bekommen. Zwei Personen, die den Namen des gleichen Landes hatten, mussten dann in eine Gruppe. Ich hatte South Korea.
Wir sollten unserem Partner/ unserer Partnerin 3 Fragen stellen:

1. Wie heißt du?
2. Wer hat dir diesen Namen gegeben?
3. Bist du mit deinem Namen zufrieden?

Die Übung kann uns helfen, ein Gespräch mit anderen anzufangen. Denn auch mit ungezwungenen Gesprächen kommt man Menschen näher, aber nicht jeder Mensch ist in der Lage, einfach so mit anderen ins Gespräch zu kommen. Man muss eine gewisse Hemmschwelle überwinden, um eine fremde Person einfach anzusprechen. Diese Hemmschwelle gibt es nicht bei jedem, aber es sind tatsächlich die wenigsten, die sie problemlos überschreiten. Somit finde ich die Übung richtig gut. Besonders für Menschen aus unterschiedlichen Kulturen, denn bei einigen fremden Kulturen ist es nicht selbstverständlich, sich gegenseitig grundlos und nur der Unterhaltung wegen anzusprechen. Aber hier, hier ist man in Italien! Und wie wir wissen, die Italiener sind dafür bekannt, dass sie mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln kommunizieren! Ich muss auch spontan an mein Gespräch mit dem Straßenkünstler gestern denken. Es ist schön, dass ich heute noch einmal bemerken kann, wie wichtig es ist, Menschen spontan ansprechen zu können!

Wir machen dann eine kurze Pause, die ich natürlich damit verbringe, mir einen Kaffee und etwas Süßes zu holen. Ich bestelle mir einen „Amerikaner“, der mir außerordentlich gut schmeckt. Nach der Pause nutzen wir die Zeit, für die Teilnehmer, die am ersten Tage ihre Präsentationen nicht gehalten haben – sie holen das nun nach. Wir bekommen viele schöne Präsentationen zu sehen und neue Informationen aus anderen Ländern.

Das Thema nach dem Mittagessen ist „Mindfulnes“.
Dazu haben wir ein K-W-L Chart bekommen.
K bedeutet: Know, was weißt du bereits über das Thema?
W bedeutet: want to know, was möchtest du über dieses Thema wissen?
L bedeutet: Learn, was hast du gelernt?

Dieses Thema schien neu für alle Teilnehmer zu sein. In kurzer Zusammenfassung kann man sagen, es handelt sich um Meditation, ganz unabhängig von der Religion.

Mit Hilfe von Mindfulness kann man:
* Stress abbauen
* Besser schlafen
* relaxen
* Lernen, sich besser zu konzentrieren
* Die Qualität des Lebens verbessern

Zum Beispiel: viele Menschen denken gleichzeitig an andere Sachen und trotzdem verrichten sie ihren Job. Hier übt man, wie man sich am besten im Moment selbst finden kann und seine Konzentration steuern kann. Man lernt in dem Moment zu leben. Also nicht in der Vergangenheit und nicht in der Zukunft. Nicht nur dem nachtrauern, was man nicht geschafft hat, aber auch nicht zu viel Zeit in Pläne schmieden verlieren, die vielleicht niemals realisiert werden.

Man muss es üben, sich selbst auch nicht verurteilen. Nicht von sich selbst enttäuscht sein. Man muss es versuchen zu sich selbst nett zu sein und seine Situation im Moment zu akzeptieren. Das ist natürlich ein sehr großes Thema. In skandinavischen Ländern werden dafür mentale Übungen durchgeführt und zwar von der Kindheit an.
Unsere Projektleiterin empfiehlt uns paar Websites und Applications dafür. Auf jeden Fall muss man es lernen, sich zu beruhigen und im Moment zu leben. Dafür muss man sich selbst aber sehr gut kennen und zu sich selbst bedingungslos ehrlich sein.

Als eine Übung, die wir hierzu machen sollten, haben wir haben buntes Papier bekommen. Wir sollen in der Mitte eine Ellipse zeichnen. Die Mitte muss leer bleiben. Rund um die Ellipse können wir mit Blumen oder andere Zeichen verschönern.
Nun liest die Dozentin uns eine Liste vor. Wir müssen die Sätze, die unter unserer Kontrolle sind, in die Ellipse schreiben und die Sätze, die nicht unter unserer Kontrolle sind, außerhalb der Ellipse.

Die Liste enthält diese Sätze:

1. Was denke ich?
2. Wie ist das Wetter?
3. Gibt es Stau?
4. Was denken die andere Menschen über mich?
5. Die Fehler, die in Vergangenheit passiert sind.
6. Allen eine Freude bringen.
7. Menschen, die mich lieben
8. Meine Gefühle
9. Was esse ich?
10. Wie liebe ich mich?
11. Sich entschuldigen.
12. Froh sein
13. Zukunft
14. Meine Freunde

Man darf nicht vergessen, dass manche von diesen Punkten drinnen und draußen der Ellipse bleiben können. Zum Beispiel: Kontrolle unserer Gefühle.

Da wir heute um 15:00 eine City-Tour haben, hat die Dozentin den Unterricht früher beendet. Um 15:00 Uhr war ich pünktlich am Treffpunkt. Die anderen Teilnehmenden waren auch anwesend. Der Tourguide hieß Alexander. Er hat uns ein paar Spots in Florenz gezeigt und dazu Informationen gegeben.
Die Tour war um 17:15 Uhr beendet. Dann hatten wir alle Zeit zur freien Verfügung und ich bin noch länger spazieren gegangen.

Tag 4, Donnerstag, 14.04.2022

Der vierte Kurstag startet – bongiorno, ragazzi! Nach dem guten Frühstück im Hotel mache ich mich auf den mir inzwischen gut bekannten Weg zur Teacher Academy. Ich finde meine Klasse freudig aufgeregt, ich glaube die sonnigen Tage hier tun einfach allen gut! Wir unterhalten uns kurz über unsere Erfahrungen in Italien, bevor wir mit dem Unterricht beginnen. Das Plaudern mit den anderen ist sehr nett, aber nun müssen wir zuerst was tun!

Wir beginnen mit einem Brainstorming.
Es geht um das Wort „Competence

Jeder hat seine Meinung über die Bedeutung des Wortes erzählt bzw. den Begriff aus seiner Sicht erklärt. Wir beschäftigen uns dann weiter mit dem Thema „Teaching Methods“. Ja, dazu kann tatsächlich jeder etwas beitragen. Die meisten von uns haben schon ihre Erfahrungen im Unterrichten gesammelt. Ich höre zuerst genau zu und schaue, ob ich von einem der Kurskollegen etwas Neues erfahren kann.

Eine der Methoden heißt „The X-based learning activs“. Das bedeutet, dass man ein Hauptthema für den Unterricht findet, und damit den Unterricht einfacher gestalten kann, wenn man es immer gezielt auf dieses Thema fokussiert.
Zum Beispiel: Game-Learning: mit Verwenden eines Spieles im Unterricht kann man besser unterrichten. Gleichzeitig verstehen die Schüler auch besser, sie werden auch kreativer und arbeiten auch besser in Gruppen. Meine Kollegen in der VHS in Tornesch sowie auch ich verwenden diese Methode schon. Wir haben uns auch regelmäßig über unterschiedliche Spiele und Unterrichtsmethoden ausgetauscht, und hier einmal mehr die Gewissheit, dass wir alles richtig machen! Ich bin froh, an der Stelle auch den anderen etwas über unsere Erfahrung berichten zu können.

Die Teilnehmer mögen Lernen durch Lernspiele. Am Anfang sind manche scheu und sträuben sich dagegen, aktiv mitzumachen. Es gibt auch solche, die das albern finden. Aber schon bald werden auch solche Teilnehmer mitgerissen und machen natürlich dann mit – besonders wenn sie sehen, dass die Andere nicht nur Spaß haben, sondern auch dabei etwas gelernt haben.

Nach diesem Austausch über Erfahrungen geht es weiter mit den „4 Cs“.

Das bedeutet:

1. Collaboration / Zusammenarbeit
2. Communication / Kommunikation
3. Creativity / Kreativität
4. Critical Thinking /kritisches Denken

Da es sich dabei um kurze und klare Begriffe handelt, müssen wir sie nicht viel erklären.
Somit übergeht das Ganze direkt in eine Aufgabe.
Wir werden in Gruppen aufgeteilt und müssen zusammen an einem Projekt arbeiten und es am Ende den anderen präsentieren.
Wir bekommen einen Zettel, mit dem Betreff „Task Based Learning“. Das ist eigentlich ein Beispiel, wie man ein Projekt mit Schülern machen kann.

Ich habe zum Beispiel ein Projekt wie folgt geplant: die Artikel in der deutschen Sprache erklären.
Welche Wörter, mit welchen Endungen, haben welche Artikeln? Das mag ganz logisch für die gebürtigen Deutschen sein, aber für ausländische Bürger selbst nach vielen Jahren in Deutschland ist es immer noch ein Problem. Man kann sie entweder nur auswendig lernen, oder sie sich mit Hilfe der Endungen merken. Daraus ergibt sich folgende „To-Do-Liste“: Schreiben Sie die Endungen, die uns helfen, die Artikel zu bestimmen. Zum Beispiel: -UNG, – HEIT, -KEIT.
Dann vergleichen Sie die Verwendung der Artikel in Deutsch mit der englischen Sprache oder mit der eigenen Muttersprache.

Für andere Wörter, die man nicht über die Endungen bestimmen kann, kann man sich aber auch verschiedene Notizblätter vorbereiten und sie überall in der Wohnung kleben. Sogar in der Toilette. Ich erinnere mich daran, wie ich zum Beispiel Deutsch gelernt habe. Ich habe mir damals eine ganze Liste mit Verben mit ihren Präpositionen an die Wand geklebt, direkt neben meinem Bett. Jede Nacht, bevor ich eingeschlafen bin, habe ich mir diese Blätter angeschaut und versucht mir zu merken, welches Verb mit welcher Präposition benutzt wird.

Während ich noch in Erinnerungen an meine ersten Begegnungen mit der deutschen Sprache und ihre Besonderheiten schwelge, verkündet unsere Dozentin die große Pause. Die Zeit vergeht sehr schnell! Doch leider ist die Pause noch schneller zu Ende – nach einem guten Kaffee und einen kleinen Snack geht’s zurück ins „Klassenzimmer“.

Unsere Dozentin hat eine aktive Aufgabe für uns, die mir richtig gut gefällt, denn für ihre Erledigung müssen wir in die Stadt. Dafür müssen wir uns in Gruppen aufteilen. Es war eigentlich als ein Spiel gedacht, denn jede Gruppe hat kleine Missionen zu erfüllen und die Gruppe, die es schafft, sie als erste zu erledigen, gewinnt das Spiel. Ich frage gar nicht nach, ob es einen Preis gibt, ich finde das Ganze sehr interessant, eine Art „Schnitzeljagd“ durch Florenz. Das sollten wir vielleicht auch mal in Tornesch machen!

Ilias, Hajar und ich sind in einer Gruppe. Unsere Aufgaben waren wie folgt:

1. Wir mussten das Porträt von Michelangelo finden. Wir sollten uns über die Geschichte dieses Porträts erkundigen und diese später vor der Klasse erzählen. Über eine Lernapp sollten wir die Geschichte dann hochladen und den anderen zur Verfügung stellen.
2. Wir sollten in die Loggia die Lanzi-Signoria gehen und eine Figur finden.
3. Wir sollten von einem Street Art ein Video produzieren.
4. Wir sollten von einer Street Music ein Video machen.
5. Zur Fontana der Porcellino gehen, eine berühmte Skulptur in Florenz, die auf die griechische Mythologie zurückgeht. Dort musste man eine Münze in den Mund der Skulptur reintun und die fallen lassen. Wenn sie ohne Hilfe hineingeht, bedeutet das Glück, und wenn es nicht in reingeht, bedeutet es Pech. Drei Versuche sind erlaubt.

Man fragt sich, was bringt uns diese Übung? Eine ganze Menge an Kommunikation und Ideen, stellen wir fest! Und es schweißt auch eine Gruppe zusammen. Hajar und ich kennen uns gut, aber da wir nun auch Ilias „an Board“ haben, müssen wir ihn mit integrieren und auch involvieren. Er selbst muss wiederum auf uns zugehen und sich mit seinen Ideen auch einbringen, damit wir als Team voran kommen. Während wir hin und her durch die Stadt rennen, geraten wir in Gespräche zu unterschiedlichen Themen. Wir merken, dass Ilias eine sehr angenehme Persönlichkeit hat, viel lachen kann und immer eine neue Sicht der Dinge vorstellen kann. Außerdem beobachtet er gut. Wir sind schon gleich nach der ersten Mission unserer Gesamtaufgabe ein sehr gutes Team zu dritt. Und wir bewegen uns! Eine sehr schöne Art zu lernen ist das, die auch noch gesund ist. Zwar kostet uns das mehr Zeit als gedacht, aber das Ergebnis lohnt sich.

Das Spiel hat uns viel Spaß gebracht. Und was war am Ende? Obwohl wir doch länger als gedacht gebraucht haben, haben wir den ersten Platz gemacht, denn unsere Gruppe war zuerst mit allem fertig!

Am Ende des heutigen Tages haben die Teilnehmer von anderen Ländern, die Morgen an einer Exkursion teilnehmen werden, ihre Zertifikate erhalten.

Um diesen Tag noch gebührend zu beenden, entscheide ich mich nach einem persischen Restaurant zu suchen. Natürlich gibt es so eins auch in Florenz. Im Restaurant „Teheran“ setze ich mich dann ganz entspannt und bestelle mir ein schönes Gericht zum Abendessen. Morgen ist der letzte Tag des Kurses – ich freue mich wirklich jetzt schon darauf!

Tag 5, Freitag, 15.04.2022

Der letzte Tag des Seminars beginnt in Florenz. Leider war ich heute zum ersten Mal unpünktlich – der Bus hatte Verspätung.

Ich eile schnell zu meinem Platz und sehe, dass die Dozentin uns bereits einen Flyer von Europass Teacher Academy Online auf den Tisch gelegt hat. Wir haben die Chance, einmal an einem Online Kurs unserer Wahl teilzunehmen. Das finde ich sehr gut!

Bevor ich mich aber dafür bedanken kann, muss ich zuerst unsere Präsentation halten, welche wir gestern vorbereitet haben.
Unsere Präsentation handelt davon, wie die Teilnehmer, die neu in Deutschland sind, schnellstmöglich für den Arbeitsmarkt vorbereitet werden können. Integration und Inklusion sind dabei wichtige Themen, die dürfen nicht fehlen. Es hängt natürlich von der eigenen Motivation der Schüler ab, von den Zielen, die sie haben und die Erfahrungen, die sie bereits gesammelt haben. Wer schon in seiner Heimat ein Studium abgeschlossen hat oder die Schule besucht hat mit der Absicht zu studieren, geht seinen Weg genauso gut auch in einem anderen Land. Aber selbstverständlich muss man die Schüler auch fördern und sie dabei unterstützen, ihre Ziele schnellstmöglich zu erreichen. Der erste Baustein dafür ist immer der Spracherwerb. Je nachdem, in welchem Beruf man später tätig sein möchte, benötigt man ein Zertifikat mit dem entsprechenden Sprachniveau. Es ist dabei anzumerken, dass für immer mehr Berufe schon ein Zertifikat ab dem Niveau B2 verlangt wird. Und die B2-Prüfung ist wirklich nicht einfach! Wer sich die Zeit genommen hat, mal einen B2-Modelltest in der deutschen Sprache mitzumachen, wird sicherlich nicht schlecht gestaunt haben, wie schwer das eigentlich sein kann! Wir Dozenten zittern mit jeder Klasse und nach jeder Prüfung um die Ergebnisse und sind mächtig stolz, wenn die Schüler richtig gut abschneiden.

Nach mir halten noch zwei Teilnehmer eine Präsentation. Bei der ersten geht es um Umweltschutz und wir hören nicht nur einige interessante Theorien, sondern auch Ideen darüber, wie man die Menschen dazu motivieren kann, aufmerksamer zur Umwelt zu sein. Danach hat unsere Kollegin aus Portugal etwas vorgestellt. Aus technischen Gründen konnte sie aber nicht mit dem Beamer arbeiten, also hat sie uns ihre Präsentation mit ihrem Mobiltelefon gezeigt. Diese Präsentation handelt von dem besseren Schutz für unseren Planeten. Wir erfahren, dass aufgrund des Klimawandels in Portugal bereits vieles umgestellt wurde.

Nachdem wir mit den Präsentationen fertig sind, stellt uns die Dozentin eine Frage: ist das hilfreich, wenn die Kursteilnehmer die Möglichkeit haben, in dem Kurs in ihrer Muttersprache zu sprechen.

Ich habe meine Meinung dazu geäußert und von meiner Erfahrung berichtet. Es hilft manchmal, die Grammatik in der Muttersprache zu erklären. Wenn es nicht anders geht, versucht man die Schwerpunkte in ihrer Muttersprache zu finden oder zumindest nach passenden Vergleichen zu suchen. Man hilft sich eben, wie man kann. Nachteilig ist es aber für die Anderen in der Klasse. Wenn ich zum Beispiel in meiner Klasse 20 Personen haben würde, und 10 davon würden meine Muttersprache sprechen und die Restlichen nicht, so wäre es etwas problematisch, nur für die muttersprachigen Teilnehmer etwas zu erklären. Wir haben aber das Glück, dass so viele unterschiedliche Dozenten bei uns unterrichten, die alle eine andere Muttersprache haben. Es findet sich immer jemand, der schnell übersetzen kann, oder man bittet dann die fortgeschrittenen Schüler darum. In unserer VHS ist in jedem Raum ein Kurs untergebracht, unsere Räume sind voll. Einfach mal ein Zimmer weiter an der Tür anklopfen und um Hilfe fragen ist bei uns etwas vollkommen Normales. Darüber bin ich sehr froh!

Wir reden auch über die Hilfen, die unsere Stadt für die Migranten anbietet, über die freien Angebote, Migranten freiwillig zu helfen.

Ich habe von unserem Sprachcafé erzählt, welches wir im Jahr 2014 für unsere Migranten gegründet haben. Dort konnte man seine Probleme erzählen, aber auch etwas zusätzliche Hilfe bei dem Erlernen der deutschen Sprache bekommen. Ganz oft sind die Menschen ins Sprachcafé gekommen, wenn sie zum Beispiel Probleme bei dem Verstehen der behördlichen Briefe hatten. Ich war eine Zeit lang selbst als ehrenamtlicher Helfer tätig.

Die Dozentin spielt daraufhin einen Film ab, eine Art Dokumentation. Ein Junge, der neu in einem Land war, konnte seine Prüfungen wegen Sprachmangel nicht bestehen. Der Film begleitet seinen Weg und zeigt seine Strapazen, sich im neuen Land zurecht zu finden. Es ist sehr spannend und ruft natürlich auch viele Erinnerungen hervor. Es ist nicht schwer, mich darin hinein zu versetzen. Nach dem Ende des Films melden sich viele der Teilnehmer unseres Kurses und berichten über erfolgreiche und nicht so erfolgreiche Geschichten von eigenen Kursteilnehmern. Es ist ein sehr interessanter Austausch, denn über dieses Thema kann man stundenlang sprechen. Besonders, wenn man selbst einen Migrationshintergrund hat und dann eine Ausbildung oder ein Studium in einem fremden Land absolviert hat.

Wir machen eine Pause und ich nutze die Zeit um mein Porträt abzuholen, welches ich bereits bei dem mir inzwischen gut bekannten Straßenkünstler bestellt habe. Mit ihm hatte ich schon an einem der ersten Tagen eine sehr interessante Konversation gehabt und auch seine Kunst bewundert. Er ist richtig gut und das Porträt gefällt mir außerordentlich. Ich kehre total zufrieden zu meinem Kurs zurück.

Als ich den Kursraum betrete, bin ich positiv überrascht, dass unsere Zertifikate ebenso schon fertig sind, und uns ausgeteilt werden. Ja, meins enthält (wie sonst oft!) einen Fehler aber die Teacher Academy kümmert sich umgehend darum, dass ich ein korrigiertes Zertifikat bekommen kann.

Weiter geht’s mit einem Thema zur Problemlösung. Das hat mal wieder mit dem Entdecken der eigenen Stärken und Schwächen zu tun. Wenn man vor einem Problem steht, hat man mehrere Möglichkeiten damit umzugehen. Wenn man danach geht, unterscheidet man 6 Arten zu denken, also 6 Arten von „Köpfen“:

1. Prozedere
2. Kreative Lösungen
3. Konzentration auf Fakten
4. Konzentration auf Vorteile
5. Konzentration auf Gefühle
6. Konzentration auf negative Gedanken bzw. Nachteile.

Wir reden eine Weile darüber, was das genau bedeutet und welche Art uns gut liegt. Man muss sich mit seinem Sitznachbarn austauschen und versuchen herauszufinden, welcher Art Kopf für die Probleme man besitzt.

