von H. Qaser
Am 09.04.2022 bin ich in Begleitung eines Kollegen nach Florenz geflogen. Die Landung in Florenz war aufgrund der Wetterlage schrecklich- ich war tatsächlich froh, als wir endlich einen festen Boden unter den Füßen hatten. Dennoch war der Schreck nicht vor Dauer, denn ich wollte mich unbedingt auf das neue Land konzentrieren und auf die Erfahrungen, die mich dort erwarteten.
Nach der Ankunft im Hotel habe ich mir in einem Restaurant als erstes etwas zum Essen besorgt. So kann man eine harte Ladung am besten überwinden!
Nach einer erholsamen Nacht bin ich dann am 10.04.2022 mit dem Zug nach Rom gefahren. Laut Plan habe ich zuerst das Kolosseum und danach die Stadt Vatikan besucht. Die ehemalige Arena beeindruckte mich sehr. Es ist tatsächlich nur ein Überbleibsel, und dennoch so grandios. Wie soll es dann ausgesehen haben, als es noch unversehrt und voller Menschen war? Ich versuche mir das vorzustellen. Die Stadt Vatikan hat etwas Ruhiges an sich, etwas sehr Würdevolles, trotz der vielen Besucher. Besonders vor Ostern soll es dort wirklich voll sein, und das merken wir auch. Klar wäre es mir lieber, wenn weniger Menschen um uns herum gelaufen wären, aber wenn man schon in Rom ist, muss man den Vatikan-Staat gesehen haben. Also mischen wir uns einfach unter die Leute. Nach einem richtig ausgiebigen Spaziergang, mit vielen Fotos als Erinnerung in meinem Handygerät, bin ich dann am späten Nachmittag zurück nach Florenz gereist. Morgen geht es also endlich zu meinem Seminar!
Montag, den 11.04.2022, Tag 1.
Laut Plan sollte der Kurs am Montag um 14:00 Uhr beginnen. Ich bin aber früher losgefahren, und habe die Stadt besichtigt, dabei aber ein sehr nettes Café entdeckt und mich zuerst für den Kurs mit einem guten italienischen Kaffee gestärkt. Ich habe es dennoch geschafft, überpünktlich im Kurs anwesend zu sein.
Als Begrüßung haben alle Teilnehmer, die aus verschiedenen Ländern wie Portugal, Spanien, Rumänien, und Deutschland kommen, eine Tasche bekommen. In der Tasche gibt es ein kleines Heft mit Stift und Wi-Fi password. Wie nett!
Damit die Teilnehmer sich besser kennenlernen, haben wir zuerst ein Kennenlernspiel gespielt. Wir haben uns gegenseitig Fragen gestellt, bzw. uns interviewt.
Es ist schön, dass wir 10 Personen aus verschiedenen europäischen Ländern hergekommen sind. Außer mir sind noch 3 Personen aus Deutschland.
Weiter ging es mit den Präsentationen der Teilnehmer. Jeder sollte seinen Arbeitsplatz vorstellen und die Institution, in der man arbeitet. Das nimmt tatsächlich einiges an Zeit in Anspruch. Wir sind Mitarbeiter einer VHS aber es gibt durchaus auch andere Institutionen hier, und es ist sehr interessant für mich, über die Arbeitsgebiete der anderen Teilnehmer mehr zu erfahren.
Unsere Dozentin, Frau Dari, hat uns danach über Sehenswürdigkeit der Stadt Florenz erzählt. Ebenfalls über mögliche Exkursionen, die wir am Mittwoch, Freitag oder am Samstag mitmachen dürfen.
Unser Unterricht beginnt offiziell mit dem Thema „Interkulturell und Multikulturell“.