So geht der Kurs auch langsam zu Ende. Ich kann abschließend sagen, dass ich an erster Stelle wirklich Spaß bei diesem Kurs hatte. Wir haben so viele neue Ideen bekommen, viele neue Menschen kennen gelernt und tolle Aktivitäten unternommen. Außerdem war der Input des Kurses wichtig. Ich werde auf jeden Fall einige Themen des Kurses beherzigen und in meinem Unterricht anwenden.

Florenz: Facing Diversity. Intercultural Classroom Management (2)

von M. Stange

Zwei Jahre lang wurde diese Mobilität verschoben. Die Coronageschichte hat alle Pläne durcheinander geworfen und vieles wurde erst im letzten Moment entschieden. Doch letztendlich hat alles geklappt. Vielen lieben Dank an die Zuständigen bei dem Landesverband!

Nun bin ich hier in Italien und genieße das wunderschöne und warme Frühlingswetter. Die Stadt ist wunderschön, aber die Menschen sind laut. Überall riecht es nach Parfüm und Essen, man hört verschiedene Sprachen und sieht viele Gesichter. Es sind Osterferien, die Hochsaison in Florenz. Viele Eindrücke gleich am ersten Tag, weshalb ich müde und früh ins Bett gehen werde. Am nächsten Tag geht es los mit der Fortbildung.

Tag 1: Montag, 11. April 2022

Mein Kurs heißt „Facing Diversity: Intercultural Classroom Management“. Ich bin gespannt, was mich erwartet und wer die anderen Teilnehmer sind. Die Bildungseinrichtung versteckt sich in einer der engen verwinkelten Gassen des Zentrums. Das Gebäude war gar nicht so leicht zu finden. Google Maps scheint ihr eigenes Leben zu leben.

Doch endlich bin ich da und im Raum sitzen schon zwei Teilnehmer. Zuerst sprechen wir Englisch miteinander, doch als bei der Frage nach dem Land „Deutschland“ kommt, wechseln wir in die deutsche Sprache. Nach und nach kommen auch die anderen Kursteilnehmer. Wir sind insgesamt zehn Personen aus Serbien, Portugal, Spanien und Deutschland.

Unsere Kursleiterin ist gebürtige Italienerin auch wenn ihr Vorname Layla etwas anderes vermuten lässt. Sie ist nett, lustig und locker und als erstes gibt sie uns Tipps, was man in Florenz unbedingt sehen muss und wo man die besten Fotos machen kann. Dann bekommen wir Infos zum Kursablauf, der auch einen Ausflug durch Toscana beinhaltet. Danach folgt ein Icebreaker-Spiel. Wir erfahren die Namen, Hobbys oder Gewohnheiten der anderen und suchen nach Gemeinsamkeiten.

Als Nächstes sollen wir unsere Bildungseinrichtungen präsentieren. Layla macht den Vorschlag, dass wir die Präsentationen auf 2-3 Tage aufteilen. Ich bin heute dran mit erzählen. Viele kennen das Konzept der Volkshochschule nicht, weshalb viele Fragen aus dem „Publikum“ kommen. Später sprechen wir über die Begriffe „multikulturell“ und „interkulturell“, diskutieren über die Unterschiede zwischen Integration und Inklusion. Ich bin überrascht, dass es in Italien keine Förderschulen oder Schulen für Kinder mit besonderen Bedürfnissen gibt. Es gab auch noch nie welche. Das Konzept an sich ist natürlich toll, doch es scheitert wie überall an Fördermitteln und Personal.

Layla zeigt uns ein kurzes Video, in dem es über das Thema der Vorurteile geht. Wir fragen uns, ob es positive und negative gibt, ob man jede Klassifizierung als Vorurteil einordnen kann. Schließlich kommen wir zum Ergebnis, dass man es so pauschal nicht sagen kann, man auf jeden Fall darüber reden und je nach Situation handeln sollte. Heute gibt es viele interessante Diskussionen und Meinungen. Ich merke, wie unterschiedlich wir alle sind und ich freue mich auf die nächsten spannenden Tage mit meiner Gruppe.

Tag 2, Dienstag, 12. April 2022

Der heutige Tag geht gleich mit einem weiteren Icebreaker-Spiel los: Wir sollen mit Hilfe von Google ein typisch florentinisches Menü erstellen. Wie gut, dass ich gut gefrühstückt habe! Bei der Recherche läuft einem das Wasser im Mund zusammen, so lecker sehen die Bilder vom Essen und ihre Beschreibung aus.

Danach beschäftigen wir uns mit einem ernsteren Thema und zwar „Gründe für Diversität in der Schule“. Wir sprechen über die Herausforderungen beim Unterrichten in multikulturellen Gruppen und suchen zusammen nach Ideen und Strategien, um mehr Akzeptanz in solche Gruppen reinzubringen, mit dem Ziel, mögliche Konflikte vorzubeugen.

Wie es sich herausstellt, ist das Phänomen Zuwanderung in manchen Ländern, wie z.B. Portugal oder Serbien, relativ neu. Die Lehrenden wurden in den letzten Jahren quasi ins kalte Wasser geworfen und wissen nicht so genau, wie sie die damit verbundene Probleme behandeln sollen. Da muss ich an Deutschland denken und bin ein bisschen stolz, dass wir schon mehr Erfahrungen und Routine damit haben. Auch als meine Kollegin aus Spanien erwähnt, dass die spanische Jugend von heute sehr rassistisch ist, kann ich ihr nicht zustimmen, wenn ich an die deutschen Schüler denke. Klar, die Schulpolitik spielt hier eine nicht unerhebliche Rolle.

Am Ende des heutigen Tages bekommen wir noch etwas Input über Kommunikation, wie sie funktioniert und welche Arten der Kommunikation es gibt. Diese Diskussion schafft den Übergang zum „Cultural Iceberg“ Modell. Darüber sprechen wir nur kurz, aber ich möchte das Modell später noch einmal in Ruhe anschauen. Ich finde es sehr interessant und anschaulich.

 

Tag 3, Mittwoch, 13. April 2022

Heute dreht sich alles um Konflikte, Emotionen, Gefühle und Achtsamkeit und wie sie miteinander verbunden sind. Als erstes machen wir einen Multiple Intelligence Test, um unsere starken Seiten zu identifizieren. Die meisten habe ich auf dem verbalen und linguistischen Feld. Es war ja auch zu erwarten. Nicht umsonst bin ich Sprachenlehrerin geworden. Etwas enttäuscht bin ich, da ich wenige Punkte im Bereich der Musik gesammelt habe. Nun ja, ich spiele kein Musikinstrument, auch wenn ich es gerne tun würde.

Nach dem Test besprechen wir die Ergebnisse und Layla erklärt uns den Begriff „Emotional Intelligence“: ein Mix aus Interpersonal und Intrapersonal Intelligence. Das heißt, ich kann die anderen verstehen und ihnen helfen, nur wenn ich mich selbst verstehen kann. Wir schauen uns das Rad der Gefühle an und ich überlege mir, dass ich es auch sehr gut in meinem Sprachunterricht anwenden kann, wenn ich das Thema „Gefühle, Emotionen und Selbstbefinden“ im Unterricht einführe. Positive Education muss man googeln, wenn man mehr zu diesem Thema finden möchte, gibt unsere Leiterin den Tipp.

Dann werden wir in Paare aufgeteilt und sprechen über unsere Vornamen. Wer hat uns so genannt? Woher kommt der Name? Mögen wir unsere Vornamen? Diese Übung soll der Entwicklung von Empathie fördern, die ein wichtiger Teil unseres Jobs als Lehrkraft ist. Außerdem hilft Empathie Konflikte besser zu lösen oder vorzubeugen. Ja, Konflikte sind unvermeidbar, „but combat is optional“ (Max Lucado). Das müssen wir uns als Lehrer vor Augen führen und versuchen, eine bessere Lösung, als Zuspitzung des Konflikts zu finden. Konfliktwurzeln liegen immer tiefer, man erkennt sie nicht gleich, aber es lohnt sich danach zu suchen. So ist Wut nicht gleich Wut, es können sich viele andere Emotionen dahinter verstecken, z.B. Angst, Schmerz oder Eifersucht.

Nach solchen tiefgründigen Themen brauchen wir ein bisschen Abwechslung. Die Europass Academy hat für uns eine kleine Stadtführung organisiert. Wir laufen mit unserem Guide Alessandro durch die historischen Plätze von Florenz und erfahren viel über die Geschichte dieser wunderschönen Stadt.

Tag 4, Donnerstag, 14. April 2022

Wir beginnen mit einem Brainstorming zur Frage „Was verstehe ich unter Kompetenz?“. Es kommen viele Vorschläge, doch nichts Neues. Als Lehrkräfte wissen wir alle, dass es verschiedene Arten von Schlüsselkompetenzen gibt und sie miteinander verbunden sind. Und wie kann man Kompetenzen entwickeln und fördern? Zum Beispiel, wenn man ein reales Problem lösen soll. Im Unterricht wäre es eine bestimmte Aufgabe (Task based learning) oder noch besser ein ganzes Projekt (Project based learning).

Die zweite Methode ist natürlich viel aufwendiger, was Vorbereitung und Umsetzung angeht. Doch es würde sich auf jeden Fall lohnen, das ist mir klar. Wichtig ist, dass die Lerner sich nicht alle Antworten und Lösungen „ergoogeln“ können. Sie sollen ihre eigene Kreativität und Fähigkeit des kritischen Denkens nutzen. Wir sehen uns ein Video an, das zeigt, wie so ein Aufgabenbasiertes Lernen aussehen könnte. Im Video überlegen die Schüler, wie ihr eigener utopischer Staat aussieht. Eine sehr interessante Aufgabe, finde ich. Wir bekommen aber eine andere Aufgabe und sollen ein eigenes Projekt kreieren. Da bin ich ein bisschen überfordert, weil man so was nicht in einer halben Stunde basteln kann. In groben Zügen haben wir es doch geschafft. Hier geht es wahrscheinlich wieder nicht um das fertige Ergebnis, sondern um ein Know-how.

 

Tag 5, Freitag, 15. April 2022

Am letzten Tag sind im Kurs leider nur fünf Teilnehmer, mich inklusive, anwesend. Die andere Hälfte der Gruppe hat ihre Zertifikate am Tag davor erhalten und reisen heute ab. So sitzen wir gemütlich in der kleinen Runde und springen ständig vom Pflichtprogramm in Gespräche über das Private. Gestern haben wir ein paar Projekte erarbeitet. Heute stellen wir sie uns gegenseitig vor und tauschen uns über die Ideen aus. Interessant und für mich neu ist die Kreativitätstechnik „6-Hüte-Methode“, die von Edward de Bono 1986 entwickelt wurde und zur Ideenfindung eingesetzt wird. Jede Rolle bzw. Hut entspricht einer bestimmten charakteristischen Denkweise oder einem Blickwinkel, wie z.B. analytisches, kritisches oder emotionales Denken. Dadurch wird keine Perspektive außer Acht gelassen und die bestmögliche Lösung erarbeitet. Dann überlegen wir, welchen „Hut“ wir tragen, die meisten nehmen den Schwarzen, also kritisches Denken, Probleme, Skepsis. Ich kann mich nicht eindeutig zuordnen.

Die Zeit vergeht schnell und wir müssen uns voneinander verabschieden. Layla verteilt unsere Teilnahmebescheinigungen und wünscht uns alles Gute. Man wird ein bisschen wehmütig, da wir uns im Laufe der Woche alle doch irgendwie angefreundet haben. Okay, ein paar Teilnehmer sehe ich morgen noch einmal bei unserem Tagesausflug, der von Europass organisiert wurde. Aber dann ist auch wirklich Schluss.

Ciao Firenze!!! Es war sehr schön mit dir.

Wien: Diversity with a focus on gender and culture

von Inga Feldmann

Sonntag, 17. April 2022, Kiel

Am Ostersonntag stand ich gut gelaunt am Kieler Bahnhof um nachhaltig nach Wien zu reisen.

Doch schon kurz vor Neumünster endete mein Traum. Der Zug hatte in Wagen 1 eine defekte Tür, die uns immer wieder außerplanmäßig anhalten ließ. Als wir Hamburg erreichten, war klar, dass mein Zug nach Wien leider nicht warten konnte und es auch keine Möglichkeit mehr gab, Wien innerhalb eines Tages zu erreichen. Ich stieg in die U- und S-Bahn zum Airport Hamburg und merkte, wie meine Komfortzone schrumpfte… Ich schaffte es so tatsächlich doch noch mit dem Flieger nach Wien!

Montag, 18. April 2022, Wien
Sachertorte zum Frühstück!

Ich laufe zu Fuß an dem sehr ruhigen Ostermontag Morgen über das Universitätsgelände zu unserem Seminarort und treffe dort auf 7 Teilnehmende aus Litauen, 2 Portugiesinnen und eine Spanierin.

Die Kommunikation ist eingeschränkt, da nur 4 von den Teilnehmenden Englisch beherrschen- aber dank einer App wird alles einigermaßen übersetzt. Das Seminarthema wurde kurzerhand um das Thema Mindfulness erweitert, da sonst die beiden Portugiesinnen keine Gruppe gehabt hätten. Auch interessant! Wir machen Kennenlernspiele, gestalten Plakate und kommen ins Gespräch miteinander.

Die Leiterinnen versprechen uns eine Reise in dieser Woche -zu uns selbst und zur Entschleunigung.

Anhand des Modells der Komfortzone / Lernzone / Panikzone erklären Sie, wie wichtig es ist für uns und unsere Schüler*innen regelmäßig die Komfortzone zu verlassen, damit alle weiter lernen.

Auch der Kolb Lernzyklus wird erläutert, der Kreislauf in dem vier Schritte, Konkrete Erfahrung (1), Beobachtung und Reflexion (2), Abstrakte Begriffsbildung (3) und Aktives Experimentieren (4), verbunden werden. Anschließend geht es um das Thema Präsenz und die Frage, wie wir wieder so wie Kinder mit einer freundlichen Neugierde auf die Welt schauen könnten und mehr mit der Aufmerksamkeit im Jetzt sein können. Anhand eines einfachen Modells wird erklärt, wie unser Gehirn funktioniert.

Anhand der Compassion Focused Therapy (CFT), von Prof. Paul Gilbert in England entwickelt, wird uns ein Modell erläutert, wie wir funktionieren. Wir leben ganz oft im Bedrohungssystem, haben Ärger, Angst, Stress- es geht darum, Bedrohungen zu erkennen und abzuwehren, der Körper reagiert mit Adrenalin und Kortisol. Ein weiteres System in dem wir leben ist das Anreizsystem, wir wollen etwas erreichen, besonders gut sein, sind zielstrebig, Dopamin wird ausgestoßen. Die meisten von uns haben jedoch ein unterentwickeltes Fürsorgesystem, in diesem geht es um Zufriedenheit, Schutz, Vertrauen, Zuwendung, Sicherheit- Dinge tun, die gut für uns sind. Es geht darum, Scham und Selbstkritik zu lindern und Mitgefühl für sich selbst und andere hervorzubringen. Dieses ist eine wichtige Basis, um Vielfalt zulassen zu können.

Es geht darum, weniger zu verurteilen und sich zu öffnen. Wir sammeln alle Begriffe, die uns zum Thema Diversity einfallen.

Irene Rojnik fasst diese erläuternd noch einmal zusammen. Und ich fahre mit der U Bahn zum Stephansdom und lausche der Orgel und lasse mich durch die Stadt treiben und nehme die Vielfalt der Menschen wahr.

Dienstag, 19. April 2022, Wien

Heute Morgen ist Wien laut- die Feiertage sind vorbei, die Stadt pulsiert wieder.

Im Seminar soll es um persönliche Werte, die Werte der Organisation, Annahmen und die nicht wertende Beobachtung der Umgebung gehen.

Zunächst sollen wir uns vorstellen, wir wären ein Baum – mir fällt gleich eine Eiche ein – stark, groß, mit vielen Ästen und Futter für Tiere im Herbst. Tja, das hat natürlich eine Bedeutung: die Eigenschaften des Baumes sind Werte, die wir eventuell haben.

Wir sammeln individuell die Top 10 unserer Werte. Es wird anschließend analysiert, dass einige Werte eher Ziele sind, beispielsweise Erfolg und andere Werte eher Bedürfnisse, die für alle Menschen fundamental sind, wie z.B. Sicherheit. Wir sollen uns unser Leben rückblickend vorstellen und überlegen, welche Werte wirklich wichtig für uns waren. Die Frage, ob es Momente in unserem Leben gab, in denen wir nicht im Einklang mit unseren Werten leben konnten, berührt viele Teilnehmende. Man soll sich überlegen, welche äußeren Hindernisse es gab und welche inneren, die einen daran gehindert haben.

Es gibt wieder den Aufruf, freundlich zu sich zu sein und zu trainieren, sich gutes zu tun.

Nun geht es um die Werte der Organisation. 4 Teilnehmende sollen gemeinsam die 9 wichtigsten Werte festlegen, dies ist nicht so einfach, da die Organisationen sehr unterschiedlich sind und auch die Verständigung auf Englisch schwierig ist. Wir versuchen es und erzählen uns auch Geschichten, wie diese Werte in unserer Organisation gelebt werden. In Litauen gibt es beispielsweise eine Woche gegen Mobbing und für Toleranz.

Am Nachmittag geht es um Annahmen. Das Modell: „Ich sehe, ich denke, ich frage mich“ wird vorgestellt. In der Regel sehen wir und aufgrund unserer Erfahrungen interpretieren wir schnell und sind nicht wirklich im Jetzt. Wir üben unsere Wahrnehmung, indem wir verschiedene Orte aufsuchen. Ich gehe mit Monika zum Hof der Universität. Dort sehen wir viele Büsten von Männern und eine von einer Frau. Wir sollen üben, uns neugierig Fragen zu stellen- beispielsweise: was hat die eine Frau geleistet, die in der Galerie der Männer steht?

Nach dem Seminar genehmige ich mir im Caféhaus eine Melange und eine Cremeschnitte und – da es regnet und kalt ist – verziehe ich mich ins Kino und sehe den Film „Parallele Mütter“ von Pedro Almodovar.

Mittwoch, 20. April 2022, Wien

Heute startet unser Seminar an einem neuen Ort mit dem Thema Gender.

Zunächst werden die Begriffe Sex und Gender geklärt: Sex bezieht sich auf das biologische Geschlecht, welches man von außen sieht. Die äußerlichen Merkmale, die nur durch eine Operation zu verändern sind.

Der Begriff Gender dagegen beinhaltet das soziale Geschlecht, was uns anerzogen wurde- dieses ist veränderbar.

Gender Mainstreaming meint in dem Zusammenhang, dieses Thema in die Organisation einzubringen auf allen Ebenen. Gender sensible Pädagogik kann auch beinhalten, Mädchen positiv zu diskriminieren, in dem sie in bestimmten Bereichen besonders gefördert werden.

Frauen tendieren dazu, die Führungspositionen Männern zu überlassen. Daher sollten sie schon als Kind ermutigt werden, ihre Stärke zu erleben.

Bezogen auf meine vhs überlege ich, inwiefern sich alle angesprochen fühlen. Dies ist ausbaufähig, die Hauptgruppe der Teilnehmenden ist weiß, weiblich, deutsch und 50+

Wir sammeln Eigenschaften die wir Männern/ Frauen zuschreiben – die Sammlung gerät dann doch sehr stereotyp: die Männer sind stark, mutig, die Frauen sozial und schwach. Die Kursleitung stellt dies zum Glück in Frage. Anschließend beantworten wir sehr persönliche Fragen, um unserer Sozialisation auf die Schliche zu kommen.

Womit habe ich als Kind gespielt? Was hat meine Mutter gemacht, als ich Kind war? Was hat mein Vater gemacht? Warum bin ich gerne eine Frau? Was mag ich nicht daran? Welchen Einfluss hat Dein soziales Geschlecht auf Deine Karriere? Welches Gender Stereotyp würdest Du gerne ändern?

Wir würden gerne alle Stereotypen ändern, beschließt unsere Kleingruppe.

Die Gender Herausforderungen unserer Zeit sind unter anderen:

  • Die unterschiedliche Bezahlung (pay gap)
  • Geschlechtsspezifische Berufe
  • Rollenverteilung in der Familie
  • Elternzeit
  • Altersarmut von Frauen
  • Scheidung/ Alleinerziehende
  • Gewalt gegen Frauen
  • Führung

Wir diskutieren die Möglichkeiten, Männer den sozialen Bereich näher zu bringen – in Österreich gibt es noch die Wehrpflicht oder die Pflicht, einen sozialen Dienst zu absolvieren.

Die Sprachbarriere war heute besonders hoch, da die Sprach-App aufgrund des schwachen Internets nicht funktionierte. Am Nachmittag hatten wir frei – ich nutzte die Gelegenheit, eine 3-stündige Fahrradtour durch Wien zu machen und in der Orangerie einem Konzert zu lauschen – nachdem ich ein wunderbares Wiener Schnitzel gegessen hatte. In der Stadt hängen viele Fahnen zur Solidarität mit der Ukraine und auch bei uns im Kurs ist der Krieg immer wieder Thema; insbesondere die Litauer haben große Angst vor Putins Unberechenbarkeit.

Donnerstag, 21. April 2022, Wien

Heute begann der Tag sonnig, nach einem kurzen Frühstück mit Grazinna aus Litauen starten wir das Seminar heute mit dem Thema Theater der Unterdrückten von Augusto Boal.

Diese Methode wurde in den 1970er Jahren in Brasilien entwickelt, es ging darum, den Menschen eine Stimme zu geben, nachdem dieses viele Jahre unterdrückt worden waren.

Es gab verstecktes Theater auf der Straße, beispielsweise einen Kampf in der Metro, um zu sehen, wie reagieren die Menschen darum herum? In improvisierten Theaterszenen kann ausprobiert werden, einzelne Personen der Szene auszutauschen um zu sehen, wie die Situation dadurch verändert werden kann.

Im Forum Theater gibt es immer ein Opfer und einen Aggressor sowie das Publikum. Die Rollen, die getauscht werden, sind immer die Publikumsrollen.

Wir machen verschieden Aufwärmübungen um uns auf das Spiel vorzubereiten. Führen und Folgen wird geübt und wir bilden Denkmäler zu bestimmten Themen.

Am Nachmittag wird anhand von verschiedenen Konfliktsituationen im Rollenspiel die Methode geübt.

Am Abend bin ich mit Ulrich Chmel, einem Papiertheaterspieler aus Wien in seinem Atelier verabredet.

Er war bereits in Preetz beim Preetzer Papiertheatertreffen mit seiner Bühne und zeigt mir seine neuesten Produktionen.

Anschließend serviert er mir und seiner Frau ein 3 Gänge Menü und gibt mir Wien Tipps!

Und hier noch ein musikalischer Eindruck vom Konzert gestern Abend:

Freitag, 22. April 2022, Wien

Das heutige Seminarthema ist Kommunikation und so beginnt der Tag mit Otto Scharmer und der Theory U. Wir üben ganz praktisch, wirklich zuzuhören ohne nachzufragen. Eine Person spricht 2 Minuten lang, die Zuhörenden versuchen nicht an eigene Geschichten zu denken, nicht zu kommentieren- auch nicht in Gedanken. Anschließend sollen wir eine positive Diversity Erfahrung berichten. Ich berichte von meiner Reise durch Südafrika 1989, bei der ich eine Lehrerin aus Soweto kennengelernt habe. Die zuhörende Person soll hören- mit allen Sinnen. Wir stellen fest, wie wichtig es ist, sich Zeit zum Ankommen zu nehmen, wenn man in wirkliche Kommunikation eintreten möchte.

Die Trainerin erklärt 3 Begriffe von Stimmen in uns, die uns boykottieren:

Die Stimme des Urteilens-

Ich weiß schon, was die Person erzählen wird

Die Stimme des Zynismus-

Ich nehme Dir die Geschichte nicht ab, ich möchte Deine Geschichte nicht hören.

Die Stimme der Angst-

Ich habe Angst, meinen Status/ mein Image zu verlieren, wenn ich beispielsweise weine.

Es ist wichtig, offen zu sein, neugierig, ein offenes, von Mitgefühl durchdrungenes Herz zu haben und mutig zu sein.

Wir schließen das Seminar mit Rückmeldungen und der Zertifikatsübergabe ab und verabschieden uns sehr herzlich mit dem Versprechen, uns gegenseitig zu besuchen.

Ich gehe mit Mireia und Tanja und Sonja in ein Kaffeehaus und genieße eine Melange, bevor es in den Nachtzug nach Hamburg geht.

Teneriffa: Embracing Diversity, Preventing Bullying and Violence

von Hanna Szymczak

The course I participated in was called „Embracing Diversity, Preventing Bullying and Violence.“ It took place in La Laguna, Tenerife. Tenerife is one of the Canary Islands, located a bit west of Africa at the height of Morocco. Despite their location, the Canaries belong to Spain, so when there, you are still in the EU.
La Laguna is a city in the northern part of Tenerife, a short bus ride away from the port city of Santa Cruz where I lived during the mobility.

DAY 1 – Diversity – Topic introduction

Our course, led by a Brit named Matthew, has 12 participants from six different European countries, including Austria, Romania, Estonia, Hungary, Poland, and Greece!

Names
Today we started off with introductions, then dove into discussing the importance of names. We talked about how important it is to learn the names of our students, which includes investing effort into pronouncing their names correctly, even if they are „ethnic“ names that are foreign or more difficult to us!

Identity Mapping
In the second segment today, we used a mapping tool to help us reflect on our unique identities and our personal degree of diversity awareness. What types of diversity do I identify with personally? (woman, dual citizen, Christian, white, multilingual, dance choreographer/performing artist, teacher, etc.). What type of diversity do I have regular contact with? What types of diversity aren’t as present in my life and are thus perhaps „blind spots“ of mine?
INSIGHT — Becoming aware of what our personal blind spots are is the first step to improving our awareness in those areas!

I’m extremely curious to get to know the other course participants better and hear about their experiences as teaching professionals all over Europe! I’ve never had the chance to get to know someone from Estonia, nor Romania, and, because of the pandemic, I haven’t been among such a diverse group of people in quite a long time! It’s really refreshing!

Our final class segment today was a „Diversity Scavenger Hunt“ activity around La Laguna, aimed at raising our awareness of the astounding lack of diversity in advertisements, illustrated books, etc.
You can try to find the scavenger hunt items in your own city! Here’s some examples of what we needed to try to find.:

1. Find a billboard, poster, or photo frame portraying a biracial couple
2. Find a doll whose skin tone is not white
3. Find an illustrated children’s book who’s main character is not white
4. Find a wedding invitation that would work for a homosexual couple
5. Find a billboard or photo frame portraying an individual with physical or mental disabilities
6. Find band-aids in „skin“ color for someone of darker skin.

–> Exercise for the readers of this Lerntagebuch and their families: See if you can find these scavenger hunt items while walking around YOUR town! You may go into stores, ask for help, and take all the time you need. Take pictures of the items you find and share your findings and reflections with a friend!

Joanna (a teacher from Poland) and I did the scavenger hunt together. We found some, but not all the items. However, as we searched, we *did* pass real-life representatives of each minority on the street! We saw an individual with Down syndrome, passed a homosexual couple, and saw people of African ancestry. It challenged me that there is clearly diversity in the community around me yet at the same time these same minority groups are being overlooked instead of represented well in the media, advertising, and product lines. I cannot fully imagine what it’s like to be a part of an excluded minority, especially from a racial standpoint, since I’m white, and white individuals are the ones most-frequently represented. I can imagine, however, that I would be sad and frustrated to rarely see someone with my skin tone represented.

Take-away lesson: „Be interested to learn and keep learning about diversity!“

That evening, a tour guide took us on a tour of La Laguna:

DAY 2 – Bullying, Case Studies

Today we began discussing bullying. We shared from our individual classroom experiences, both back from when we were students, and situations that have taken place at our schools and institutions. It was interesting to hear about the different challenges faced by teachers in different countries, and sobering to hear how serious some of the bullying examples were.

We learned about the work of researcher Brene Brown, who researches notions related to empathy, vulnerability, and expanding human perception.

–> Exercise for the readers of this Lerntagebuch and their families: To learn more about the work of Brene Brown, watch one of her TED Talks:
https://www.youtube.com/watch?v=iCvmsMzlF7o&ab_channel=TED

In the last part of the day, we prepared skits in groups, acting out specific instances of bullying, which we later discussed as a class. My group presented a real situation that took place in one Greek teacher’s school. Here’s the CASE STUDY:

There was a disabled boy with an involuntary repetitive motion (he would scratch his nose repeatedly). Another student – a popular boy with good grades – would make fun of his disabled classmate. The teachers minimized the situation and didn’t do anything to stop the popular boy from bullying the student with disabilities. They brushed it off as normal „boyish“ behavior. One day, the popular boy, annoyed by his disabled classmate’s nose-scratching, punched his disabled classmate, giving him a concussion. As a result, the popular boy got expelled.

The Greek teacher told us the situation was very difficult, because on one hand, the boy who punched his classmate was very clearly acting inappropriately and should be punished. However, it was also true that the teachers should have taken action to stop the bullying in its early stages. Instead, they didn’t recognize it or how serious it was, which enabled the situation to escalate out of control. The teaching faculty should have stood up against the verbal bullying from the start.

Moral: Part of the responsibility of being a teacher or instructor, especially when working with youth, is modeling core social behaviors, including mature, compassionate, tolerant behavior, and appropriate emotion-management. The lesson from this unfortunate situation is that it’s extremely important to be on the look-out for verbal-, emotional-, and physical aggression, and to make it a priority to address such instances and their warning signs early and effectively.
As a class, we discussed actions that could have been effective problem-solving approaches in this and other situations.

IDEA/METHOD — One of the Austrian teachers from a Montessori school suggested that a great way to deal with many problems that arise is to involve the student or participant having the problem in finding a solution.

For example, in the situation at the Greek school, the teachers, observing the popular student’s discomfort over his classmate’s nose-scratch, could have asked the popular student in a private conversation, „I see you feel uncomfortable with your classmates‘ involuntary motions, however making fun of him is not appropriate. What solution do you suggest instead?“ This way, the teacher together with the student can develop an action plan to diffuse the situation before it gets worse.
Involving the person who has the problem in finding a solution to their problem empowers the person, because it helps them realize they have the power to take positive action to solve their issues and handle their emotions appropriately. Teachers should support the problem-solving process, but if possible, avoid completely taking over. Ultimately, as a teacher, you want to point students to the fact that their reactions are their responsibility, and that they have the agency (=decision-making control over oneself) to react well, both in the current situation as well as in the future.

DAY 3 – The consequences of bullying, human needs

The Consequences of Bullying

–> Exercise for the readers of this Lerntagebuch and their families: Take a piece of clean white paper. Now scribble on it, crumple the paper, and stomp on it with your feet. Now, try to make it look new again.

The point of this exercise is to show that you can’t make the paper look new again. This is a visual representation of the effect that our bullying, aggression, and unkind behavior has on other people. Our poor actions hurt others. That piece of paper will never be completely smooth and clean again. You can straighten it out in a heavy book, and help it more-or-less return to its original shape, but never will it be the same as before. The teacher from Estonia shared that this is a good exercise to do at the beginning of a school year, because it teaches students that their actions effect others. She did it with her class, and whenever problems would start to arise, all she had to do was remind her students of the exercise and how horrible it feels to be hurt by others.

Intervening in bullying

In the course today, we discussed tactics for reacting when we observe instances of bullying in everyday situations around us. INSIGHT — It’s not always best to directly address the inappropriate behavior. When the situation poses a safety threat, it’s sometimes actually better to distract the bully. Imagine this: You are passing a bus stop where a man is yelling at a woman and shoving her. You want to help the woman, but you don’t want the man’s aggression to be redirected to you. So, instead of saying, „Stop hitting her!“ or grabbing his arms, you might say something like, „Excuse me, Sir, I’m not from here, do you know which way I need to go to find the closest Lidl?“ This both distracts the man AND brings down the intensity of the situation. It also gives the woman the opportunity to run if she wants to.

This tactic was new to me, and I found it counterintuitive at first. I tend to want to speak up for the victim and incline the bully reflect on their behavior. However, sometimes this is simply not safe. In these cases, using the „distraction“ technique is a great tool for diffusing the situation safely. You could, of course, take note of how the man looks and report the situation to the police later, but in the moment it’s happening, the two most important things are to 1. Help the situation stop, and 2. Keep everyone (including yourself) safe.

We also talked about how „doing nothing“ in a bullying situation is equal to enabling. We should be active defenders of victims of bullying, but we should do so wisely, with caution.

Needs

In the final part of the day, we spoke about needs.

INSIGHT — Often when a child is acting out in the classroom, a need of theirs is not being met. For example, when a child is throwing pencils as a classmate or refusing to speak at all, perhaps they are actually craving love and attention, and simply trying to get it in the wrong ways.
Maslow’s Hierarchy of Needs is one helpful needs theory to consider, but there are many others as well. Use charts like this to reflect on what specific need(s) of your students or participants causing problems might not be met, then together with the student/participant come up with solutions to meet those needs, so they are no longer obstacles in learning and co-existing respectfully in the learning space.

INSIGHT — Encourage your students and adult participants, „Take care of yourself, so you can learn!“
This is a phenomenal reminder for all of us!

DAY 4 – Combating Bias

INSIGHT — We all have biases. Admitting to yourself what your blind spots are is the first step to overcoming them and acting outside of what that personal bias dictates!

bias – bias is a combination of facts and our prior or „preferred“ beliefs. It’s essentially facts tainted by our imperfect, subjective view of someone or something.

Today we did an exercise that had a powerful impact on me. Matthew showed us a slide with pictures of a variety of people. He asked us to discuss in our groups what words come to mind about each person we see.

One picture was of a Muslim girl in a head covering. I thought about the picture honestly and wrote down what I felt. „I don’t expect her to be outgoing, energetic, or rowdy.“ I put my pen down, looked at what I wrote, and felt ashamed of how ridiculous it was. Just because of the girl’s clothing, I automatically had a bias about her personality being calm and „submissive“.

The child could be strong, loud, or a social butterfly! How differently would she be treated by her teachers, if all of her teachers were to expect her to be „withdrawn and obedient,“ instead of simply being open to get to know her how she actually is– be that shy or be that outgoing!

Another teacher at my table expressed having a similar bias. She said, it’s perhaps because we associate „being covered“ with being withdrawn or closed off. In Muslim culture, however, covering one’s body isn’t intended to indicate personality per se. So, interpreting it that way is a personal bias that doesn’t necessarily line up with reality. It was eye-opening to reflect on the consequences it could have on this girl’s life for leadership figures to interact with her through the lens of their bias instead of cultivating an awareness of their biases and trying to intentionally set their biases aside.

INSIGHT — Teachers and instructors ought to reflect on the biases they have toward each individual student or participant they have in class. Similarly, bosses and managers should reflect on the biases they have toward each employee or worker they supervise. Once you identify your biases, you should try to act outside of them. (In the example above, this would mean allowing yourself to get to know the Muslim girl before you allow yourself an opinion of what her personality is like). Allow reality and a track-record of experiences to shape your opinions, rather than pre-determining your opinions based on your interactions with other, „similar“ individuals.

–> Exercise for the readers of this Lerntagebuch and their families: Below is the picture of the slide we used in class. Take some time by yourself honestly reflecting and answering the questions. Write down your associations and biases about each of the individuals pictured. Once you are done reflecting privately, discuss among yourselves. What biases do you have? What is your reasoning behind them, and how factually reasonable is your reasoning? How can you step outside of your biases when interacting with people who look like the individuals pictured?

DAY 5 – Mindfulness (as an emotion- and behavior-management tool)

Today was probably my favorite day of the course! We learned about Mindfulness from a Spanish woman named Vicky. Our class met in a park. Vicky took a theory-through-practice approach, which means that we got to DO a number of exercises as she was teaching them to us and sharing advice on how we can best apply these methods with our students and participants.

Mindfulness – Vicky defined Mindfulness as the practice of increasing one’s focus and awareness for the purpose of using that groundedness/awareness to regulate one’s emotions and behavior better and make better choices. Mindfulness is about creating the time and space to check in with yourself, identify your needs, and be able to take specific actions or steps to satisfy those needs. Mindfulness techniques often involve concentrating one’s focus on one particular action, or „zooming our focus in“ on one sense in particular– touch, hearing, sight, taste, etc. (Sometimes on several, but in general Mindfulness aims to „quiet“ us inside, unlike what happens when we’re overstimulated. The exercises are designed to eliminate frivolous distractions and division of attention.)

Thus, most of the exercises we did revolved around focus, reflection, and heightening one’s awareness of self and others.

A simple example is: if you are irritable, you can either continue to be irritable, or you can stop for a minute and think about what is causing your irritation. Once you’ve identified your unmet need, you can meet it and stop feeling irritated. For example, you might simply be thirsty and need to get a glass of water. Or, you might be feeling too hot, so maybe you need to take off your sweater or move your spot to be in the shade. Some negative emotions require only a simple fix, while resolving others is a more complex process. However, whether the issue is simple or complex, creating the space to identify your feelings and the sources of those feelings allows you to start designing a solution and take action.

Note: This can include taking the action of ASKING for the thing you need, if you cannot give it to yourself.

Here’s some of the exercises we did:

Exercise 1: Bean bag tossing. Our group stood in a circle. We threw a green bean bag (the small square sacks you use for a bean bag toss game) to each other in a random order until everyone had received the bag once. That became the set order for the green bean bag(s). Every time you threw a green bean bag, you had to say your name. The teacher then added more green bean bags. You had to pay close attention to when a bean bag was coming your way, but you always knew who it would come from and who you were throwing it to, because the order stayed the same.
Next, we set the green beanbags aside and created a new order with red bean bags. This time, you always had to say the name of the person you were throwing to every time you threw a red bean bag.
The third step was that Vicky started off both colors at once– the green bean bags followed the green bag route (and you had to say your own name when throwing one), and the red ones followed the red route (and you had to say the person’s name to whom you were throwing it). This level required a lot of focus compared to the earlier rounds, and even more the more bean bags were added. We had something like eight bean bags of each color simultaneously circulating around the group!
Step four was that Vicky added one yellow bean bag to the game. It was allowed to travel in either direction, and you had to follow the green bag name instructions when throwing in the green bag direction and follow the red bag name instructions when throwing in the red bag direction! So, there were three colors of bean bags going around the circle at once (with multiples of the red and green simultaneously in the circle). The goal wasn’t to „be better“ than the others, but rather all work together to keep the bags moving smoothly and accurately.
Step five was to stop the game and close our eyes and take some time to identify „How am I feeling? What do I need?“ Vicky highlighted that doing little „check-ins“ like this throughout the day gives us the opportunity to realize and verbalize our needs, as well as ask for the thing we need.

Exercise 2: Focusing on sound: Vicky had a Tibetan bowl. Our task was to close our eyes, listen to the sound it makes when she hits it, and raise our hand at the moment when we couldn’t hear it (even faintly) anymore. Focusing intensely on ONE thing at a time helps quiet internal turmoil and overstimulation, to empower us to be able to choose our response in a given situation.

Exercise 3: A visual aid representing our negative emotions. Vicky set a jar of water in the middle of the circle. Then, we each took turns describing negative feelings and stresses we were having that week, adding glitter and beads to the jar to represent those negative things and worries. Next, she mixed the water, glitter, and beads together with a stick to represent what we feel like inside when we feel strong negative emotions. Then she led us through Exercise 2 with the Tibetan bowl to demonstrate that we can calm our emotions
(„calm the agitated water“ inside us) to create clarity and the space to choose our response, rather than reacting mindlessly, driven by our emotions.

 

Exercise 4: Breathing & touch. Weighted toy on our bellies. Vicky instructed us to lay down and close our eyes. She then placed a little sand-filled frog on each person’s stomach. Our task was to notice the weight of the object on our bellies, and to feel how it moves up and down as we breathe. For several minutes, we were to try and keep our focus on our breathing and the weight; each time our minds began to wander, we were to reign back in our thoughts and return to the breath and weight. Only later were we allowed to look at our „little friends“ (=see what she had put on our bellies).

 

Exercise 5: Relieving pressure from your lumbar spine. Vicky showed us a way to take pressure off of our lower backs. If you are sitting a lot, you can take a towel and roll it into a thin roll, then place it nearer the back of your glutes as you sit cross-legged. This tips your pelvis back, elongating your lumbar spine. See photo:

Vicky told us that Mindfulness is about freedom! It’s about separating our emotion from our response– creating space between our emotion and our response, and using that space to make a CHOICE about how we respond.

–> Exercise for the readers of this Lerntagebuch and their families: Try doing some of the exercises above as a family! You can use any metal chime or a bell instead of a Tibetan bowl, and if you don’t have bean bags, you can make some by putting scoops of dry rice into socks and tying them off.

In the last part of the day, Matthew took us to a beautiful park in Santa Cruz called Parque García Sanabria for an official time of closure, thank-yous, and good-byes. He handed out our certificates, then we walked around the park. We still have a group excursion tomorrow, but we won’t see Matthew anymore.

DAY 6 – Teide Trip

Today we had an organized group outing to Teide! Teide is an active volcano in the middle of the island of Tenerife. Volcanic eruptions are responsible for the formation of Tenerife, and because of this, the island has a wide variety of volcanic rock formations and endemic plants that I hadn’t ever seen before! Teide Peak is the highest-elevated point in Spain, soaring at 3718m above sea level– which is especially noteworthy, because the island isn’t that big to begin with– it has an area of only 2034m2! (For comparison, the area of the city of Berlin is 892m2! This means, all of Tenerife is only approx. 2.3x larger than the area of Berlin.) For comparison, Santa Cruz (the city where I stayed) has an elevation of only 11m above sea level. And naturally, Tenerife’s oceanic shores are at 0m above sea level. Zero meters up to a whopping 3718m is quite the amplitude for a small island!!
The terrain near Teide was hot, dry, and rocky, and had essentially no plants. There were, however, some really cool endemic plants at lower altitude on the way!

Here are some pictures from our excursion:

If you would like to connect with me or ask me any further questions about the Embracing Diversity, Preventing Bullying and Violence course or about Tenerife, please do! You’re invited to like my official Facebook Page and contact me there: https://www.facebook.com/haniachoreography

Warmly,
Hania (Hanna) Szymczak

Island: Diverse Society – Diverse Classroom

von I. G.-L.