Unter Multikulturell versteht man eine Gesellschaft, in der verschiedene Kulturen nebeneinander bestehen. Das Wort Interkulturell beschreibt, was passiert, wenn Menschen mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen miteinander leben und sich gegenseitig beeinflussen. Keine Frage, das passiert von allein! Ohne dass wir es merken, und wir es sogar wollen, färben andere Kulturen auf uns ab- aber eigentlich ist es gut so!
Ebenfalls haben wir uns mit dem Thema „Bias – Rassismus“ beschäftigt.
Bias: ist ein unverhältnismäßiges Gewicht zugunsten oder gegen eine Idee oder Sache. Normalerweise auf eine Art und Weise, die verschlossen, nachteilig oder unfair ist.
Mit diesem Thema werden wir uns auch mehr beschäftigen, sowie auch mit dem Begriff, der mir bis heute tatsächlich unbekannt war.
Am Ende des heutigen Tages hat unsere Dozentin uns viele Restaurants und Bars vorgestellt, in denen man Pizza, Pasta, Wein und andere italienische Köstlichkeiten genießen kann.
Eine App, die Paddelt heißt, wurde uns auch vorgestellt. Mit dieser App können wir unsere Fotos, Texte und Berichte miteinander teilen. Diese werde ich auch tatsächlich ausprobieren! Der Tag vergeht wie im Flug und wir sind auch schon mit dem ersten Unterrichtstag fertig. Da wir auch später angefangen haben, ist es auch schon in den frühen Abendstunden, als ich ins Hotel zurückkehre und erstmal einen ruhigen Abend genieße- die ersten drei Tage in Italien waren tatsächlich sehr ereignisreich und ich fühle mich sehr müde.
12.04.2022, Florenz Tag 2
Der zweite Kurstag und mein insgesamt vierter Tag in Italien beginnt mit dem Klang der Wecker und ein ordentliches Frühstück. Ich muss mich allerdings tatsächlich beeilen, weil ich etwas spät dran bin. Es gibt natürlich viel zu sehen, und ich will einerseits nichts verpassen, andererseits auch meinen Kurs so gut es geht absolvieren und jede neue Information mitnehmen, die ich dort erhalten kann. Ich unterrichte noch nicht so lange, somit ist gerade für mich wichtig, Erfahrungen zu sammeln. Und wenn man sich gleich an „zwei Fronten“ bemüht- in einem richtig guten und nützlichen Kurs, und bei dem Kennenlernen eines Landes, nutzt man jede Sekunde und schläft natürlich nicht sehr viel. Alles gut- dafür bin ich ja hier! Ich beende mein Frühstück und fahre mit dem Bus zu der Teacher Academy.
Wir fangen mit einer lockeren Übung über Menschen und ihre Essgewohnheiten an. Die Aufgabe ist einfach: eine Gruppe Kursteilnehmer aus unterschiedlichen Ländern kommt nach Italien und wir müssen ein Dinner für sie organisieren. Ich denke spontan an alle netten Restaurants, die ich gesehen und teilweise besucht habe in den letzten Tagen. Ich mochte bisher alles in Italien. Es fiel mir nicht schwer, etwas für meinen Geschmack zu finden. Aber ist es bei allen Menschen so? Die Kultur und die Herkunft prägen sogar die Essgewohnheiten. Wenn mir ein Teller Pasta reicht, kann vielleicht die nächste Person nichts damit anfangen. Und genau darum geht es- schon bei den einfachsten Dingen die Unterschiede zu erkennen und die Menschen so besser kennen zu lernen. So muss auch ein Dozent anhand der einfachsten Dinge im Unterricht erkennen, welche heterogene Gruppe sich da zusammengestellt hat, und wie man sie fördern und fordern kann.