Reisetagebuch Island 03.10.2021 – 09.10.2021, IGL

Schon im Februar 2020 hatte ich mich für einen Kurs zum
Thema Diversität beim Institut InterCultural Iceland in
Reykjavik angemeldet. Zwei Kurse standen zur Auswahl und
ich hatte mich nach dem Lesen der Kursbeschreibung und
den Berichten für den Kurs „Diverse Society –
Diverse Classrooms“ entschieden. Dieser Kurs sollte im
Oktober 2020 stattfinden und so habe ich alles in die Wege
geleitet. Doch mit einer Sache hatte ich nicht gerechnet –
CORONA.
Dieses lästige Virus brachte alles durcheinander.
Nicht nur unseren Alltag, auch alle Pläne für den Sommer und
den Herbst. Nach diversen E-Mails mit der Institutsleiterin
Guðrún Pétursdóttir versprach sie, den Kurs im Oktober 2021
noch einmal anzubieten. Und siehe da:

ICH BIN JETZT IN ISLAND! Wer hätte das gedacht?

Island, sagenumwobene Insel im atlantischen Nordmeer. Brunhilde aus dem Nibelungenlied kam von hier, die Asche des Vulkans Eyjafjallajökull legte vor zehn Jahren den Flugverkehr über Europa lahm und die isländische Fußballnationalmannschaft erstürmte die Herzen aller Fans bei der WM 2018.

Was ist das für ein Land, von dem man nicht viel weiß? Und dort  soll es einen interessanten Kurs zum Thema Diversität geben? Ich bin gespannt und sehr neugierig.

Am Sonntag, dem 03. Oktober 2021, ist um 16:00 Uhr Treffpunkt am Busbahnhof BSI in Reykjavik. Langsam trudeln die Teilnehmer ein und es gilt die Parole „Erasmus?“ Neugierig beäugen sich alle, schließlich wollen wir die nächsten 8 Tage miteinander verbringen und gemeinsam etwas lernen.

Die 25 Kursteilnehmer kommen aus Belgien (2) Deutschland (6), Italien (4), Litauen (4), Spanien (2) und Rumänien (7). Sie arbeiten an Schulen als Schulleiter oder Lehrer, als Sozialarbeiter in Brennpunktvierteln ihrer Stadt, als Koordinator an einer TU. Ich bin die Einzige aus dem VHS-Bereich. Allein an der Zusammensetzung der Gruppe zeigt sich Diversität und wir werden alle in einem Klassenzimmer sitzen und zusammen arbeiten.

Zunächst geht es der Küste mit ihrer eindrucksvollen Landschaft entlang nach Borgarnes, wo der Kurs stattfindet. Borgarnes ist eine kleine Stadt und liegt am südwestlichen  Zipfel einer Halbinsel am Borgarfjördur.
Gleich nach der Zimmerverteilung treffen wir uns im Schulungsraum. Eine klassische Vorstellrunde entfällt, da jeder eine Teilnehmerliste hat und daraus ersehen kann, wer woher kommt.

Stattdessen beginnt die Kursleiterin Guðrun mit dem Thema „class atmosphere“ und wie man diese beleben kann. Denn wie oft wird der Unterricht bei einer stupiden „Berieselung“ langweilig und die Schüler driften mit ihren Gedanken ab. Da hilft nur Aktivität und die heißt in diesem Fall „Bingo“. Das Spiel kennt jeder und auch hier ist das Prinzip dasselbe. In einem 5×5 Kästchen großen Feld stehen 25 verschiedene Fragen (die Kästchen/Fragenanzahl richtet sich nach der TN-Anzahl). Die Fragen sind zwar allgemein gehalten, aber auf einer persönlichen Ebene. Z.B.: „Spielst du ein Musikinstrument?“, „Hast du schon an einem Marathon mitgemacht?“ oder „Magst du Katzen lieber als Hunde?“ Jeder Kursteilnehmer bekommt ein Arbeitsblatt mit den Fragen und muss allen anderen die Fragen stellen. Wenn ein Mitschüler eine Antwort bejaht, wird dessen Name in das Kästchen geschrieben und man muss den Nächsten befragen. Stehen in fünf Kästchen quer oder längs oder diagonal jeweils ein anderer Name, ruft man Bingo. Ziel dieser Interaktivität ist es, sehr schnell mit allen Kursteilnehmern ins Gespräch zu kommen. Und tatsächlich wusste man in kürzester Zeit schon einiges über die Kurskollegen und konnte beim anschließenden Abendessen ein Gespräch anknüpfen. Ganz schnell war eine angenehme Atmosphäre entstanden und man „fremdelte“ nicht lange rum. Das war ein toller Einstieg in diese Kurswoche.

© Guðrun Pétursdóttir; Beispiel eines Bingo-Fragebogens zum Kennenlernen

 

Die Diversität unserer Gesellschaft ist in den letzten Jahren sehr viel facettenreicher geworden und spiegelt sich auch in unseren Klassenzimmern wider. Traditionelle Unterrichtsmethoden können nicht mehr so eingesetzt werden, wie viele Lehrende es bisher gewohnt waren/sind. Vielen der ausländischen Lernenden fällt der neue Schulalltag schwer und das pädagogische Ziel ist es, sie mitzunehmen, um ihnen eine Chance für ihre Zukunft zu geben.
Die Lernenden kommen aus den verschiedensten Kulturen und haben unterschiedliche Bildungshintergründe.

Dieses Seminar „Diverse Society – Diverse Classrooms“ beschäftigt sich in erster Linie damit, den Teilnehmenden diverse Unterrichtsmethoden vorzustellen, um vor allem die soziologischen Unterschiede im Klassenzimmer aufzufangen, auf sie einzugehen und somit eine bessere Integration zu ermöglichen.
Auch wenn Island so abgelegen scheint, sind seit den 70er- und 80er-Jahren viele Migranten nach Island gekommen, um für längere Zeit oder aber auch dauerhaft zu bleiben. Sehr schnell hat man gemerkt, dass man mit den traditionellen (isländischen) Unterrichtsmethoden in der Schule keinen Erfolg hatte. In vielen Ländern Europas wurden in dieser Zeit zahlreiche „revolutionäre“ Unterrichtsmethoden, Didaktiken und pädagogische Ansätze entwickelt, die auch in Island ausprobiert wurden.

© InterCultural Iceland

 

Die besten Ergebnisse wurden mit „intercultural education“ erzielt, wobei man auch darauf hinweisen muss, da zwischen den einzelnen Reformen 15 – 20 Jahre lagen.
Spricht man über „Interkulturelle Bildung“ muss man doch zunächst definieren, was Kultur bedeutet. Ein ganzer Katalog an Stichwörter wurde zusammengestellt und nach langer Diskussion kam die Gruppe zum Konsens: „There are many individuel cultures, but no specific culture of a country“.

Zum Abschluss dieses Themas wurde zunächst in Partnergesprächen diskutiert, was der Lehrende als Respektlosigkeit empfindet. Im Plenum musste man anschließend die Argumente des Partners vortragen. Sehr schnell wurde klar, dass über die europäischen Grenzen hinweg der Mangel an Disziplin, das Nicht-Zuhören und das Nicht-Miteinandersprechen zu Unzufriedenheit, Verärgerung und Frustration führen. Dies ist allerdings keine Einbahnstraße, sondern gilt für alle Beteiligten.
Eine kleine interaktive Übung im Anschluss demonstrierte uns, wie wichtig das Zuhören ist. In einem „Karussell“ (Innenkreis-Außenkreis) wurde so lange über ein bestimmtes Stichwort (z.B. Film, Essen, Freizeit, Sport etc.) gesprochen, bis man eine Gemeinsamkeit gefunden hatte. Für jedes Stichwort hatte man eine Minute Zeit. Dieses Karussell wurde sowohl verbal als nonverbal durchgeführt. Mit meinen Gesprächspartnern fanden sich stumm viel schneller die Gemeinsamkeiten.

Interkulturelle Bildung braucht unterschiedliche Kompetenzen und Fähigkeiten. Die wichtigsten sind „communication skills“, „cooperative skills“ und „flexibility“. Diese Drei werden als die interkulturellen Kompetenzen/Fähigkeiten definiert. Mit ihnen ist es einfacher, in einer diversen Gesellschaft zu leben, und sie zielen darauf ab, selbstständig und eigenverantwortlich zu arbeiten. Um die Lernenden mit diesen Kompetenzen schon sehr früh vertraut zu machen, gibt es verschiedene Methoden, deren Ziel es ist, im Team eigenverantwortlich zu arbeiten. Dies ist der rote Faden aller Gruppenarbeit-Methoden, die in der interkulturellen Bildung umgesetzt werden.

Eine dieser Methoden ist „The Jigsaw Puzzle Method“ – Das Puzzle.

© InterCultural Iceland

Die Jigsaw Puzzle Methode
Die ganze Klasse bekommt eine Hauptaufgabe

+ Der Lehrer teilt die Klasse in Gruppen (à 4 TN).
+ Jedes Gruppenmitglied hat einen Buchstaben (A- D).
+ A-D bekommen je einen Briefumschlag mit einer
Aufgabe.
+ Nun treffen sich alle gleichen Buchstaben und erarbeiten die
Lösung ihrer Aufgabe.
+ Dann kehren die Buchstaben-TN in ihre ursprüngliche
Gruppe zurück und tragen ihre Informationen zusammen und
lösen so die Hauptaufgabe.

Um Gruppenarbeiten erfolgreich zu machen, ist es sinnvoll, den Gruppenmitgliedern Rollen zuzuweisen. Dabei ist es wichtig, darauf zu achten, dass die Rollen untereinander immer wieder getauscht werden.

© InterCultural Iceland

1 Der Organisator liest die Aufgabenstellung vor und vergewissert sich, dass alle die Aufgabe verstanden haben.
2 Der Reporter notiert alle Antworten und zusammengetragenen Informationen.
3 Der Materialmanager besorgt alle Materialen, die für die Präsentation der Lösung/Aufgabe gebraucht werden.

4 Der Zeitplaner behält die Zeit im Auge, die für die Lösung der Aufgabe vorgegeben ist.
5 Der Motivierer feuert an/motiviert seine Gruppenkollegen bei der Lösung der Aufgabe.

So hat jedes Gruppenmitglied die Chance, sich gleichberechtigt an der Arbeit zu beteiligen (Rotation). Wie oft ist es doch vorgekommen, dass einer alles macht, oder keiner richtig Lust hat, mitzuarbeiten und die Arbeit dann an einem einzigen Gruppenmitglied hängen bleibt. Diese Zusammenarbeit nennt man „cooperative work“. Aber auch der Lehrende bekommt eine Rolle zugewiesen und muss
–  genaue Arbeitsanleitungen geben,
– die Teilnehmenden in Gruppen einteilen und ihnen
– die Rollen zuweisen,
– für eine gute Tischgröße sorgen (zu viel Platz ist hinderlich) und bei den Aufgaben
– beratend unterstützen.
Bei dieser Arbeit ist es sehr wichtig, dass der Lehrende loslässt, die „Nabelschnur“ trennt und den Schülern Vertrauen entgegenbringt, dass sie der Aufgabe gewachsen sind.

Allerdings bedeutet Gruppenarbeit nicht immer ausschließlich cooperatives Lernen. Die Kursleiterin wiederholte immer wieder den Satz: „No single teaching method is so good that it suits every student all the time.“

© InterCultural Iceland

 

Beim „cooperative learning“ ist es wichtig, dass der Lehrende die Aufgabenstellung nicht als klassische Frage (Wie viele Hauptstädte gibt es in Europa?), sondern eher als „Motivationsfrage“ (Was meinst du, wie viele Hauptstädte Europas kennst du?) stellt.

Während der nächsten Seminartage wurde die Aufgabenstellung für Gruppenarbeiten sehr viel komplexer und auch die Methoden der Präsentation. Wir Kursteilnehmenden mussten an die Arbeitsweise des „cooperative learning“ herangeführt werden. Ziemlich schnell wurde uns klar, dass Gruppenarbeit zwar bekannt ist und wir sie schon diverse Mal mit unseren Lernenden durchgeführt haben. Aber so regelmäßig, konsequent und intensiv wie uns das hier in etlichen Beispielen (Film- und Videoaufnahmen von Guðrun Pétursdóttir) gezeigt wurde, haben die meisten der Kursteilnehmenden das dann doch nicht gemacht. Gut funktionierende Gruppenarbeit, die alle kulturellen und soziologischen Unterschiede vereinen soll, muss richtig erarbeitet werden, um erfolgreich zu sein.

Die Methode, mit der wir angefangen haben, ist das „Diamond Ranking“.

© InterCultural Iceland

 

Jede Gruppe erhält eine Aufgabe. Dazu muss sie auf neun Karten Schlagwörter notieren, die in einer Diamantenform gelegt werden. Allerdings haben unsere fünf Gruppen auch die Diamantenform neu definiert.

Am nächsten Tag diskutierten wir über die unterschiedlichsten Unterrichtssysteme unserer Heimatländer und wie schwierig es sein kann, neue Unterrichtsmethoden  der Allgemeinheit, den Schulleitern, den Eltern und den Schülern näher zu bringen. Es wurden tolle Präsentationen erarbeitet und dem Plenum vorgestellt. So manch schauspielerisches Talent kam zu Vorschein und es wurde viel und herzlich gelacht. Rechts sehen wir eine Collage der begleitenden Poster, die für die kleinen Theaterstücke als Kulisse dienten.
Grundsätzlich wurde viel mit Papier und Farben gearbeitet, was von allen Arbeitsgruppen positiv bewertet wurde.
Auch hier waren wir wieder zu jeweils neuen Gruppen zusammengestellt worden.
Es war eine Bereicherung, so die einzelnen Kursteilnehmenden kennenzulernen.

Eine weitere Methode für Gruppenarbeit lernten wir am darauffolgenden Tag kennen. Es wurden Paare gebildet, die zum „Speed Dating“ andere Paare trafen. Jedes Paar bekam jeweils eine Gruppenarbeitsmethode auf einem Arbeitsblatt zur Verfügung und musste diese innerhalb von 10 Minuten lesen und verstehen. Auch da kann man sich die Arbeit aufteilen und man muss sehr schnell und flexibel sein, sich abzusprechen. Anschließend musste jedes Paar innerhalb von 5 Minuten dem anderen Paar die Methode erklären. Dann wurden die Arbeitsblätter getauscht und ein Paar ging zu einem neuen Paar. Auch hier mussten die Methoden gegenseitig erklärt werden und im Anschluss die Arbeitsblätter ausgetauscht werden. Nach ca. 60 Minuten hatte man auf diese Weise verschiedene Möglichkeiten für „cooperative learning“ kennengelernt. Die Methode, die jedes Paar zuletzt vorgestellt hatte, sollte nun zu einem frei gewählten Thema für die nächste Unterrichtsstunde umgesetzt werden.

Hier einige der Methoden:
Round Robin
Zone of Relevance
Snowballing
Corners
Odd one out
Fact or opinion
Consequence Wheel
Clustering
Send a problem
Diamond Ranking

Wir haben wirklich viele unterschiedliche Themen behandelt und wurden jedes Mal zu einer neuen Gruppe zusammengestellt. Jede Gruppe bekam ein aktuelles Thema und musste sich wirklich etwas Kreatives einfallen lassen. Denn Gruppenarbeit bedeutet auch Kreativität. Als Lehrender muss man von seinen eigenen Vorstellungen zurücktreten und die Teilnehmenden „machen“ lassen. Die Ergebnisse sind so vielfältig. So vielfältig wie wir alle sind.

Bei diesem Projekt ging es darum, dass ein paar Hochschulabgänger ein Non-profit-Unternehmen gründen sollten, das ein nachhaltiges Produkt auf den Markt bringt, welches es bisher noch nicht gegeben hat. Nach einer heißen Diskussion mit aberwitzigen Ideen, die alle im Sand verliefen, hatten wir die zündende Idee, organische Schuhe zu entwickeln, die sich nach ca. 6 Monaten selbst auflösen und kompostieren. Als Material sollten Pflanzenfasern und Stärke zur Bindung verwendet werden, für die individuelle Gestaltung kann man getrocknete Blüten und Blätter verwenden.

Es war so ein witziges Projekt und wir hatten viel Spaß bei der Entwicklung der Präsentation und ihrer Umsetzung. Auch hier, wie all die anderen Male, hatte jedes Gruppenmitglied seine Rolle erhalten und musste sich daran halten. In dieser Gruppe hatte ein Kollege, mit dem ich schon zuvor in einer anderen Gruppe zusammen war, eine für ihn ganz neue Rolle bekommen und war richtig darin aufgegangen. Das war für ihn ein Aha-Erlebnis und zum Ende sagte er voller Überzeugung, er wolle das gleich bei der nächsten Gelegenheit in seiner Klasse ausprobieren.

Der Abschluss aller Methoden war ein Projekt, bei dem wir für eine imaginäre Klasse mit Hilfe der Jigsaw + -Strategie einen Unterrichtsentwurf entwickeln sollten. Für alle Gruppen gibt es wiederum ein Hauptthema.
Basis ist die Jigsaw-Methode, die bereits beschrieben wurde. Dieses Mal allerdings waren die Aufgaben etwas komplexer, da es zwei Aufgabenbereiche (A und B) gab. In der Aufgabe A mussten zunächst Themenfelder mit einem Fragenkatalog erarbeitet werden. Informationen wurden wieder zusammengetragen und die Fragen beantwortet. Für die B-Aufgabe sollten Präsentationen vorbereitet werden. Es konnten Plakate sein, Videos, Werbematerial etc.

Jede unserer fünf Gruppen musste sich ein eigenes Thema ausdenken und Aufgabenfelder für die A- und die B-Aufgabe erarbeiten.

Aber in dieser Woche des „cooperative learning“ wurde noch mehr gemacht. Wunderbare Gespräche mit den Kollegen aus den anderen Ländern zu unterschiedlichsten Themen.
Gemeinsam gingen wir auf die Suche nach Aurora, wir wanderten auf einem erloschenen Krater, auf dem seit seinem letzten Ausbruch sich langsam Moos entwickelt hat. Ein traumhafter Wasserfall bei strahlendem Herbstwetter faszinierte uns. Und auf den Spuren von Neil Armstrong hinterließen wir unsere Fußabdrücke in einem Lavafeld. War das Wüste, Mond oder Island? Eine wunderschöne, vielfältige Landschaft, die so abwechslungsreich ist, dass man aus dem Staunen nicht mehr herauskommt.

Hraunfossar (Lava Waterfall)
Grábrókargígar Krater
Kolbeinstaðarfjall und Rauðhálsar Lavafield
Reykjavik
Kerið Krater, Guloss Waterfall, Þingvellir Nationalpark

 

Diese Woche war eine wunderbare Erfahrung und ich möchte sie nicht missen. Ich bin voller Eindrücke nach Hause gekommen und brauche sicherlich noch einige Zeit, diese zu verarbeiten. Vielen Dank, dass ich diese Chance hatte.

Florenz: Facing Diversity. Intercultural Classroom Management

von D. H. R.

12.10.-17.10.2020

Nachdem ich den Kurs eigentlich schon Ende Juni besuchen wollte, plante ich nun trotz der Corona-Pandemie, den Kurs im Oktober zu belegen. Die Schule EUROPASS informierte mich immer sehr gut über den aktuellen Stand und hielt mich auf dem Laufenden. Insbesondere Tania Strugova von EUROPASS war hier immer eine große Hilfe.

Nicht ganz so einfach war die Buchung der Flüge, die mehrfach verschoben wurden. Letzten Endes wurde mein Rückflug komplett gestrichen. Mein Hinflug wurde insgesamt 18-mal verschoben – andere Uhrzeiten, Tage, Zwischenstopps. Das konnte ja was werden. Am Ende entschied ich mich schon früher nach Italien zu fliegen, insbesondere da die Verbindung Hamburg – Florenz sehr schlecht ist. Los ging es also am 08.10.2020 nach Neapel. Nach ein bisschen kulturellem Flair am Fuße des Vesuvs, ging es dann am 11.10.2020 mit dem Zug nach Florenz. Endlich!

Montag, 12.10.2020

Meine zweite Mobilität nach Florenz beginnt. Schnell Frühstück bei I Ghibellini, zwei Wegminuten von der Schule, und ab geht’s. Bekannte Gesichter empfangen mich – Tania hat mich sofort wiedererkannt. Im Klassenraum angekommen, bin ich erstaunt: nur eine andere Teilnehmerin. Touria aus Belgien war die einzige, die sich außer mir aufgemacht hatte. Allen anderen blieb dies aufgrund zahlreicher Reiserestriktionen leider verwehrt. Schade! Aber nun gut – Vorstellungsrunde, Gespräche über die Schulen und unsere Arbeit machten den Anfang und nach einer kleinen Kaffeepause sprachen wir über Diversität in unseren Klassen und wie wir ihr begegnen. Welche Probleme ergeben sich? Wie versuchen wir diese zu lösen. Wir stecken also erst einmal den Rahmen ab für den Rest der Woche.