Und während wir darüber sprechen, gleiten wir automatisch zu der nächsten Folie der Kurspräsentation. Ja, warum ist es eigentlich wichtig, die Diversität im Klassenraum trotzdem zu behalten? Wir versuchen eigentlich aus unterschiedlichen Menschen, die aus den entferntesten Ecken der Welt kommen, eine einheitliche Klasse zu machen. Sollten wir nicht einfach versuchen alle gleich zu behandeln und sie zu einer einheitlichen Gruppe zusammen zu schmelzen? Es wäre doch besser zum Unterrichten! Man erkennt dabei aber, dass das nicht das Ziel des Unterrichtens ist. In meiner Klasse versuche ich, jeder Person, so unterschiedlich sie sein mag, möglichst gut zu helfen in die deutsche Sprache einzusteigen. Ich habe tatsächlich bisher nur nicht alphabetisierte Personen unterrichtet. Sie haben kaum Berührungspunkte zueinander, und es geht nicht darum, welche zu schaffen. Es geht darum sie bei ihrem unterschiedlichsten Sprachniveaus mitzunehmen, zu erkennen an welcher Stufe des Spracherwerbs sie sich befinden und sie von dort aus zu unterstützen, in die Sprache einzutauchen. Ihre Diversität kann man sich dann in sofern für den Unterricht nützlich machen, dass man erkennt, welche Stärken und kulturelle Prägungen sie rein menschlich mitbringen, um ihnen die Dinge besser zu erklären.
Es kostet Zeit, und man braucht spezifisches Wissen dafür- das ich mir hoffentlich auch in diesem Kurs aneignen werde, denn ich merke schon heute am zweiten Tag tatsächlich, dass mir der Kurs viele Gedankenanstöße ermöglicht. Während wir locker über die Kursthemen diskutieren und die Übungen des Kurses erledigen, fallen mir neue und neue Aspekte auf, die ich so davor nie betrachtet habe. Ich gestehe, dass zu Anfang mancher Übungen ich nicht so ganz nachvollziehen konnte, wofür sie nun gut sein werden- aber nach einigen Minuten erkenne ich immer deutlicher, worum es geht. Und vor allem, dass das Unterrichten mit den Menschen und für den Menschen stattfindet! Also muss man den Weg suchen ihnen näher zu kommen, statt zu erwarten, dass sie es selbst tun.
Wir halten uns auch kurz bei dem Thema Rassismus auf, denn auch dieses Thema muss angeschnitten werden. Traurig, dass auch im 21. Jahrhundert wir immer wieder genau hingucken müssen, wann genau Rassismus anfängt und warum Menschen dazu neigen, rassistisch zu werden. Man hat früher nicht offen darüber gesprochen oder so getan, als ob es dieses Thema nicht gibt. Umso wichtiger ist es aber, sich damit zu befassen, um selbst den kleinen Anflug an Rassismus im Klassenzimmer zu erkennen und darauf als Dozent einzuwirken bzw. dem Einhalt zu gebieten. Um Rassismus vorzubeugen, könnte man zum Beispiel die unterschiedlichsten Menschen dazu bringen, miteinander zu arbeiten, damit sie sich besser kennen lernen und näherkommen. Unsere Kursleiterin erklärt, dass wir die Medien nutzen könnten um die erste Barrieren aus dem Weg zu schaffen, indem wir Menschen einfach online zusammenarbeiten lassen können. Sie zeigt uns eine Website, die uns ermöglicht, den Teilnehmern zusammen eine Aufgabe zu erteilen. Jeder kann sich einloggen und seinen Part erledigen, schaut aber auch, was die anderen Teilnehmer vor ihm dort gemacht haben, und ergänzen das. So bekommt man das Gefühl, sie ein wenig schon zu kennen.