 

Dienstag, 13.10.2020

Zweiter Tag. Corona bestimmt auch den Alltag in der Schule. Masken sind Pflicht. Layla Dari, unsere italienische Dozentin trägt ein Visier, Desinfektion für alle. Und natürlich schleicht sich Corona auch immer wieder in unsere Gespräche. Die Pandemie lässt sich nicht ausblenden.

Wir sprechen zuerst über Unterschiede zwischen Interkulturell und Intrakulturell. Wir halten fest, dass intrakulturell sich auf eine einzelne Kultur und deren Regeln und negative Effekte bezieht – beispielsweise Stereotypen. Interkulturell steht für den Austausch zwischen zwei oder mehr Kulturen. Das Konfliktpotential liegt hier im Unbekannten und Ungewissen.

Layla erzählt viel und lässt eine Powerpoint durchlaufen. Tatsächlich verstehe ich nicht alles, da ihr Englisch manchmal schlecht zu verstehen ist und sie manchmal sehr schnell springt. Wir sehen ein paar Videos und sprechen anschließend über die Probleme in den Videos. Anschließend gibt uns Layla Beispielfälle mit Aufgaben, die wir lösen sollen. Spannend.

Mittwoch, 14.10.2020

Heute wird es sehr interessant. Der kulturelle Eisberg. Ich kenne ihn noch aus der Uni. Insofern ist er für mich nicht neu, allerdings gehen wir sehr tief darauf ein und schauen uns verschiedene Texte und ein Video dazu an. Am Ende sollen wir einen leeren Eisberg ausfüllen.

Der kulturelle Eisberg ist die Versinnbildlichung von kulturellen Eigenheiten. Nur 10 Prozent des Berges können wir sehen, der Rest liegt unter Wasser, unsichtbar. Ebenso funktioniert Kultur. Man kann einem Menschen vielleicht seine Kleidung, sein Auftreten ansehen, man kann die Küche eines Landes sehen und schmecken, ebenso ist Literatur und Musik ohne weiteres erlebbar. Jedoch können wir einem Menschen oder einer Kultur keine Werte, Regeln, Etikette und Vorstellungen ansehen. Ebenso wenig kann man Geschlechterrollen, Erwartungen, Normen und vieles mehr einfach erfahren. Hierzu muss man tiefer schauen, jemanden kennenlernen. Dies ist der Teil des Eisbergs, der unter der Wasseroberfläche liegt.

Nach einer kurzen Kaffeepause sprechen wir darüber, wie man Empathie fördern kann, wie man sich also auf den unsichtbaren Teil des Eisberges einlassen kann. Insbesondere ist hier die Kommunikation wichtig. Wie funktioniert Kommunikation und welche „emotional skills“ gibt es. Auch hier schauen wir wieder ein paar Videos und der Tag ist um.

 

Donnerstag, 15.10.2020

Heute steht auf dem Plan „Project-based learning for an inclusive school”. Huch? Jetzt geht‘s um Techniken. Tatsächlich habe ich den ganzen Tag das Gefühl, dass es nicht mehr um Diversity Classroom Management geht. Denn wir sprechen nur über Unterrichtsmethoden. Den Ansatz des Inquiry Based Learning habe ich nicht verstanden. Ich fühle mich abgehängt. Wir schieben einen Absatz über Kompetenzen ein: Kritisches Denken, Kreativität, Initiative, Problemlösen, Risiken erkennen, Entscheidungen treffen, Gefühlsmanagement.

Hier noch fix ein paar Details zu den Methoden vom Donnerstag:

Project-Based Learning entspricht im Grunde unserer guten Projektarbeit. In Deutschland arbeiten wir insbesondere in allgemeinbildenden Schulen schon lange mit Projektarbeit. In anderen Ländern ist dies nicht so stark vertreten. Besondere Methoden zu Projektarbeit für einen inklusiven oder integrativen Unterricht bekommen wir nicht an die Hand. Projektarbeit soll dabei eine Aufgabe für die Schüler beinhalten, die sie in Gruppen oder als ganze Klasse initiieren, organisieren, planen und durchführen müssen (z.B. Kajakbauen, Erstellen einer Ausstellung o.ä.). Im Gegensatz hierzu steht das Problem-based Learning. Hier wird eine Problemsituation gegeben und die Schülerinnen und Schüler sollen versuchen, dieses Problem zu lösen und Strategien zu entwickeln. Inquiry-based learning ist für uns Deutsche vielleicht manchmal schwer greifbar. Das Problem liegt hierbei in der Abgrenzung zum problem-based learning. IBL setzt eine Fragestellung voraus, ProblemBL ein Problem. In Deutschland wird meines Wissens nach nicht so stark getrennt, beziehungsweise variiert dies auch etwas in den Didaktiken, in denen ich nachgeschlagen habe.

 

Für weiterführende Informationen hierzu empfehle ich:

Project-based learning: https://www.pblworks.org/what-is-pbl

Problem-based learning: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC1125189/

Inquiry-based learning: https://www.edutopia.org/blog/what-heck-inquiry-based-learning-heather-wolpert-gawron

 

Freitag, 16.10.2020

Heute geht es um Feedback und Reflektion. Wieder fehlt mir der Bezug zu Diversity Classroom Management. Darüber hinaus kenne ich die Methoden aus der Uni. Touria kennt sie auch. Layla ignoriert das etwas. Naja. Es gibt Zertifikate und wir beenden den Kurs. Touria und ich lassen den Kurs bei einem gemeinsamen Mittagessen ausklingen und verabreden uns für Samstag, um die Toskana zu erkunden.

 

Hier noch Details zu den Feedback-Methoden vom Freitag:

Tatsächlich diskutierten wir hier viel über die Erstellung von Fragebögen, wo Schülerinnen und Schüler zwischen Kategorien wie (trifft voll zu) und (trifft überhaupt nicht zu) wählen können. Es schien mir etwas so, als sei dies in anderen Ländern das Non-Plus-Ultra und voll in Mode. Ich persönlich halte davon nicht viel und finde diese Methoden zum Reflektieren für Schülerinnen und Schüler in der Primarstufe ohnehin unangebracht und selbst für die Sekundarstufe I noch nicht vollumfänglich nutzbar. Ich persönlich empfehle hier lieber die Feedback-Methodenbar der Uni Duisburg, mit der ich seit Jahren bereits arbeite.

Der große zweite Gesprächsblog befasste sich mehr mit dem WAS als mit dem WIE. Was genau lassen wir eigentlich bewerten, bzw. WEN und ergänzend WER bewertet überhaupt. Es lassen sich nämlich verschiedene Richtungen ausmachen: Schülerinnen und Schüler bewerten sich selbst, Schülerinnen und Schüler bewerten sich gegenseitig, Schülerinnen und Schüler bewerten die Lehrkräfte, Lehrkräfte bewerten Schülerinnen und Schüler usw. Tatsächlich ist dies für mich natürlich verständlich und sogar bekannt, da ich selbst Lehramt studiert habe. In der Arbeit an der Volkshochschule ist dies aber generell so gut wie nicht relevant. An der VHS sind höchstens Kursbewertungen oder Feedbacks zum Unterricht machbar. In der Regel bewerten wir die Leistungen von Teilnehmerinnen und Teilnehmern nicht. Deutsch- und Integrationskurse mögen hier teilweise eine Ausnahme darstellen.

 

Feedback-Methodenbar der Uni Duisburg: https://www.uni-due.de/imperia/md/content/zfh/feedbackmethodenbar_2012.pdf

Samstag, 17.10.2020

Eigentlich hatte die Schule Ausflüge angeboten, tatsächlich sollte aber nur einer stattfinden, aufgrund mangelnder Teilnehmerzahlen. Ich kenne den Ausflug nach Siena schon vom letzten Jahr. Touria möchte sich in einem Reisebus nicht Corona aussetzen.

Stattdessen mieten wir ein Auto und erkunden Lucca, Pisa, Volterra und San Gimignano – ein wunderbarer Tag. Und der Beginn einer neuen Freundschaft.

Malta: Diversity in Education. Developing intercultural and communications skills

Von R.S.

Sonntag, den 12.07.2020, Anreise

Reisen ist wundervoll…und manchmal nichts für Menschen mit schwachen Nerven! Als Bestätigung dieser These startet meine Reise nach Malta sehr kurios.

Ich habe mich für den Kurs „Diversity in Education. Developing intercultural and communications skills“ bei ETI Malta angemeldet und er sollte am Montag, den 13.07.2020 beginnen. Ich hatte für den Sonntag davor einen Flug von Hamburg nach Malta gebucht, und in den Monaten der COVID-Pandemie fast täglich gebangt und überlegt, ob alles wie geplant stattfinden kann. Anfang Juli wurden die Reisewarnungen für die EU-Länder aufgehoben, die Maßnahmen für die Eindämmung der Pandemie lockerten sich. Als mir ETI Malta die Veranstaltung endgültig bestätigte, war die Vorfreude groß!

Nun saß ich also am Samstag, den 11. Juli, einen Tag vor dem Abflug, an meinem Laptop und wollte nur noch das Check-in erledigen:  alle Unterlagen sind sorgfältig in der Tasche einsortiert, der gepackte Koffer steht im Flur. Plötzlich leuchtet der Bildschirm rot auf – der Flug ist storniert worden! Ich kann es nicht fassen, denn ich habe keinerlei Informationen darüber bekommen – weder von dem Ticket-Anbieter, noch von der Fluggesellschaft. Und jetzt? Mir wird klar, dass ich absolut keine Zeit habe mich aufzuregen und verschiebe das für später, denn jetzt brauche ich zuerst eine Lösung.

Und ich muss eine Entscheidung treffen. Alle anderen Gedanken, etwa an Kostenerstattungen, schriftliche Beschwerden oder plausible Erklärungen für die fehlenden Informationen über den stornierten Flug sind ganz weit nach hinten in meinem Kopf verstaut und warten auf ihre Zeit.

So viele Monate voller Unsicherheit, dann endlich läuft alles einigermaßen normal, und nun soll das Ganze an dem stornierten Flug scheitern? Ich möchte nichts unversucht lassen und stöbere durch das Internet nach einer Alternative. Dann finde ich sie! Es gibt ebenfalls am Sonntagabend einen direkten Flug von Berlin nach Malta, der mir glücklicherweise in jeder Hinsicht passt. Ich wäre allerdings sehr spät da, und am Montagmorgen soll mein Kurs starten- aber das ist okay für mich.

Ich kontrolliere mehrfach – ja, der Flug wird als planmäßig und pünktlich angezeigt. Ich buche also schnell einen neuen Hin – und Rückflug und mache mich am nächsten Tag rechtzeitig auf den Weg nach Berlin. Am Flughafen Berlin-Tegel ist alles wie immer. Selbstverständlich gibt es wegen der COVID-Pandemie Maskenpflicht und Distanzregelung, aber sonst geht alles relativ zügig. Ab ins Flugzeug.

Nach einem sehr schönen und harmonischen Flug lande ich um 23.40 Uhr planmäßig in Malta. Von nun an geht’s Ruck-Zuck: mein Gepäck ist als erstes bei der Gepäckausgabe verfügbar, mein Fahrer wartet direkt am Ausgang, die Fahrt bis zum Hotel dauert 10 Minuten, das Einchecken ist problemlos – und endlich bin ich in meinem Hotelzimmer. Erst beim Einschlafen fällt mir ein, dass ich meine Mobilität um ein Haar verpasst hätte. Tja, nun! – sagen wir in Norddeutschland…nun bin ich aber da!

 

Montag, den 13.07.2020, 1. Tag

Ich bin schon um 6 Uhr hellwach. Mein Hotelzimmer ist gemütlich und ich fühle mich nach den Strapazen des turbulenten Wochenendes gut ausgeruht. Das Frühstück im Hotel wird am Tisch serviert, man wählt vorab seine Speisen und sie werden immer wieder vom Personal nachgereicht. Alle Hotelmitarbeiter tragen Masken, bei den Gästen wird dies etwas lockerer gesehen.

Und letztendlich ist das Frühstücken mit einer Maske im Gesicht nicht gerade sättigend! Ich mache mich nach dem Frühstück auf den Weg zu dem nahe gelegenen felsigen Strand- ich kenne ihn vom letzten Jahr, denn ich hatte bereits im Jahr 2019 im Rahmen eines Erasmus-Plus -Projekts einen wunderbaren Kurs über Digitalisierung bei ETI-Malta besucht. Die Insel wirkt auf mich in diesem Jahr allerdings leerer und ruhiger.

Die Corona-Pandemie hat auch hier ihre Spuren hinterlassen, und man merkt, dass der Tourismus gerade erst wieder zum Leben erwacht. Das empfinde ich aber als wirklich angenehm, denn die Insel ist nicht nur weniger überfüllt, sie ist auch deutlich sauberer und leiser. Ich bin um 8.30 Uhr schon in dem ESE-Gebäude, in dem mein Kurs stattfinden wird- mein Hotel ist gleich drei Eingänge weiter und das ist sehr entspannt, so brauche ich mich überhaupt nicht zu beeilen.

An der Tür bei ETI-Malta empfängt mich eine sehr freundliche Dame, die direkt am Eingang meine Körpertemperatur per Infrarot- Thermometer checkt. Das Gerät piept zustimmend, ich darf passieren! Es ist jetzt schon 26 Grad und ich setze mich auf der Terrasse, während ich darauf warte, dass man mich für den Kursbeginn aufruft.

Die Direktorin Sandra Montalto ist pünktlich um 9 Uhr da und teilt uns auf.  Die Gruppen sind klein, bei zwei der Seminare ist sogar nur jeweils eine Person angemeldet! Gedanklich vergleiche ich es mit dem Ansturm vom letzten Jahr- damals gab es allein zu meinem Kursthema drei parallellaufende Kurse, mit einer Teilnehmeranzahl von jeweils 13 bis 15 Personen. An dieser Stelle muss ich bemerken, dass ETI-Malta anscheinend keine Kurse wegen geringer Teilnehmeranzahl absagt. Respekt! Das machen wir in Deutschland oft anders.

Ich werde ganz zum Schluss zusammen mit einer anderen Teilnehmerin zu der Dozentin Judie Ibottsen eingeteilt. Ja, wir sind auch nur zu zweit! Meine Mitstreiterin entpuppt sich als Englisch-Dozentin an einer bayerischen Volkshochschule, sie arbeitet aber auch im Kindergarten. Ihr Name ist Tanja, sie ist sehr aufgeschlossen und scheint sich ebenfalls richtig auf den Kurs zu freuen. Die Vorstellungsrunde ist kreativ.

Judie hat ihren Namen in der Mitte der Tafel aufgeschrieben und hat einige Denkblasen um den Namen herum positioniert. Wir sollen erraten, in welchem Zusammenhang die dort aufgezählten Begriffe, Namen und Zahlen zu ihr stehen. So erfahren wir mehr über sie und die Stimmung ist gleichzeitig witzig und locker geworden. Judie ist eine gebürtige Britin. Wir erfahren, dass sie zwei erwachsene Kinder und auch zwei Hunde hat, seit 2003 sich dem Unterrichten endgültig gewidmet hat, obwohl sie jahrelang in einer Bank gearbeitet hatte, und sehr gern die belgischen Pralinen Leonidas mag. (Dass es eine Sorte Schokolade geben soll, die ich nicht kenne ist aber auch eine Überraschung! 😊)

Tanja und ich versuchen auch, uns auf dieser Art und Weise vorzustellen, in dem wir gegenseitig versuchen, etwas über die andere Person zu erraten. So eingeleitet springen wichtigen Themen von allein in den Vordergrund: familiäre Verhältnisse, Ethnizität, Werte, Rituale und Glauben, regionale Besonderheiten. Tanja und ich haben vollkommen unterschiedliche persönliche Hintergründe, dennoch sind wir uns in sehr vielen Dinge ähnlich, zum Beispiel die Denkweise und das innere Wertesystem.  Wir leben beide in Deutschland und sind beide durch dieses Land geprägt, dennoch bin ich in einem anderen Land aufgewachsen und selbst unsere Wohngebiete in Deutschland könnten kaum unterschiedlicher sein.

Viele individuelle persönliche Prägungen sind an der Oberfläche nicht zu erkennen, spielen jedoch eine große Rolle in jedem Lebensbereich. Wer mit Menschen arbeitet, muss das unbedingt wissen und richtig einschätzen und einordnen lernen. Judie vergleicht die menschlichen Eigenschaften einer Person mit einem Eisberg.

Man sieht immer nur einen kleinen Teil jedes Eisbergs an der Wasseroberfläche. Ganz egal wie riesig er erscheint, es sind immer nur 10-15 % seiner tatsächlichen Größe, die man sehen kann- denn der wesentliche Teil bleibt unter Wasser. Ähnlich verhält es sich mit den Menschen und ihrem Inneren. Aus den Teilen tief unter der Oberfläche entsteht die Individualität, und daraus die Diversität. Dabei kann sie mehrere Schichten bilden und von mehreren Faktoren abhängig sein, nicht nur vom Alter, Herkunft, Religion und Sprache, sondern auch von den eigenen Erfahrungen, persönlichen Eigenschaften und gelernten Umgangsformen.

Judie macht mit uns mehreren Übungen, die uns die Möglichkeit geben, über die Tiefe der Diversität nachzudenken und uns auszutauschen. So müssen wir zum Beispiel unsere Arbeitsplätze vergleichen und darüber diskutieren. Wir müssen genau über geschlechtliche Diversität nachdenken, über die Diversität der Ethnien und bei unseren Berufen. Besonders interessant finde ich die Übung, bei der wir uns unterschiedliche Charaktereigenschaften anschauen müssen und überlegen sollen, welche von Ihnen genau zu der eigenen Nation passen. Tanja wählt für die Deutschen „reserviert“, „hart-arbeitend“ und „pünktlich“. Damit wir Vergleichsbasis haben beziehe ich meine Überlegungen auf meine bulgarische Herkunft. Ich wähle „warmherzig“, „stolz“ und „lösungsorientiert“.

Wir suchen positive und negative Auswirkungen dieser Eigenschaften, denn es ist bei weitem nicht alles Gold, was glänzt! Wir versuchen festzustellen, ob die „bulgarische Eigenschaften“ sich auch auf die Deutschen beziehen können und andersrum. Aber ganz abgesehen von dem Scherz, das persönliche Eigenschaften-Set zu erweitern macht Menschen einzigartig und bedeutet inneres Wachstum. Darum ist Diversität auch eine Bereicherung.

Als Zusammenfassung des Tages vermerken wir, dass es für die Diversität und die interkulturellen Kompetenzen drei wichtige Hauptfaktoren gibt: Knowledge, Skills, Mindset/Attitudes. Mit der Ankündigung, dass wir am nächsten Tag dies aufgreifen werden und unser Fokus auf Diversität bei Migranten richten werden verabschiedet sich Judie von uns und somit endet der erste sehr spannende Tag meines Seminars.

Um 14.30 Uhr wartet am Ausgang von ETI-Malta dessen Mitarbeiter Gilbert. Er macht mit uns eine Tour durch San Gijlian und zeigt uns die wichtigsten Orte, Restaurants, Geschäfte und Freizeitmöglichkeiten, die das kleine Städtchen zu bieten hat. Und ich dachte, ich würde vom letzten Jahr alles in San Gjilian kennen- Gilbert zeigt mir einiges, das mir nicht aufgefallen war! Unter den heißen Sonnenstrahlen bei 32 Grad laufen wir über eine Stunde, bevor ich mich zum Hotel begebe. Ich ruhe mich aus bis zu den Abendstunden und gehe danach noch einmal in dem warmen Sommerabend hinaus Richtung Silema, um ein paar tolle Fotos zu machen und etwas zu essen. Es ist sehr spät, als ich zurück ins Hotel kehre. Ich bin gespannt auf den zweiten Tag!

 

Dienstag, den 14.07.2020, 2. Tag

Der zweite Tag auf Malta beginnt mit einem guten Kaffee und einer ordentlichen Portion Sonne. Bei ETI – Malta fühlt es sich für mich inzwischen total vertraut an. Das Gefühl verstärkt sich, als ich vor der Tür des Gebäudes Valerie treffe – meine Dozentin vom letzten Jahr. Ich grüße sie und frage sie, ob sie sich an mich erinnert. Valerie überlegt kurz und gibt zu, dass ihr mein Gesicht sehr bekannt vorkommt, sich jedoch nicht an meinem Namen erinnert. Als ich ihr aber verrate woher wir uns kennen reagiert sie sofort: „Yes, of course – you are from Germany!“ Also doch! Wir reden ein paar Minuten miteinander und sie wünscht mir viel Spaß in meinem neuen Kurs. „Dann ist ETI schon ein wenig wie eine Familie für dich!“, sagt sie herzlich zum Schluss. Mir wird warm ums Herz und ich eile zum Seminarraum mit einem Lächeln.

Judie empfängt uns gleich mit einem Match. Sie hat an dem interaktiven Screen einige Begriffe aufgeschrieben: Internely displaced persons, Asylum Seekers, illegal Immigrants and Migrants. Auf der anderen Seite steht das Wort „Refugees“.  Wir müssen uns überlegen was genau diese Gruppen von Menschen lernen müssen, um in einem fremden Land bleiben zu können. Integration hat mehrere Formen, und alle davon werden gebraucht.

Was ist also wichtig, um in einem fremden Land ein Leben aufzubauen und einen Neubeginn zu meistern? Die Sprache erlernen, die Regeln und Gesetze folgen und beachten, die Sitten und die Kultur kennen lernen und akzeptieren, die geographische und politische Merkmale des neuen Landes merken…

Es sind die gleichen Dinge, die jeder zum Überleben braucht, wenn er seine Heimat verlässt- und es ist dabei wirklich egal zu welcher Gruppe er gehört. Es ist auch vollkommen gleich aus welchem Land er gekommen ist. So stehen also alle fremden Menschen vor den gleichen Problemen im neuen Land. Und sie bedürfen eine Lösung, die bei jeder Person vollkommen anders ausfallen kann.

Wir bekommen eine Liste mit verschiedenen Lösungen für Probleme, die bei der Integration entstehen können. Unsere Aufgabe ist, von diesen insgesamt 18 Lösungen welche auszusuchen, die in der eigenen Institution und an der eigenen Arbeitsstelle Priorität haben. Zum Schluss sollen wir unsere Lösungen vergleichen, und sollten diese voneinander abweichen, so müssen wir darüber diskutieren und ein Kompromiss finden.

Natürlich weichen sie voneinander ab- nämlich alle! Es ist auch logisch, schon allein deshalb, weil Tanja unterrichtet und ich in dem administrativen Bereich tätig bin. Sie richtet ihren Fokus auf ganz andere Dinge. Wir haben die Möglichkeit unsere Aufgabenbereiche besser kennen zu lernen und erklären uns gegenseitig die Schwerpunkte unserer Tätigkeiten.

Die Arbeit mit Migranten und Flüchtlingen ist sehr vielfältig und erfordert besondere Kenntnisse- sowohl bei den Lehrern als auch bei den Personen, die sie bürokratisch unterstützen. Diese Kenntnisse wachsen und verändern sich mit der gesammelten Erfahrung, sie verändern auch die Sichtweise der Mitarbeiter zu einem großen Teil. Somit kehren wir wieder zu den drei wichtigsten interkulturellen Kompetenzen: Knowledge, Skills, Mindset.

Danach konzentrieren wir uns auf die Arbeit mit Flüchtlingen. Unter all den Migranten sind sie diese Gruppe von Menschen, die eine besondere Betreuung brauchen. Wir schauen uns ein Video über einige Fakten und Zahlen über Flüchtlinge an. 52% der Flüchtlinge sind Kinder. Dabei versteht sich- unter 18 Jahre alt. 360.000 davon sind über den offenen Ozean angekommen. Lediglich 3 % sind zurück in ihren Ländern gekehrt. Es gibt auch noch weitere Statistiken, und Tanja und ich überlegen gemeinsam was diese Zahlen aussagen.

Wir zählen außerdem die häufigsten Probleme auf, die sich bei den Geflüchteten bemerkbar machen:

Zum Schluss überlegen Tanja und ich welche Themen wir für unsere Präsentationen nehmen wollen- denn am Freitag sollen wir uns gegenseitig präsentieren, was wir für unsere Aufgabenbereiche von diesem Kurs mitnehmen wollen. Wir verabschieden uns von Judie und laufen schnell zum Eingang des Gebäudes, denn heute ist gleich um 14.30 Uhr die geführte Tour nach Valletta geplant.

Es sind inzwischen 33 Grad und wir begeben uns in Valletta auf der Suche nach den besten Sehenswürdigkeiten. Mario führt uns heute–  auch ihn kenne ich noch vom letzten Jahr. Freundlich, humorvoll und kompetent. Bei der glühenden Hitze führt er uns durch die Stadt und erzählt uns Wissenswertes über Malta und die Geschichte der Insel. Auch wenn ich die Tour schon kenne, ist sie immer noch interessant und informativ für mich. Nach der Führung bleibe ich noch in Valletta zum Abendessen und auch um einige wunderschöne Bilder zu schießen. Diese Stadt hat so viel zu bieten, sodass ich wieder einmal die Zeit vergesse und spät ins Hotel zurückkehre.

 

Mittwoch, den 15.07.2020, 3. Tag

Es ist schon Mittwoch, und ich bin auf den heutigen Kurstag sehr gespannt. Der Kurstag heute ist sehr gedankenintensiv und beinhaltet viele Diskussionen. Anhand von mehreren Beispielen, Bildern und Videos gehen wir immer tiefer in die Schichten der Diversität hinein. Mir wird bewusst wie vielfältig eigentlich dieses Thema ist.

Es beinhaltet nicht nur Migranten und Flüchtlinge, es betrifft auch alle Menschen, die durch etwas „anders“ sind, besondere Bedürfnisse haben oder sich durch ihre Weltanschauung von den Massen unterscheiden. Für all diese Menschen gilt es als erstes ihre Diversität zu erkennen und zu verstehen, denn nur dann kann man auch den richtigen Weg finden, um sie zu beschulen und ihnen zu helfen.

Diversität stößt nämlich in den seltenen Fällen auf Akzeptanz und richtige Förderung. Meistens wird einfach Anpassung verlangt. Diese ist aber nicht allen Menschen einfach so möglich. Wer noch nie in seiner Heimat Buchstaben gelernt hat, braucht Zeit und besondere Hilfe, um es zu lernen. Wer unter Dyskalkulie leidet, kann nicht einfach Mathe auswendig lernen. Dies erscheint logisch, in der Praxis wird es aber sehr schnell vergessen und sogar belächelt. An dieser Stelle zeigt uns Judie ein Bild.

Es ist eigentlich eine bekannte Anekdote:

Sofort wird es klar, worum es hier geht. Jeder Mensch hat unterschiedliche Stärken und Schwächen. Nicht jeder startet ins Leben mit dem gleichen Set an persönlichen Eigenschaften und Fähigkeiten, und schon gar nicht unter denselben Bedingungen. Somit kann man auch nicht das gleiche von jedem erwarten und ihn mit dem Rest einer Gruppe vergleichen. Und dies muss jedem klar sein, der in dem Bildungsbereich arbeitet. Ob in einer Geschäftsstelle bei der Einteilung und die Betreuung in den Kursen, oder als Dozent bei dem Unterrichten: man muss genau beobachten und erkennen können, ob jemand „anders“ ist- um ihm dann die richtige Hilfe anzubieten.

Damit wir ein praktisches Beispiel haben, wie es diesen Menschen ergeht, macht Judie mit uns eine kleine Übung. Tanja und ich schreiben beide mit der rechten Hand. Judie bittet uns darum, dass wir die Stifte mit der linken Hand nehmen und das aufschreiben, was sie uns diktiert. Während des Diktats gibt sie uns nebenbei andere kurze Anweisungen. Tanja und ich schaffen es kaum, 2-3 Wörter aufzuschreiben.

Man kann unser Buchstaben-Kauderwelsch nicht einmal mit viel Fantasie entziffern. Wir haben auch keine Ahnung, welche Anweisungen uns während des Diktats gegeben wurden. Wir waren so konzentriert darin etwas aufzuschreiben, dass wir uns weder die Sätze zu Ende merken konnten, die man uns diktierte, noch Acht auf die Anweisungen geben konnten.

Das Gefühl, das man dabei empfindet, wenn man gezwungen ist zuzugeben, dass man etwas nicht erledigt hat, weil man es schlicht und einfach nicht kann, ähnelt sehr physischen Bauchschmerzen. Nicht jeder ist in der Lage damit umzugehen. Manche werden aggressiv oder depressiv, demotiviert, oder verweigern das Lernen.

Meine Kurskollegin Tanja und ich vertiefen uns in der Diskussion, geleitet und angeregt von den Fragen unserer Dozentin. Judie passt sehr genau auf, und greift geschickt immer an der richtigen Stelle ein, um noch eine und noch eine Gedankenprovokation in den Raum einzuwerfen. So kommen Tanja und ich wie ganz von allein zu Schlussfolgerungen und Ideen, die unsere Diskussionen abrunden. „Aber so viel Rücksicht bringt die Welt doch niemals auf, irgendwie müssen auch Menschen, die sich von den anderen durch etwas unterscheiden auch allein vorankommen!“

Judie nimmt diesen Satz von Tanja auf und geht zu dem nächsten wichtigen Punkt der Diversität. Jeder Mensch lernt anders. Manche bevorzugen die Dinge zu sehen und speichern sie sofort in ihrem Kopf. Andere haben ein gutes Audiogedächtnis und merken sich Erzählungen besser als gelesene Texte. Manch andere lernen am besten durch Prozesse, bei denen man mit den Händen arbeiten muss. Heutzutage spricht man von unterschiedlichen Arten der menschlichen Intelligenz.

Logisch-mathematische Intelligenz

Sprachliche Intelligenz

Räumliche Intelligenz.

Musikalische Intelligenz

Kinästhetisch-körperliche Intelligenz

Intrapersonale Intelligenz

Zwischenmenschliche Intelligenz

Naturalistische Intelligenz.

 

Der Mensch hat sich daran gewöhnt sich intuitiv anders zu helfen und diese Eigenschaften zu nutzen, die stark ausgeprägt sind, um die schwächeren zu kompensieren. Wenn ich etwas nicht lesen kann, frage ich- um es zu hören. Wenn ich das Gehörte nicht sofort verstehe, hilft mir ein praktisches Beispiel. Wenn mein Vorstellungsvermögen nicht ausreicht, so verpacke ich es in einer Formel und rechne es heraus wie 2+2…

In jedem Fall geht der Weg über das eigene Kennenlernen, Akzeptieren und Erweitern. Und zwar bei jeder Seite: bei den Personen mit besonderen Bedürfnissen und bei den Menschen, die mit ihnen arbeiten. Am Ende sagt Judie etwas dazu, das ich seit längerem denke und schon mehrfach drüber selbst diskutiert habe: es ist nicht die Integration allein, die dringend notwendig ist. Es ist die Inklusion, die gebraucht wird. Dass jemand sich integriert, bedeutet sich an etwas anzupassen, und zwar so wie es ist.

Einen Menschen in einer Gesellschaft zu inkludieren wäre aber der entgegenkommende Schritt: diesem Menschen die Möglichkeit zu geben ein Teil der Gesellschaft zu sein und ihn mit einzubeziehen; nicht nur seine Integration zu verlangen, sondern im Gegenzug seine Besonderheiten zu akzeptieren und ihn mit ihnen ein Teil der Gesellschaft sein zu lassen.

Und das ist es- irgendwie fehlt mir die Inklusion an allen Stellen. Denn wenn wir darauf bestehen, dass wir als Mehrheit nichts tun brauchen, und nur die einzelnen sich bemühen müssen, um zu uns zu gehören- dann sind wir eine Gesellschaft, die Diversität in allen ihrer Formen ausgrenzt, anstatt uns durch diese selbst zu entwickeln!

Unser Kurstag endet mit einer kleinen Übung, bei der wir selbst für uns herausfinden sollen, welche Art von Intelligenz bei uns am stärksten ausgeprägt ist. Natürlich bin ich rundum intelligent, was ist das bitte für eine Übung!? Ah, Moment, so genau gesehen sollte ich ein paar Abstriche für meine manchmal etwas fragwürdige Grobmotorik einplanen… Oh, und ich liebe die Natur, aber ich brauche einen geschützten Raum, um mich zum Arbeiten und Lernen zu konzentrieren, ohne Geräusche, nicht einmal die der Natur! Und, ah ja – wenn ich es genau überlege, zusammen mit anderen Menschen in einem Raum kann ich doch überhaupt nicht lernen…

Diversität erfordert Ehrlichkeit zu sich selbst. Bedingungslos. Und die Konfrontation mit seinen eigenen Fähigkeiten, aber auch Schwächen, ist immer ein längerer Prozess.

Der Kurstag vergeht wie im Flug. Tanja und ich wollten schon gestern die bedeutende St. John’s Co-Cathedral in Valletta sehen, sie war aber geschlossen. Heute haben wir uns extra ein Taxi organisiert, das pünktlich nach dem Unterricht auf uns wartet. Wie konnte ich im letzten Jahr diese Kathedrale bei meiner „Sehenswürdigkeiten-Jagd“ überspringen? Ich bin sehr froh, dass ich sie dieses Mal sehe. Ein gewaltiges Bauwerk, und zwar nicht nur deshalb, weil Carravagio höchstpersönlich sein einziges signiertes Meisterwerk an der Wand gezaubert hat! Die ganze Kathedrale ist unglaublich reich verziert und bemalt, so dass man beim Betrachten sogar zu atmen vergisst.

Ich nehme mir richtig Zeit, um mir alle Details anzusehen. Und da ich schon seit Montag ständig bis spät in der Nacht unterwegs bin, und morgen die Tour nach M’dina geplant ist, entscheide ich mich für den heutigen späten Nachmittag bzw. frühen Abend einfach am Strand und im Meer zu entspannen. Später am Abend arbeite ich an meiner Präsentation- und hoffe, dass der vierte Kurstag mir noch mehr Input dafür geben kann.

 

Malta, den 16.07.202, Tag 4

Ich wache auf und muss überraschend feststellen, dass es schon Donnerstag ist. Ich habe nicht gemerkt, wie die Zeit vergangen ist – der Kurs ist äußerst interessant und absolut nach meinem Geschmack. Um kurz vor 9. 00 Uhr stehe ich schon an der Tür unseres Seminarraums. Es wundert mich nicht, dass der interaktive Bildschirm schon eingeschaltet ist und die Unterlagen auf dem Tisch liegen- die Dozenten der ETI-Malta sind immer vor den Teilnehmern da und haben alles Wichtige vorab erledigt, um Zeit zu sparen.

Judie startet unseren Unterricht mit einem Songtext. Ich kenne den Song nicht, aber für mich ist der Text die Botschaft einer Person, die sich danach sehnt, etwas mehr Ruhe und Zeit allein für sich zu haben. Das erinnert uns daran, dass menschliche Bedürfnisse oft unterschätzt werden, auch die eigenen.

Das Gefühl, Zeit allein für sich zu benötigen und niemanden in solchen Momenten an sich ran zu lassen ist auch eine besondere Form der Diversität. Hier besteht die Inklusion darin, die Menschen so in einer Gruppe zu lassen, wie sie sind- eben mit dem Bedürfnis etwas auf Distanz zu blieben.

Es geht um das Einhalten der Distanz, die Menschen manchmal mit Absicht aufbauen. Die gestellten Grenzen sollten erkannt und diese vorerst nicht überquert werden. Auch in der Bildung, oder besonders darin, werden solche Grenzen manchmal nicht erkannt. Es hilft niemandem, wenn man mit aller Kraft und über den Wunsch der Schüler hinaus versucht, ihm vermeintlich „zu seinem Besten“ in einer Gesellschaft zu integrieren.

Schüler oder Kursteilnehmer mit auffälligem Verhalten, oder einfach Menschen aus anderen Kulturen gehen manchmal ihre eigenen Wege und selbst bei einem Hilfeversuch blocken sie ab und bleiben unnahbar. Die Akzeptanz und der Respekt vor den gestellten Grenzen, selbst dann, wenn der Lehrer oder der Dozent zum Rest der Gruppe ein enges Verhältnis aufgebaut hat, stehen hier an erster Stelle.

Aus diesem Anlass heraus zeigt uns Judie die Seite des SEMPRE-Projekts der Universität in Latvia. SEMPRE ist ein Projekt, das Menschen mit besonderen Bedürfnissen unterstützt und ihnen unter anderem auch die Möglichkeit gibt, sich in bestimmten Fakultäten einzuschreiben, wo das Lernen so aufgebaut ist, dass sie zum einen genug in sozialen Projekten involviert sind, aber gleichzeitig auch „ihre Ruhe“ haben können.

Weiter unten auf der Seite des SEMPRE-Projekts sehe ich, dass sie in Europa mehrere lokale Netzwerke haben, einige davon in Deutschland. Ich lese da Nordfriesland, Plön, und – wie jetzt, Dithmarschen? Das ist ja wirklich bei uns in Tornesch „um die Ecke!“ So ein wenig stolz bin ich schon, dass wir in Schleswig-Holstein uns mit diesem Projekt so aktiv befassen und es unterstützen!

Weniger stolz bin ich eigentlich darauf, dass ich es nicht wusste. Es ist aber eine gute Information, denn ich kann mir gut vorstellen, dass auch Teilnehmer unserer Volkshochschule davon profitieren können, sobald sie etwas besser mit der deutschen Sprache fortgeschritten sind.

Flüchtig gesehen stelle ich fest, dass in Dithmarschen viele Möglichkeiten für Menschen mit Belastungen bietet, und anscheinend nicht nur ihnen. Ich mache mir die Notiz, mir das zu Hause in Ruhe mal genauer anzusehen und festzustellen, was genau dort gemacht wird. Tolle Sache!

Wir unterhalten uns kurz über die Körpersprache der Menschen und die Fähigkeiten, ihre Signale richtig zu lesen. Die Körpersprache kann Dozenten und Lehrern helfen das Verhalten ihrer Schüler besser zu verstehen. Grundsätzlich sind hier die Kompetenzen der Dozenten nicht nur in ihrem Fach angesprochen, sondern ihre pädagogischen und menschlichen Skills.

Wir machen einige Übungen, die uns erlauben, Signale zu deuten und mit den damit gesendeten Botschaften umzugehen. Dabei geht es nicht nur darum, auf die Teilnehmer eines Kurses richtig einzugehen, sondern auch als Dozent seine eigenen Grenzen zu setzen, denn während des Unterrichtens ist ein Dozent an vielen Stellen gefordert und muss verschiedene Situationen meistern.

Der Sinn für die Körpersprache und die durch sie gesendeten Signale zu entwickeln hilft auch dem Dozenten sich in bestimmten Situationen besser einzufinden, Teilnehmer zu unterstützen und dabei selbst den richtigen Weg aus diesen Situationen zu finden.

Das erleichtert das Unterrichten mit Sicherheit, aber auch im Büro, bei dem Umgang mit neuen Menschen aus unterschiedlichen Kulturen, kann mir das eine große Hilfe sein, mehr Acht darauf zu geben. Denn, egal woher die Leute kommen, eine Sprache sprechen wir alle gemeinsam- diese des Körpers und seiner Haltung. Wir konzentrieren uns weiterhin auf dieses Thema, machen schriftliche Übungen darüber und diskutieren. Tanja erzählt einige Erfahrungen aus der eigenen Praxis als Lehrerin.

Am Nachmittag arbeiten wir ein wenig an unserer Präsentation. Judie hilft uns manchmal und gibt uns auch die Möglichkeit, ihr Fragen zu stellen. Sie ist eine sehr aufmerksame Zuhörerin.

Nach dem Unterricht geht’s direkt weiter mit der Tour nach M’dina. Obwohl mir auch diese Tour schon bekannt ist, ist M’dina immer wieder sehenswert. Ich erinnere mich daran, dass ich schon im letzten Jahr so fasziniert von der „Stillen Stadt“ war, dass ich am nächsten Tag direkt nach der Führung noch einmal dorthin gefahren war. Man hat dort wirklich das Gefühl, dass die Zeit stehen geblieben ist. Die Gassen sind fast leer, bis auf unsere Gruppe. Nur hinter den halb geöffneten, schweren, wunderschönen Holztüren der sandfarbenen Gebäude sieht man hier und da, dass irgendwo noch Leben ist. Es ist faszinierend, da es auf mich wie eine in einer anderen Dimension versteckte Welt erscheint.

Wir beenden unsere Tour in dem tollen Café „Fontanelle“, in dem es einen großen Stück Kuchen und einen Mokka-Kaffee für mich gibt. Wir kehren am frühen Abend zurück nach San Gjilian, und später mache ich noch einen Ausflug nach Silema, um etwas bei den tollen, dicht bewachsen mit blühenden Oleandern Buchten spazieren zu gehen und zu entspannen. Morgen wird eine Präsentation gehalten- da bin ich sogar fast schon aufgeregt!

 

Malta, den 17.07.2020, Tag 5.

Der letzte Kurstag in Malta startet früh- ich möchte mir schnell noch die Präsentation ein letztes Mal angucken. Außerdem hatten wir noch eine kleine Hausaufgabe von Judie bekommen, die ich genau wie in den Schulzeiten absolut stressfrei in dem allerletzten Moment noch erledige 😊. Um 9 Uhr geht’s schon rüber zu ETI-Malta, und Judie erwartet uns in dem Raum.

Sie gibt uns die Möglichkeit noch ein wenig an den Präsentationen zu arbeiten und erzählt uns von dem neuen Kurs, der bei ETI angeboten wird: Discover Malta. Es ist ein zweiwöchiger Kurs, der zum einen zur Übung der englischen Sprache dient, zum anderen aber Malta sehr intensiv kulturell, geschichtlich und kulinarisch präsentiert und den Menschen nahebringt. Tolle Sache, das behalte ich mal im Hinterkopf!

Dann kommt die Zeit, dass Tanja und ich unsere Präsentationen zeigen. Ich darf starten und erzähle zuerst Tanja und Judie wer wir in Tornesch sind und was wir genau machen. Selbstverständlich zeige ich auch den kleinen Image-Film über die Volkshochschule Tornesch-Uetersen, den wir vor zwei Jahren zu unserem Jubiläum haben drehen lassen.