Nach der Pause sehen wir auf dem Bildschirm einen großen Eisberg. Viele der Teilnehmer scheinen das schon zu kennen und diskutieren einfach drauf los. Ja, der Mensch ist mehrschichtig und ähnlich wie bei einem Eisberg sehen wir nur die Spitze. Ah, so ist es also gemeint! Ja, es klingt logisch. Man kann nicht mehr als die Oberfläche sehen. Man muss kommunizieren, um tiefer in den Charakter des Menschen einzutauchen. Aber muss man das tun? Muss man wirklich bei jeder Person in der Klasse versuchen, sie besser kennen zu lernen? Nun ja, es geht schließlich hier um effektives Unterrichten. Man kann niemanden effektiv unterrichten, wenn man keinen Zugang zu ihm findet. Also muss man sich eingestehen, dass man sich die Zeit nehmen muss, um einmal „unter dem Wasser“ zu schauen. Zumindest so viel, um zu verstehen, wie jemand im Unterricht vorankommen kann, oder wenn er es nicht tut, aus welchen Gründen das so ist. Der Schlüssel nennt sich Kommunikation. Wir beschäftigen uns mit ihren Formen:
– Passive Kommunikation:
– Aggressive Kommunikation
– Passiv – agressive Kommunikation
– Assertive Kommunikation:
Es ist wichtig zu verstehen, wie die Menschen miteinander kommunizieren und welche Art der Kommunikation sie wählen, um sich mitzuteilen. Wir üben das ein wenig. In zwei Gruppen machen wir Übungen zu diesen Kommunikationsarten und versuchen sie zu verstehen. Dabei achten wir…ja, tatsächlich auf die einfachsten Dinge. Werden wir angeschaut, wenn man mit uns spricht? Wie ist der Unterton? Die Tonlage der Stimme? Was zeigt uns dabei die Körpersprache der Person und ist sie eher introvertiert, oder selbstbewusst?
Die Zeit vergeht sehr schnell an diesem Tag. Die Themen haben nicht nur meinen Wortschatz in Englisch gefordert, sondern auch mich zum Nachdenken an wirklich vielen Stellen gebracht. Ich merke also, dass ich richtig hungrig bin und eile in die Stadt, um etwas zu essen und natürlich auch mir weiter die Stadt anzuschauen. Es gibt viel zu sehen in Florenz! Ich hoffe, dass ich es in der kurzen Zeit hier schaffe die schönsten Sehenswürdigkeiten auch noch zu besichtigen. Es ist schon sehr spät, als ich ins Hotel zurückkehre und so freue ich mich auch auf den nächsten Tag in meinem Kurs!
13.04.2022, Florenz Tag 3
Am dritten Kurstag scheint wieder die Sonne, was für Italien allerdings vollkommen normal ist. Da ich gedanklich das aber mit meinem Alltag in Norddeutschland vergleiche, ist es für mich natürlich bei weitem nicht so selbstverständlich. Ich freue mich auf das gute Wetter hier, ich bin aber auch sehr neugierig auf den Kurs. Also beende ich schnell mein Frühstück und fahre schnell zur Teacher Academy. Heute ist auch eine Erkundungstour geplant, auf diese freue ich mich besonders. Aber zuerst die Arbeit!
Als ich ankomme, sind schon fast alle Teilnehmer da. Unsere Dozentin wartet auf uns mit einer Aufgabe. Es geht um die unterschiedlichen Arten der Intelligenz. Die Aufgabe entpuppt sich als ein Test für Multiple Intelligence. Ich mache gern Tests und Quizze mit mir selbst, also freue ich mich auf diese Aufgabe und bin schon ganz gespannt auf das Ergebnis. Zuerst aber etwas über die Arten der Intelligenz. Man erkennt 8 solche Arten:
1. Verbal/ Linguistic
2. Mathematical/ Logical
3. Musical
4. Visual/ Spacial
5. Kinesthetic
6. Interpersonal
7. Intrapersonal
8. Naturallistic
Die Dozentin erklärt jede Art dieser Intelligenzen mit einigen Worten und mir wird bewusst, wofür die Übung gut ist- es geht um Stärken finden. Wenn man lernt, seine eigenen Stärken zu finden, kann man sie auch bei den anderen Teilnehmern bzw. bei seinen Schülern besser erkennen und sie dann so fördern. Ich mache den Test und bin sehr stolz darauf, dass mir anscheinend gleich mehrere Sachen zum gleichen Teil liegen. Andere dagegen nicht so, aber immerhin! Ich vergleiche meine Ergebnisse mit der Gruppe und sehe, dass wir wirklich sehr unterschiedlich sind, was sich anhand dieses Tests zeigen kann. Das ist aber auch gut so. Grundsätzlich bewundere ich Menschen, die andere Dinge können als ich. Und ich kann mich nützlich machen, indem ich das erkenne und als Teil des Unterrichts im Klassenraum einbaue. Zumal man solche Übungen sogar anhand von Medien oder Internetseiten durchführen kann, so richtig digital. Ich nehme das für mich als Gedanke mit, das kann ich im Kursraum machen, sobald meine Teilnehmer sich etwas besser verständigen können.
Wir reden in dem Kurs noch eine Weile über die Ergebnisse des Tests, über Erkennen von Stärken, das Einordnen von Emotionen und wie wir damit im Unterricht umgehen können. Besonders dann, wenn die Teilnehmer sich noch nicht so richtig mit der Sprache vertraut fühlen. Da helfen Smileys, aber auch das Schaffen von einem Pool an Wörtern zum Thema „Emotionen“. Das muss thematisiert werden und auch in der Klasse muss man offen darüber sprechen, welche Gefühle verschiedene Situationen hervorrufen. Zum Beispiel, wenn sich jemand nicht traut, Deutsch zu sprechen. Viele Menschen haben Angst oder fühlen sich unwohl, eine Sprache zu benutzen. Warum ist das so? Was empfindet jemand, wenn die richtigen Wörter einfach nicht in einem Satz sitzen bleiben wollen und einfach hin und her im Kopf herumtanzen?
Wie kann ich mir dabei selbst helfen? Dabei helfen die multiplen Intelligenzen, man muss nur erkennen wie man sich selbst weiterhelfen kann und worin man selbst gut ist, um das zu kompensieren.
Wir machen weitere Übungen. Für mich ist klar, heute beschäftigen wir uns mit der Tiefe der menschlichen Persönlichkeiten. Wir reden über typische Situationen, bei welchen die Menschen in Schwierigkeiten bei der Kommunikation geraten. Zum Beispiel, wenn man nicht gewohnt ist, sich mit anderen Menschen einfach spontan auszutauschen. Auch das muss geübt werden und man muss manchmal Ängste überwinden, um sich selbst bei der Kommunikation zu helfen. Die Übung ist interessant und die Zeit vergeht sehr schnell. Wir merken außerdem, dass einige Teilnehmer unseres Kurses noch nicht geschafft haben, uns ihre Präsentationen zu zeigen, die wir am ersten Tag vorbereitet haben. Also holen wir das jetzt vor der Mittagspause nach und können Fragen stellen und Bemerkungen abgeben.
Die Mittagspause ist interessant. Wir kennen uns schon alle ein wenig und plaudern etwas lockerer im Flur miteinander. Das macht tatsächlich eine tolle Atmosphäre und ich fühle mich ein wenig wie in der Schule.
Nach der Pause geht’s aber weiter mit dem Kurs und wir beschäftigen uns mit einem Begriff, der mir nichts sagte: Mindfulness.
Man kann sagen, dass das eine Art Selbstfindung ist. Der Begriff beinhaltet Mechanismen, die uns helfen können einfach qualitativ besser zu leben. Es geht um die richtige Wege für sich zu finden, sein Leben so zu gestalten, dass man seine Zeit sinnvoll nutzen kann und sich selbst in gewissen Situationen selbst helfen kann. Wir sprechen darüber, dass es besonders wichtig ist etwas zu finden, was einen beruhigt, wenn man rastlos und unruhig ist oder gerade nicht weiter weiß. Denn nur ausgeglichene Menschen sind lernfähig und auch belastbar genug, um richtig etwas zu lernen und voranzukommen. An sich selbst muss man aber stets arbeiten, und zwar nicht nur an seinem Wissen. Auch an seinen inneren Eigenschaften, die man erkennen und entwickeln muss. Mindfulnes trägt dazu bei einfach das Leben „richtig“ zu leben.