Judie und Tanja gefällt er sehr gut, sie äußern ihre Begeisterung über die gewählten Szenen und die dazu passende Musik. Beide stellen viele Fragen zu unseren Kursen und sind sehr überrascht, dass in so einem kleinen Ort wie Tornesch (ich hatte es auf der Karte gezeigt- zentral in den Feldern gelegen, mit Hamburg als Vorort😊) ein so vielfältiges Kursangebot entstanden ist und dieses auch angenommen wird. Knapp 2500 Kilometer von zu Hause fühle ich mich ganz schön stolz auf unsere kleine, aber moderne, innovative und bunte Volkshochschule!

Danach präsentiere ich das von mir ausgesuchte Thema des Kurses. Aus meiner Sicht ist es eindeutig der Unterschied zwischen Integration und Inklusion, und meiner Meinung nach dürfen diese zwei Begriffe nicht getrennt werden, denn ohne den anderen kann keiner der beiden wirklich funktionieren. Man sollte sie also wie ein Paar Schuhe betrachten- man kommt nicht weiter nur mit einem davon!

In meiner Präsentation bin ich auf die Unterschiede zwischen Gleichheit und Gerechtigkeit (equality and equity) eingegangen und warum die individuelle Unterstützung von Teilnehmern unter Beachtung der persönlichen Eigenschaften, familiären Gegebenheiten und den eigenen Zielen deutlich mehr Sinn macht.

Dabei ist wichtig, dass die Dozenten Kenntnisse über die Arten von Intelligenz (multiple intelligence) besitzen, damit sie diese dann bei den einzelnen Teilnehmern erkennen und fördern können. Und es ist wichtig, sich diese Zeit zu nehmen, denn diese wird später mit Sicherheit an anderen Stellen im Lernprozess erspart. Auch die interkulturellen Kompetenzen sollen erweitert werden, denn es ist sehr hilfreich zu wissen, wie sich die Kultur der Teilnehmer auf ihre Lernstrategie ausgewirkt hat, was in dieser Kultur üblich ist und welche Begriffe des Lernprozesses bereits bekannt sind.

Man kann sich dann Gedanken um alternative Lernstrategien machen und diese unterstützen, um das Hauptziel zu erreichen: eine gute Beherrschung der deutschen Sprache, die Integration in der deutschen Gesellschaft neben dem Erhalt der eigenen Kultur und die Inklusion durch das eigene neu gebildete Umfeld.

Nach mir ist Tanja dran. Sie hat ein komplett anderes Thema gewählt. So kann man sehen, wie unterschiedlich die Sichtperspektiven der Menschen sind und das ist gut so, denn jeder nimmt für sich das mit, was für seine Arbeit wichtig ist. Für Tanja als Englisch-Dozentin ist sehr wichtig bei den Teilnehmern unterscheiden zu können, welche Hintergründe sie haben, um ihnen das richtige Vokabular bieten zu können.

Sie geht auch auf die Unterschiede zwischen Migranten, Asylanten, Flüchtlinge, Gastarbeiter und deutsche Bürger, die dennoch eine Beschulung in ihrer eigenen, oder einer fremden Sprache brauchen, ein. Ihr ist während des Kurses bewusst geworden, dass selbst bei Menschen mit der gleichen Herkunft es vollkommen unterschiedliche Gründe der Migration geben kann.

Wenn Personen aus einem Land kommen, in dem Krieg herrscht, so nimmt man automatisch an, sie seien nur aufgrund der Gefahr nach Deutschland gekommen, was auch zu einem großen Teil richtig ist. Dennoch ist dies nicht immer der Fall, und die automatische Zuordnung eines Menschen nur aufgrund seiner Herkunft kann oft Schwierigkeiten bereiten, um ihn richtig zu beschulen und um sein Lernziel dabei zu erkennen. Tanja macht uns mit einem konkreten Fall einer jungen Frau aus Äthiopien bekannt.

Ihre Präsentation ist sehr interessant und bietet eine ganz andere Sicht auf das Gelernte in diesem Kurs. Auch eine sehr konkrete und konstruktive Einschätzung der eigenen Kenntnisse und Fähigkeiten hat Tanja von diesem Kurs mitgenommen. Als Dozentin ist es sehr wichtig für sie, sich selbst dabei nicht aus den Augen zu lassen und sich über die eigenen Methoden und Strategien des Unterrichtens bewusst zu sein. Auch wenn ich nicht unterrichte, kann ich mich dem nur anschließen.

Ein so intensiver Kurs über Menschen und ihre Individualitäten soll immer Erkenntnisse auch über einen selbst bringen. Man kann keine neuen Projekte und Prozesse entwickeln, wenn man sich selbst nicht positiv kritisch betrachtet und sich dabei selbst entwickelt. Darüber sind wir uns alle drei einig.

So geht der letzte Tag unseres Kurses zu Ende und Tanja und ich erhalten unsere Zertifikate. Ich muss an dieser Stelle ein großes Lob an ETI-Malta aussprechen. Auch dieses Mal, unter den besonderen Bedingungen der Corona-Pandemie, waren sie bestens organisiert und vorbereitet, aber auch offen für jeden Teilnehmer und immer bestens gelaunt. Jedes Mal, wenn wir etwas gebraucht haben, wurde es mit einem Lächeln erledigt und angeboten. Jedes Mal haben wir uns willkommen und gut betreut gefühlt. Ich muss einfach so direkt sagen- sie sind auf Arbeit mit Menschen ausgerichtet: sie sind flexibel und kundenorientiert, und machen einen wirklich guten Job! Dieses Feedback habe ich ihnen auch sehr gern gegeben!

Am Nachmittag fahre ich zu der Nebeninsel Gozo. Ich erinnere mich noch viel zu gut an den wunderschönen Ort, an dem früher das ins Meer gestürzte Naturphänomen Azure Window stand und will noch einmal dorthin. Die Überfahrt nach Gozo und zurück geht genauso unkompliziert wie im letzten Jahr. Wieder einmal bin ich zutiefst beeindruckt von der einzigartigen Atmosphäre dieses Ortes, er wirkt nach wie vor magisch auf mich.

Dieses Mal halte ich mich länger auf Gozo auf, da ich nun weiß, dass die Fähre zurück zur Hauptinsel bis Mitternacht alle halbe Stunde fährt. Ich schaffe es, mehrere Fotos von Gozo bei Dämmerung zu machen, und genieße die Überfahrt zurück in voller Dunkelheit aufs Meer.

An dem nächsten Tag, den ich mir extra auf Malta eingeplant habe, werde ich noch die Blaue Grotte besuchen, um dort zu schwimmen, sowie einer der Three Cities- Birgu, denn von dort aus hat man mir eine herrliche Aussicht zu Valletta versprochen. Am Sonntag geht es dann zurück nach Deutschland.

Und nun blicke ich zurück auf diese Woche und stelle fest, dass ich auch dieses Mal wirklich großes Glück hatte. Ich hatte wieder einmal eine sehr einfühlsame, kompetente und zugewandte Dozentin mit viel Erfahrung. So fühlte ich mich in diesem Kurs in jeder einzelnen Minute beschäftigt, gefordert, gefördert… willkommen!

Ich hatte auch großes Glück mit Tanja, denn wir haben uns wirklich wunderbar ergänzt, uns gegenseitig immer den richtigen Gedankenanstoß gegeben und noch dazu wahnsinnig viel gelacht und Spaß gehabt. Auch für die Anwendung der englischen Sprache war es perfekt- denn, wenn einer von uns mal das richtige Wörtchen fehlte, so wusste die andere es meistens sofort.

Ja, zugegeben- mir passierte es definitiv öfter als Tanja, aber was für ein großes Privileg ist das, in einem so tiefgründigen und gedankenintensiven Kurs mit einem so speziellen Vokabular eine so kompetente Englisch-Dozentin neben sich zu haben- und dazu noch so offen und lustig!

Dass wir nur zu zweit in diesem Kurs waren, war ebenfalls ein großes Glück- wir hatten unsere Dozentin komplett für uns.  Der Kurs selbst war genau das, was ich in meiner Tätigkeit benötige. Er war wie dafür zugeschnitten und hat mir mehr gegeben, als ich mir erhofft habe. Ich kann nur jedem, der danach fragt, mit gutem Gewissen sagen: mach das bloß!

Es ist immer anders, es ist in jeder Hinsicht ein großes Glück, und es ist gemeinsam für alle, und doch so individuell- weil Diversität der Kern der Welt ist und jeder von uns dazu gehört, wie er ist!

 

 

 

 

 

 

Florenz: Designing inclusive learning environments to support all students

von K. S.

10.-16. Februar 2020

Ankunft: Vom grauen Norden ins Lern- und Lebensparadies

Grau, matschig, nasskalt: Der Februar ist so ziemlich das scheußlichste, was Norddeutschland zu bieten hat. Gut, dass ich weg darf. Eine Woche nach Florenz. Und dabei (wichtig fürs gute Gewissen) auch noch was lernen: 5 Tage an der Lehrerakademie Europass, Thema „Designing inclusive learning environments to support all students“. Etwas sperrig, zugegeben. Es geht darum, für alle Teilnehmer eine Umgebung zu schaffen, in der sie die zu ihnen passenden Räume, Methoden und Möglichkeiten finden, um erfolgreich zu lernen. 5 Tage? Da hänge ich doch gern noch was vorn dran und fahre einen Tag früher los. Oder besser: fast zwei.

Denn aus Gründen des CO2-Fußabdrucks und der Entschleunigung habe ich mich dazu entschieden, die rund 1300 Kilometer per Bahn zu überwinden. Und das dauert eben etwas länger. Wer es zeitlich einrichten kann und bereit ist, eine Übernachtung mehr zu bezahlen (die wird übrigens ebenfalls bezuschusst), sollte sich vor Beginn des Seminars unbedingt auch einen Tag mehr gönnen. Um richtig anzukommen, die Umgebung zu erkunden, vielleicht schon mal den Weg zum Schulungsort abzulaufen.

Genau das tue ich nach meiner Ankunft am Samstagmorgen. Ankommen. Heißt: Per pedes zu meinem Zuhause der nächsten Woche. Am Rande der Altstadt nördlich des Doms. Da bekommt man gleich ein Gefühl für die Stadt. Laut. Schön laut. Menschen reden, mit oder ohne Handy, laufen (weil häufig zu wenig Platz auf den Bürgersteigen ist) auf der Straße. Autos, Busse, Roller, Räder, Fußgänger – alles wird in geschmeidig flexiblem Slalomstil umkurvt. Dazu scheint die Sonne. Ich liebe es! Meine Gastgeberin, entschuldigt sich direkt beim Türöffnen wortreich für ihren Aufzug. „Es ist Wochenende, da bin ich den ganzen Tag im Bademantel.“

Klar. Warum auch nicht? Die Signora lebt allein in ihrer etwas übermöblierten 5-Zimmer-Wohnung. Ich habe ein Zimmer mit Doppelbett und ein Bad für mich allein – und auch fast die ganze Wohnung. Denn Signora geht gern zum Bridge spielen aus. Oder bleibt in ihrem Schlafzimmer und gibt sich via TV und Tablet das volle Nachrichtenprogramm. Ich fühle mich gleich a casa.

Und was nun tun mit so viel Freizeit? Na, zum Beispiel touristische Trampelfade verlassen und durch enge Seitengassen lustwandeln. Hinter jeder Ecke wartet ein neues kleines oder großes Wow-Erlebnis. Und verhungern muss hier auch keiner. Tipp: In der Via dei Servi (geht ab vom Dom Richtung Nordosten) befinden sich viele kleine, bodenständige Restaurants, die italienische Hausmannskost zu fairen Preisen bieten. Auch zu empfehlen ist eine Busfahrt nach Fiesole (Linie 7).

Ein Busticket kostet 1,50 Euro, kann in „Sale & Tabacchi“-Läden oder – so vorhanden – am Automaten gekauft werden und gilt 90 Minuten. In dieser Zeit kann man unbegrenzt oft mit Bus und Tram hin und herfahren. Achtung! Nach dem Einstieg sofort das Ticket abstempeln. Maschinen dafür gibt es in jedem Bus. Wer das Stempeln vergisst, fährt schwarz!

Der Ort liegt in den Hügeln nördlich von Florenz. Hier oben gibt es viel Ausblick, ein paar kleine Geschäfte und Bars, einen Wochenmarkt und ein kleines Franziskaner-Kloster. Wer zu Fuß zurück in die Stadt laufen möchte: Der Weg ist ausgeschildert, bis ins Zentrum braucht man circa 1 Stunde. Jetzt ist es aber mal genug mit Erholungsprogramm. Schließlich bin ich zum Arbeiten hier.

 

Montag, 10.2.2020: Wer bist du und was machen wir hier?

Raus aus der Haustür, geradeaus, links, rechts – da ist er schon: Der erste Blick des Tages auf den Dom von Florenz. Schön. Und sehr motivierend. Nach etwa 10 weiteren Minuten bequemen Fußmarsches bin ich schon bei Europass. Die Lehrer-Akademie belegt den gesamten 2. Stock eines Renaissance-Palazzo. 63 Steinstufen hoch, linker Eingang, rechts zum Empfang, weiter durch einen schmalen Gang, erste Tür rechts. Klingt verwirrend. Ist es die ersten paar Male auch. Aber dann wird’s.

Unser Arbeitsplatz der nächsten Vormittage ist circa rund 21 qm klein, vanillegelb getünchte Wände, Flachbildschirm, 2 Whiteboards und Balkon mit Blick in den Innenhof. Seminarleiterin Lise Lott aus Schweden, die sich im Ausland lieber Lisa nennt (sprechen Sie „Lise-Lott“ mal auf Englisch aus, dann wissen Sie warum), habe ich schon via Mail kennengelernt. Und jetzt in echt. Sehr sympathisch. Die übrigen Teilnehmerinnen auch. Ja, genau. Wir sind eine reine Frauentruppe und nur zu fünft: eine Gruppe von drei Psychologinnen aus Portugal und eine Psychologin aus Spanien. Alle vier arbeiten als Beraterinnen an Regelschulen.

Na, da bin ich ja gut aufgehoben! Für Kaffee, Tee, Wasser und Kekse ist gesorgt. Dazu gibt’s eine geballte Ladung Infos: WiFi-Passwort, Wochenplan (sehr flexibel nach unseren Bedürfnissen), optionales Ausflugsprogramm (2 Stadtspaziergängen am Nachmittag, 1 Tagesausflug am Samstag) und natürlich Sightseeing-Tipps. Dermaßen gut versorgt, geht’s los mit Vorstellungsrunden: Zuerst mal ein Namensschild aus Papier basteln (mit Namen, Arbeit, Landesflagge, aktuelle Gefühlslage).

Besonders gefällt mir eine weitere Idee, die sich auch für den Unterricht eignet – zum Kennenlernen, aber auch um Hausaufgaben oder neue Lerninhalte abzufragen: Jeder schreibt drei Aussagen zu sich selbst auf. Zwei sind richtig, eine ist falsch. Im Anschluss muss eine andere Person raten, welche Info gelogen ist. Dabei kommt heraus: Dozentin Lisa hat den schwarzen Gürtel in Karate – Respekt! Und in den Arbeitsanweisungen für uns versteckt sich auch schon der nächste Praxis-Tipp: Schlüsselwörter sind unterstrichen und bebildert. Wo möglich kann man an einem Gegenstand beispielhaft vormachen, was zu tun ist, beim Namensschild etwa das Papier falten.

So werden gleich mehrere Kanäle angesprochen. Jetzt geht es an die Inhalte: Probleme, mit denen Teilnehmer beim Lernen zu kämpfen haben könnten, den Unterschied zwischen dem medizinischen und dem sozialen Denkmodel und was genau inklusives Lernen bedeutet. Dazu gehört auch das Universal Design for Learning (UDL) – heißt: jeder wird entsprechend seines Niveaus, seiner Stärken, Interessen und Bedürfnisse in einer wertschätzenden Atmosphäre zum Lernen motiviert. Und dass nach den 3 Prinzipien, nach denen auch unser Gehirn beim Lernen arbeitet: Was? Wie? Warum? Und schon ist der erste Seminartag (immerhin 5 Stunden, nur unterbrochen von zwei 15- Minuten-Pausen!) um.

Mit vollem – und zugleich irgendwie wattig leerem – Kopf geht’s auf Nahrungssuche (das ist in dieser Stadt nun wirklich keine Herausforderung) und dann ab nach Hause. Denn – das ist auch noch schön, wenn man so ganz allein unterwegs ist – man kann sich einfach mal hinlegen und schlafen. Batterie auftanken. Voll fit geht’s danach weiter, 500 Jahre alte Pflastersteine treten und die Stadt genießen.

Dienstag, 11.2.2020: Alle kriegen das Gleiche – das ist nicht fair!

Um Punkt 9 Uhr sind heute alle da. Hochmotiviert für die zweite Runde. Nach einer kurzen gemeinsamen Zusammenfassung des gestrigen Stoffs geht’s weiter mit Diversity. Was bedeutet das? Und warum ist es so wichtig? Gute Idee für den eigenen Unterricht:

In einer Kleingruppe von 2 bis 3 Teilnehmern (TN) schreiben wir unsere Stichpunkte an eine Seite eines DIN A4-Papiers und besprechen anschließend, auf welche Aussagen wir uns einigen können. Die notieren wir in der Mitte. Wie können wir aber nun mit all diesen Verschiedenheiten umgehen? Wichtig ist erst einmal zu begreifen, dass es keinen Sinn macht, allen Lernern mit ihren unterschiedlichen Voraussetzungen das gleiche zu geben.

Man muss jedem erst den Zugang zu allen Möglichkeiten geben, (Equity = Fairness), bevor Gleichheit (Equalitiy) entstehen kann. Einleuchtend. Und trotzdem fällt es im alltäglichen Unterricht immer wieder schwer. Die Frage ist also: Wie? Dafür muss man erst einmal wissen, welcher Schüler welche Probleme beim Lernen hat und warum.

Wir gehen einige Diagnosen durch, die mit Lernschwierigkeiten einhergehen: AD(H)S, DCD (Developmental Coordination Disorder), Asperger Syndrom, der leichtesten Form von Autismus. Welche Anzeichen und spezifischen Probleme gibt es? Wie können Lehrer und Assistenten helfen? Welche Strategien kann der Schüler (etwa bei impulsiven Wutausbrüchen) selbst anwenden? Tolle Idee: Lisa zeigt uns zu jeder Diagnose einen Film aus Sicht eines Betroffenen (alle frei auf YouTube verfügbar).

Als kleine Aktivität zum Tagesabschluss gibt’s noch ein Brainstorming. Wann und warum kann ich selbst eigentlich gut lernen? Erst notieren wir jeder alleine Stichpunkte, dann sammeln wir im Plenum. Plus Fragebogen: visuell – auditiv – taktil – welcher Lerntyp bin ich? Das Ergebnis: Jede von uns lernt anders gut. Und das ist bei unseren Teilnehmern ganz genauso.

Da heute noch die erste von zwei Stadtführungen auf dem Programm steht, entlässt uns Lisa ein wenig früher. Gemeinsam geht unsere Damenrunde zum Mittag in eine der diversen Pizzerien in der Nähe. Wir essen draußen auf der Terrasse. Im Februar! Gegen 15 Uhr treffen wir Kunsthistorikerin Jasmine und Teilnehmer aus den parallel laufenden Europass-Kursen und laufen in Richtung Basilika San Lorenzo (Kapelle inklusive Grabstellen der berühmten Medici-Familie), weiter zur Villa Medici, zum Dom Santa Maria dei Fiori und Palazzo Vecchio bis zum Arno. Jasmine sprudelt geradezu über mit Infos und Details. Auf Englisch mit italienischer Gestik. Super interessant. Nur blöd, dass man das meiste doch wieder ziemlich schnell vergisst.

Mittwoch, 12.2.2020: Motivier mich – aber wie?

Wir starten direkt mit einer Aktion: Board Race! Frage: Was motiviert Teilnehmer zu lernen? Jeder macht sich 2 Minuten lang Notizen, dann stellen wir uns in 2 Gruppen in einer Reihe auf, die erste Person in jeder Reihe bekommt einen Stift in die Hand. Auf „Los!“ haben wir 5 Minuten Zeit, unsere Stichworte eine nach der anderen an je ein Whiteboard zu schreiben.

Bei nur 2 Leuten (Andreia und ich) natürlich abwechselnd. Kann man machen, um vorhandenes Wissen zu aktivieren – auch als Wettkampf. Gute Idee! Das nächste Zauberwort in Sachen Motivation heißt „choice“.

Wer selbst auswählen kann, welche Aufgabe er in welchem Rahmen wie bearbeitet, geht mit viel mehr Elan an die Sache. Wobei die Auswahlmöglichkeiten beispielsweise bei einer Person mit AD(H)S klarer und übersichtlicher sein müsste, eben abhängig vom Lerner und seinen jeweiligen Fähigkeiten und Bedürfnissen. Auch hierzu zeigt uns Lisa einen Film aus der Reihe „The 6 C’s – choice, communication, collaboration, critical thinking, care, creativity“ – danach möchte man am liebsten selber gleich loslegen. Anknüpfend an gestern geht’s zurück zu weiteren Diagnosen, charakteristischen Problemen und Hilfsstrategien: Tourette und OCD (Obsessive Compulsive Disorder).

Auch ungeheuer wichtiges Thema: Hochbegabte Kinder – wie kann ich hier zusätzlich fordern und mit Stoff versorgen? Und welche Strategien helfen bei Dyskalkulie und Dyslexie. Auch hier zeigt Lisa zu einzelnen Diagnosen Filme auf YouTube, die den Lebensalltag jeweils eines oder einer Betroffenen zeigen. Solche Filme sind absolut sehenswert und machen verständlicher, mit welchen zum Teil einfachen Mitteln sich die Lernsituation verbessern lässt.

Ein Beispiel: Menschen mit Dyskalkulie haben unter anderem große Schwierigkeiten damit, einen Zeitraum zu überblicken. Eine Sanduhr mit farbigem Sand zusätzlich zu einer Digital- und einer Analog-Uhr macht die noch vorhandene Zeit (beispielsweise bis zum Ende einer Übung oder des Unterrichts) sichtbar.

Egal, welche Menschen aus welchem Grund zusammenkommen: Um sich wohl zu fühlen und gemeinsam gut arbeiten und lernen zu können, braucht es Vertrauen, Kooperationsbereitschaft, verlässliche und verständliche Kommunikation und Zusammengehörigkeitsgefühl. Teambuilding ist angesagt. Dafür gibt es viele wunderbare Spielideen im Internet, z. B. mit Hulahoop-Reifen. Lisa zeigt uns einige und lässt uns dann selber ran.

Aus 20 Spaghetti, 1 m Klebeband, 1 m Schnur und einem Marshmallow sollen wir als 3er und 2er Team in 20 Minuten einen möglichst hohen Turm bauen. Meine Teamkollegin Ana und ich kämpfen mit verschärften Mitteln, da sie kaum Englisch und ich kein Portugiesisch spreche. „Man kann das auch noch verschärfen, indem in einem Team einer nicht sprechen und einer nur eine Hand benutzen darf“, schmunzelt Lisa. Nein danke! Ich verzweifle schon so. Spaß macht’s trotzdem – und erst ganz kurz vor Schluss, bricht er dann doch noch zusammen, unser Marshmallow-Turm. Lustig! Und zur Gruppenstärkung hat die Aktion auf jeden Fall beigetragen.

Am Nachmittag gönne ich mir die Basilika di San Lorenzo mit Besuch der Krypta. Dort ruht Cosimo der Alte (nicht zu verwechseln mit seinem Urururenkel Cosimo I., der rund 200 Jahre später lebte), dessen Sarkophag – Achtung, sehr bedeutungsschwanger – als Sockel einer Säule dient die das Kirchenschiff zu tragen scheint.

Für eine Extra-Portion Geschichte gehe ich noch in das Museo de Medici in der Via dei Servi (genau, die mit den vielen netten Restaurants). Klein, fein und einsam. Ich bin an diesem Nachmittag die einzige Besucherin. Und erhalte dank eines an die Wand projizierten Stammbaums endlich einen guten Überblick über 400 Jahre Familiengeschichte. Grazie!

Donnerstag, 13.2.2020: Eine Frage des Stils: Viele Wege zum selben Ziel

Nun haben wir schon drei Tage lang so dermaßen viel Wissenswertes zu hören, zu sehen und zu fühlen bekommen – und nun geht es eigentlich erst ans Eingemachte. Zumindest für mich, Daz-Dozentin in Integrationskursen mit Alphabetisierung. Das Thema heute: Zweitsprachen-Lerner.

Erstmal sammeln: Welche Probleme können Menschen haben, die eine neue Sprache lernen oder sogar lernen müssen? Und was kann helfen? Dazu gibt’s wieder ein Papier mit tollen Ideen und Tipps. Zum Beispiel das VENN Diagramm. Es besteht aus zwei (oder auch drei) Kreisen, die sich in der Mitte überschneiden. Mit dieser Methode lassen sich zum Beispiel Dinge und ihre Eigenschaften vergleichen, Gemeinsamkeiten und Unterschiede erkennen und visualisieren.

Und ein solches Diagramm gibt dazu noch einen guten Sprechanlass. Konkret am Beispiel Zitrone und Banane: Die Unterschiede (sauer, saftig – süß, weich) kommen in die Kreise, die Übereinstimmungen (Frucht, gelb) in die Schnittmenge. Nicht verstanden? Dann gibt’s auch hierzu tolle Filme auf YouTube, Stichwort „venn diagramm“.

Haben wir es verstanden? Um das zu checken, dürfen wir jetzt ran und ein paar Dinge über uns notieren: Herkunftsland, Sprachen, Berufe, Eigenschaften, Interessen und einen Traum. Im Gespräch, bei dem wir gemeinsam die Felder ausfüllen, stellen Lorena (die psychologische Schulberaterin aus Andalusien) und ich viele Gemeinsamkeiten fest (wir lesen, reisen und lernen gern etwas über andere Kulturen). Zum besseren Kennenlernen sind VENN Diagramme also auch noch gut.

Weiter geht es mit verschiedenen Möglichkeiten, neu erworbenes Wissen abzufragen. Und zwar über die gewohnten Tests und Klausuren hinaus. Die Teilnehmer sollten eine Wahlmöglichkeit entsprechend der eignen Stärken und Vorlieben haben. Ein Aufsatz, eine Broschüre, eine Präsentation, ein kunsthandwerkliches Stück, ein Film oder ein Rap – alles sollte erlaubt sein. Auch sollten wir uns weniger auf das Curriculum und aufs Auswendiglernen von Daten und Fakten versteifen und dabei Gefahr laufen, die Teilnehmer aus dem Blick zu verlieren. „Bildung ist nicht das Auswendiglernen von Fakten, sondern das Gehirn zum Denken zu trainieren.“ Soll Albert Einstein gesagt haben. Gefällt mir.

Letzter Punkt für heute und auch der schwierigste in der täglichen Arbeit: Differenzierung. Ein Werbevideo von Nike bringt das Thema gut auf den Punkt. Zwei Frauen, die tanzen, jede auf ihre Art, die eine Ballett, die andere Hiphop, aber beide bis zur Perfektion. Sie kommen auf unterschiedlichen Wegen mit ihrem eigenen Stil zum selben Ziel.

Und genau darum geht’s auch hier. Die Art der Aufgabe und das Niveau der Aufgabenstellung muss den Schüler/die Schülerin dort abholen, wo er bzw. sie ist. Ganz klassisch kann man eine Aufgabe beispielsweise in drei Schwierigkeitsstufen anbieten: 1. die Kernaufgabe, 2. die einfachere Variante, 3. eine komplexere Variante.

Als Leitfaden dafür gilt die Einteilung der Lernphasen: 1. Vorwissen abrufen und neues anknüpfen, 2. verstehen, 3. anwenden, 4. schlussfolgern, 5. das neue Wissen in einem anderen Zusammenhang anwenden, 6. eigene Meinung /Einstellung zum Thema formulieren (5 und 6 können auch tauschen). Wie sich ganze Unterrichtseinheiten differenzieren lassen, zeigt zum Beispiel der Film „Motivation through choice and stations“. Die TN bekommen die Möglichkeit zu einem Thema an verschiedenen Stationen Vorwissen zu aktivieren, neues zu erkunden und zu verknüpfen.

Mit Tablets, Büchern, Schreibmaterial, Bastel- und Malecken und auch einer Lehrerstation. Nur an dieser Station gibt es eine tatsächliche Interaktion mit dem/ der Lehrerin, an den übrigen arbeiten die TN selbstständig. Darum bei aller Stationen-Arbeit ganz wichtig und extrem entlastend für den/die Lehrer*in: teach self-help! Die TN müssen sich selber oder gegenseitig helfen können, wenn sie etwas nicht verstehen. Hilfreich sind hier auch Instruktionsvideos – wenn man denn die Technik dafür hat. Dann ist es eine tolle Idee. Getoppt wird die gerade gezeigte Stationen-Arbeit noch von einer anderen Schule in den USA.

Innerhalb der Klasse haben Lehrer gemeinsam mit den Kindern verschiedene Arbeitsnischen mit extrem hohem Wohlfühlfaktor eingerichtet. Mit dabei: Sitzkissen, Yogaball, Ohrensessel, Nestschaukel, Flausch-Teppich. Sogar ein mit Kissen ausstaffiertes Kanu und ein Hochbett mit Höhle gibt es. Ein Traum! Jeder kann sitzen, liegen, lümmeln, wie und wo er will. So macht lernen Spaß!

Zu Differenzierung lässt sich so viel schreiben und zeigen, dass uns Lisa gleich noch zwei Extra-Dokumente mailt: „Differentiation in Action!“ (24 Seiten) und „Differentiation in Practice“ (384 Seiten) – alles in feinstem Englisch.

Da habe ich noch ordentlich was vor mir. Da auch heute wieder ein Stadtrundgang mit Guide winkt, entlässt uns Lisa etwas früher zum Mittag, das wir wieder gemeinsam genießen. Die Mädels sind wirklich klasse und das ständige Englisch-Portugiesisch-Spanisch-Italienisch-Gemisch macht irre Spaß. Die Tour durch Fiorentino führt heute Enzo, Sprachlehrer bei Europass und passionierter Historiker, der uns mit Ernst und melancholischem Charme auf die eher unbekannteren Spuren in der florentinischen Stadtgeschichte stößt.

Woran kann man etwa erkennen, wo in römischer Zeit das Amphitheater stand? Wo steht die am meisten unterbewertete Kirche? Und ist das Geburtshaus Dante Aligheris (Sie wissen schon, der mit dem monströs dicken Werk „Die göttliche Komödie“) auch tatsächlich sein Geburtshaus? Irre spannend. Zu meinem Glück hört sich Enzo gern monologisieren und stopft uns 140 Minuten mit Besserwissen a la Fiorentina voll. Grazie mille!

Bei meinem gestrigen Besuch des Museo de’ Medici hatte ich eine Ankündigung für ein Konzert mit barocker Kammermusik für heute Abend entdeckt. Da gehe ich jetzt hin. In einem Saal des ehrwürdigen Palazzo eines Kumpanen Cosimos I. de Medici (ja, genau, der Medici, der sich im 16. Jahrhundert vom Papst zum ersten Großherzog der Toskana einsetzen ließ) singen zwei Mezzosopranistinnen alte Lieder voller Herzschmerz von Händel, Monteverdi und Purcell. So schön! Beschwingt geht’s nach Hause. E-Mails checken und Lerntagebuch schreiben. Mehr ist nach so einem erfüllten Tag nicht drin.

Freitag, 14.2.2020: Viel Action mit Herz und Verstand

Signora begrüßt mich mit einem „Buon San Valentino!“ und Lisa hat „Baci“, die Pralinen Spezialität aus dem umbrischen Perugia für uns alle gekauft. So kann sogar ich diesem Tag etwas abgewinnen. Wir Damen sind uns einig, dass dieses Valentinstag-Geschenke-und- Briefe-Ding nicht das unsere ist. Zu viel Frust vorprogrammiert. Dann geht es noch um die Organisation des morgigen Tagesausflugs nach Siena, Montereggiohi und San Gimignano. Dieser startet nämlich mit einem zweistöckigen Reisebus. Und die dürfen seit drei Monaten – mal ein sinnvolles Gesetz – nicht mehr in die Altstadt fahren. Also müssen wir raus. Mit der Tram 1 zur Endstation Villa Costanza, direkt an der Autobahn nach Bologna.

Als Ergänzung zu gestern bietet uns Lisa weitere Methoden und Ideen für differenzierte Aufgabenstellungen. Stichworte: R. A. N., Tag of War (Tauziehen), Tic Tac Toe (neun Felder mit verschiedenen Aufgaben, Schüler wählen drei aus, entweder senkrecht, waagerecht oder diagonal) oder ein Menü wie im Restaurant. Dabei müssen alle mindestens 3 Aufgaben als Hauptgang wählen, wer fertig ist, wählt mindestens 2 Aufgaben aus dem Bereich Beilagen, ganz Schnelle nehmen noch mindestens ein (freiwilliges) Dessert. Süße Idee. Bedeutet zwar viel Vorbereitung und Gedankenschmalz, ist aber auch sehr wirkungsvoll und motivierend – Stichwort: Choice!

Der folgende Abschnitt ist vor allem etwas für meine 4 Kolleginnen aus dem Bereich Beratung: der Index of Inclusion. Mit Hilfe dieser Parameter lässt sich erkennen, wie weit die jeweilige Institution schon in Sachen Inklusion ist, was noch verbessert werden muss, und wie sich was wann umsetzen lässt. Grundlage dafür muss immer die Frage sein: Wie wollen wir zusammenleben? Gutes Hilfsmittel dafür ist ein 2-seitiger Fragebogen, den sowohl das Schulpersonal als auch die Kinder und Eltern ausfüllen sollen. Das ist gar nicht so einfach, stellt sich heraus, als wir selber diesen Fragebogen für unsere jeweilige Schule ausfüllen sollen.

Nach all der Theorie wird es Zeit für ein wenig Action: „4 Ecken“! Lisa klebt je einen Zettel mit einer Antwort (ja, nein, vielleicht, weiß nicht/will nicht antworten) in je eine Ecke des Raums, liest uns dann verschiedene Statements vor, zu denen wir unsere Meinung sagen sollen – indem wir in die jeweilige Zimmerecke gehen. Beispiele: Ich mag Fußball. Ich habe schon mal überlegt, meinen Job an der Schule aufzugeben. Man muss immer die Wahrheit sagen. Und so weiter. Gar nicht so einfach. Nach der Runde fragt Lisa die eine oder andere, warum sie in ihrer Ecke steht. Super Methode, um eine eigene Meinung zu bilden und auszudrücken, Stellung zu beziehen, zu reflektieren, den anderen zuzuhören. Und natürlich auch sich besser kennenzulernen.

Jetzt gibt’s nochmal das volle Pfund an Hilfsmitteln – 5 (!) Seiten voller Web-Adressen mit unterschiedlichsten kostenlosen Tools. Gold wert. Nur schade, dass Lisa nicht noch ein Extra-Zeitkontingent verschenken kann, dass sich zur genauen Durchsicht all dieser Seiten nutzen ließe! Und noch ein paar Hinweise zum Thema social education. Damit haben viele Schulen in unseren Herkunftsländern Deutschland, Portugal, Spanien und Schweden schon begonnen. Es geht darum, die Schüler auch in Sachen Selbstwahrnehmung, Selbstmanagement, sozialer Wahrnehmung, Beziehungsfähigkeit und verantwortungsvoller Entscheidungsfindung zu schulen. Diese Werte lassen sich in nahezu jedes Unterrichtsthema einbinden.

Fünf Tage vollgepackt mit Profiwissen. Da weiß man am Ende gar nicht mehr, womit man im Praxisalltag beginnen soll. Viele Ideen habe ich bereits. Zum Beispiel, dass und welche Stationen-Arbeit ich ganz bald in meinem aktuellen (und extrem heterogenen) Alpha Integrationskurs anbieten will und wie ich Aufgaben, die ich ursprünglich fürs Plenum und Einzelarbeit zu Hause geplant hatte für die Präsensphase binnendifferenziert einteilen will.

Grundlage für alle Strategien, Planungen, Förder- und Testprogramme muss aber sein: eine respektvolle, wertschätzende Beziehung zu jedem einzelnen. Oder wie es die US-Schriftstellerin Maya Angelou sagt: „Ich habe gelernt, dass Menschen schnell vergessen, was du gesagt oder getan hast. Aber sie werden nie vergessen, wie sie sich deinetwegen gefühlt haben.“ Stimmt. Das möchte ich noch mehr als sowieso schon beherzigen.

Samstag, 15.2.2020: Avanti, avanti! Im Spurt durch die Toskana – und langsam zurück

Die harte Arbeitsphase ist vorbei. Dafür darf ich heute und morgen früher aufstehen. Abfahrt ist um 8.45 Uhr. Aber eben nicht vom Zentrum aus, sondern von Villa Costanza an der Autobahn Bologna – Firenze. Die Fahrt mit der Tram dauert 21 Minuten. Und zur Tram laufen muss ich auch noch. Klappt aber alles bestens und an der Tram-Endstation gibt’s sogar eine schön, große Bar. Selbst die Autobahnraststätten machen hier im Vergleich zu ihren deutschen Kollegen bella figura. Meine Mädels-Truppe ist schon da. Und langsam trudeln auch die anderen Mitreisenden ein. Im Doppeldeckers (wir sitzen natürlich oben) geht’s über die Schnellstraße nach Siena – meiner großen Liebe.

Hier habe ich Mitte der 90er ein Jahr lang studiert. Heimspiel. Während Florenz seine Blüte in der Renaissance begann, ist Siena architektonisch im Spätmittelalter steckengeblieben. Und das tut dieser Stadt gut. Enge Gassen, rauf und runter (Siena ist auf drei Hügeln gebaut, im Tal in der Mitte liegt einer der schönsten Plätze weltweit, die Piazza del Campo), keine Autos. Aber leider: viele Touristen. Schon jetzt im Februar!

Im Eiltempo galoppieren wir – aufgeteilt in drei Gruppen – durch die Stadt. Eine Stunde mit (recht oberflächlichen) Erklärungen unserer Leiterin Carmen. Dann haben wir eine Stunde Zeit, um auf eigenen Faust die Stadt zu erkunden. Eine Stunde! Nun ja. Wir entscheiden uns dafür, in den Dom zu gehen, dessen Eintritt für uns überraschend nun doch kostenlos, weil inklusive ist. Ich war schon so oft hier drin.

Und jedes Mal denke ich wieder: So schön! Und ich bin wahrlich kein Kirchenfan. Allein die Ausgestaltung der Kuppel von Innen ist den Eintritt wert. Und die Boden-Mosaike. Von der Piazza del Campo gehen wir gemeinsam zurück zum Bus. Jetzt ist uns ein Mittagessen mit Weinprobe auf dem Land versprochen. Da hat man doch gleich ganz romantisch verträumte Vorstellungen.

 

Die wird leider enttäuscht, da sich das Weingut als kleinindustrielle Winzerei in der Tiefebene entpuppt, in der ein junger Mann (wohl der Sohn des Hauses) beim Essen nicht müde wird, die einzelnen Probeweine zu beschreiben. Praktischerweise liegt neben unseren Tellern auch gleich ein Bestellformular. Fühlt sich ein bisschen an wie eine Butterfahrt. Aber das Essen (Schinken, Salami, Pecorino mit Brot und Öl, Pasta mit Ragu) schmeckt gut.

Als Wiedergutmachung geht es im Anschluss nach Monteriggioni, zu Zeiten der ewigen Fehden zwischen Florenz und Siena im 13. bis 15. Jahrhundert eine Burg als Ausguck, ob die Feinde aus dem Norden anrücken. Heute ein zwar touristischer, aber trotzdem ruhiger und malerischer Ort hoch auf einem Hügel gelegen. Zeit zum Umschauen: 30 Minuten!

Danach rollt der Bus weiter nach San Gimignano, dem sogenannten „Manhattan des Mittelalters“. Diesen Namen hat der Ort seinen noch stehenden 14 Geschlechter-Türmen zu verdanken. Nur hier gibt es noch so viele von den Türmen, die einst wohlhabenderen Familien als Wehr- und Wohntürme, in friedlicheren Zeiten vor allem nur noch als Prestigeobjekt dienten.

Hier haben wir immerhin zwei Stunden freien Auslauf. Und ich habe die Zeit, für meine Daheimgebliebenen ein Wildschwein aus Plüsch sowie in Salami-Form zu erjagen. Und ganz viel Toskana einzusaugen.

Nach der Rückkehr nach Florenz (der Bus konnte uns jetzt an der Stazione Leopolda nahe des Zentrums absetzen), schlendern wir Mädels noch einmal gemeinsam durch die florentinischen Gassen. Und verabschieden uns herzlich mit Umarmungen und Küssen. Was für eine Woche! Morgen geht’s zurück nach Deutschland. 15 Stunden Zugfahrt. Florenz – Bozen – München – Hamburg – Tornesch. Aber dieses Mal am Tag.

Gibt auf der Strecke viel zu gucken. Und in der Zeit kann ich ganz gemütlich die Woche verdauen. Per Reiseblog. Danke für alle Infos, Gedanken und Erfahrungen, liebe Lisa. Danke, liebe Tatiana, Ana, Andreia und Lorena für den respektvollen und oft sehr fröhlichen Austausch!

Das war eine wundervolle Woche! Und ich kann nur jedem und jeder Kolleg*in – egal welchen Fachs oder welcher Schulform – empfehlen: Machen Sie diese Fortbildung! In Florenz. Oder in Dublin. Oder Nizza. Oder Valetta. Oder Barcelona. Es lohnt sich. Nein, es ist unbezahlbar!

Von links: Tatiana, Andreia, Lorena, Katrin (ich), Lise-Lott (Lisa), Ana