Ich weiß zwar noch nicht, wie ich das unseren Teilnehmern weitergeben kann, aber für mich als Lehrkraft ist das schon wichtig. In der Ruhe liegt die Kraft, sagt man ja bekanntlich. Also ruhig und ausgeglichen bleiben und Wege schaffen, sich selbst auf die wichtigen Dinge im Unterricht zu konzentrieren. Das ist, was ich für mich aus dieser Thema mitnehmen kann und es erscheint mir nicht nur sinnvoll, sondern auch wirklich notwendig. Man kann es nicht glauben, aber manchmal sind die Emotionen in der Klasse schon groß. Meine Teilnehmer können noch nicht lesen und schreiben, viele haben in ihrer Heimat nicht einmal einen Stift benutzt. Das Gefühl, etwas nicht zu können, die Angst ausgelacht oder ausgegrenzt zu werden- das kann schon auch in der Klasse belasten oder sogar zu Schwierigkeiten führen. Darum ist es wichtig, als Lehrkraft eingreifen zu können und dabei ruhig zu bleiben. Und sich selbst dabei gut kontrollieren.
Kontrolle ist der Schwerpunkt auch einer der nächsten Übungen. Wir sollen überlegen, welche Dinge in unserer Macht liegen und welche nicht. Welche Gedanken können wir bändigen, und welche Situationen oder Angelegenheiten im Leben können wir so gar nicht beeinflussen und müssen einen Umgang damit finden? Wir sollen das aufschreiben und versuchen das zu vergleichen. Aber auch überlegen, ob wir etwas davon verändern können oder nicht. Es entsteht dabei eine bunte Diskussion. Hier sind die Meinungen unterschiedlich und es ist sehr interessant für mich. Wir beenden den heutigen Kurstag dann mit dieser Diskussion, denn es ist endlich die Zeit für die geplante Stadttour.
Sie startet pünktlich und ich tauche so richtig in die Atmosphäre der Stadt ein. Man merkt der Stadt ihre lange und üppige Geschichte an. Viele Gebäude sind wie aus einem alten Roman für mich. Ich schaue mir alles genau an und mache viele Fotos. Es gibt viel zu sehen in Florenz, besonders, wenn man sich für Geschichte interessiert. Auch kulturell hat die Stadt viel zu bieten, und – wie hätte es auch anders sein sollen! – kulinarisch natürlich sowieso! Selbstverständlich will ich das auch an diesem Abend in Erfahrung bringen und nehme Platz in einem netten kleinen Restaurant, in dem ich es mir draußen auf der Terrasse des Restaurants gemütlich mache und ein vorzügliches Abendessen in Bella Italia genieße. Es schmeckt aber auch wirklich alles hier!
Der Weg zum Hotel ist dann wie ein netter Spaziergang für mich, und ich freue mich jetzt schon darauf, was der nächste Kurstag für mich bereit hält!
14.04.2022, Florenz Tag 4
Ich bin schon seit 6 Tagen in Italien und seit 4 Tagen in meinem Kurs in Florenz. Es ist eine sehr interessante Erfahrung für mich hier zu sein, aber vor allem ist es ein schönes Gefühl aufzuwachen und direkt die Sonne zu begrüßen. Bei uns in Deutschland haben wir leider nicht immer diese Gelegenheit und schon allein das ist für mich sehr schön. Den Kurs empfinde ich bisher als sehr informativ und nützlich für mich, wenn ich auch manchmal an manchen englischen Begriffen „zu knabbern“ habe. Aber es macht nichts- ich bin schließlich zum Lernen hier, also schreibe ich mir alles Neue akribisch auf.
Mit einem Kaffee in der Hand gehe ich zur Teacher Academy. Unsere Gruppe ist sehr freundlich. Echt schade, dass wir uns nur für eine so kurze Zeit treffen, ich könnte mir vorstellen auch für länger einen Kurs zu buchen und mit denselben Menschen vielleicht einen ganzen Monat zusammen zu arbeiten.
Wir starten in den Arbeitstag mit dem Wort „Competence“. Die Dozentin möchte gern wissen, wie wir dieses Wort verstehen. Ja, sie hat zwei Bedeutungen, aber wie man es merkt, versteckt sich dahinter bei weitem mehr. Wir reden über die verschiedenen Arten von Kompetenzen und wie man überhaupt dazu kommen kann, Kompetenzen zu entwickeln oder welche zu bekommen. In vielen Punkten geht’s da um Sammeln von Erfahrung, was wiederum Menschen kompetent macht und ihnen auch Kompetenzen verleiht. Kompetenzen nutzen und sie im Klassenraum einzusetzen ist sehr wichtig für Lehrkräfte. Aber auch Kompetenzen erkennen und fördern, wenn man sie bei Teilnehmenden entdeckt. Ich höre gern zu diesem Thema zu, für mich ist alles interessant, was erfahrenere Kollegen zu berichten haben.
Und sie haben auch Vieles zu berichten. Ich staune immer wieder darüber, welche unterschiedlichen Erfahrungen beim Unterrichten schon gemacht wurden.
Da jeder seine eigenen Kompetenzen hat, hat auch jeder, der schon länger unterrichtet, seine eigenen Lernmethoden entwickelt. Das ist auch das nächste Thema, zu dem wir wie von allein hinübergleiten.
Wir hatten uns ja die Tage davor mit den multiplen Intelligenzen beschäftigt. Da wir nun wissen, dass jeder Mensch ein unterschiedliches Set von Eigenschaften und Fähigkeiten besitzt, stellen wir fest, dass man dafür auch unterschiedliche Lernmethoden entwickeln muss.
Auch als unterrichtende Lehrkraft muss man sich bemühen, seinen Schülern mehrere Beschulungsarten anzubieten. So beschäftigen wir uns also mit den Lernmethoden und erläutern mehrere solche.
Eine der bekanntesten Methoden ist „The X-based learning aktiv“-Methode. Also das Fokussieren auf ein Thema im Unterricht und das Nutzen von verschiedenen Hilfsmitteln, die immer wieder dieses eine Thema bekräftigen und unterstreichen. Diese Methode ist sowohl für Dozenten als auch für Teilnehmer gut. Zum einen können sich die Teilnehmer alles einfacher merken, wenn sie bei dem Unterricht sich nur auf dem einen Hauptthema konzentrieren brauchen, zum anderen muss man als Dozent nicht mehrere Sachen gleichzeitig erklären und kann nicht vom Thema abschweifen. Es geht schlicht darum, ein einziges Thema mit unterschiedlichen Übungen zu verstärken und sie so für alle verständlich machen.
Mein Kollege aus Tornesch erklärt, dass man oft auch diverse Lernspiele im Unterricht einsetzen kann, da die Kursteilnehmer dadurch schnell lernen und es ihnen auch Spaß macht. So erinnert man sich einfacher an die Dinge, die man gelernt hat. Ja, das haben wir beim unseren letzten Dozentenaustausch in Tornesch auch schon thematisiert. Heutzutage ist es ganz einfach, denn wir können immer wieder neue Medien zu diesem Zweck einbringen. Da, wo man früher nur einen Stift und einen Zettel zur Verfügung hatte (noch früher nicht einmal das!) kann man heute auf moderne Geräte wie iPads und interaktive Screens zugreifen. Damit Spiele zu erstellen oder zu spielen bietet sich geradezu an!
Auch das Angebot an verschiedenen Apps für das Erlernen von Sprachen oder anderen Fächern wird täglich immer größer. Man kann das so zusammenfassen: wer wirklich etwas lernen möchte, hat es heutzutage sehr einfach!
Wir machen eine kurze Pause, danach geht es mit dem Erläutern von den 4 wichtigen Begriffen, die mit dem Buchstaben „C“ beginnen. Es ist einfach zu merken:
1. Collaboration / Zusammenarbeit
2. Communication / Kommunikation
3. Creativity / Kreativität
4. Critical Thinking /kritisches Denken
Es ist eigentlich logisch, warum diese vier Begriffe so wichtig im Unterricht sind. Es gibt keinen Unterricht ohne Zusammenarbeit. Nicht nur die unter den Teilnehmenden, sondern aber auch zwischen den Teilnehmenden und der unterrichtenden Fachkraft. Die Kommunikation ist die einzige Möglichkeit der richtigen Zusammenarbeit, und zwar in jeder Form. Dabei muss man manchmal Kreativität anwenden, um auch zu überlegen auf welche Art man am besten kommunizieren kann. Wie versteht man mich am besten? Wie komme ich am besten an? Verstehen die Teilnehmer das, was ich erkläre, wie ich mir das vorstelle, oder kommt es doch anders rüber? Kommuniziere ich verständlich? Ist meine Körpersprache hilfreich dabei?
Sich selbst zu hinterfragen gehört zu dem kritischen Denken. Dabei muss man mit sich selbst sehr ehrlich sein, denn sonst tut man sich eigentlich auch keinen Gefallen und es bringt auch sonst nichts. Also muss man auch stets an sich selbst arbeiten und diese vier Dinge immer anwenden.
Ich mache mir dazu einige Notizen, denn dieses Prinzip finde ich nicht nur zum Unterrichten gut, sondern auch allgemein für das Leben.
Als ob sie meine Gedanken nur noch mehr vertiefen möchte verteilt uns die Dozentin noch einige Arbeits- und Merkzettel mit wichtigen Begriffen und Erklärungen. Diese sollen wir uns nachher in Ruhe angucken und versuchen, mit ihnen selbstständig zu arbeiten. Es gibt darunter einige Vorschläge zur Projektentwicklung mit Schülern, diese werde ich mir bei der nächsten Kaffeepause oder später im Hotel in Ruhe angucken.
Im Großen und Ganzen geht es aber um Lernen, Lernen, und noch einmal Lernen. Wie kann man das vereinfachen? Wie kann man sich Dinge besser merken? Wie kann man anderen Personen helfen, etwas besser zu verstehen? Welche gemeinsamen Projekte kann man zu Lernzwecken nutzen?
Unsere Dozentin hat tatsächlich auch als Abschluss des Lerntages ein Projekt für uns vorbereitet. Eine Art Spiel, das wir in Gruppen spielen werden. Ich merke, dass ich mich gleich herausgefordert fühle. Ich habe schon in der Schule solche Aufgaben gemocht, und mich immer als Erste für unterschiedliche Aktivitäten gemeldet. Dieses Mal weiß ich aber gar nicht, was auf mich zukommt und halte mich etwas zurück. Ah, es geht um eine Art Wettbewerb. Wir sollen kleine Aufgaben erfüllen und das möglichst schnell. Und wir müssen uns dabei bewegen, und zwar in der Stadt, nicht im Klassenzimmer. Unsere Dozentin hat sich das so überlegt: in Gruppen aufgeteilt und in Teamwork sollen wir durch die Stadt gehen und unterschiedliche Objekte suchen. Ja, dafür eignet sich Florenz wohl sehr gut- hier gibt es so viele wichtige und bedeutende künstlerische und geschichtliche Werke und Objekte aus der Antike und von heute, dass man so eine aktive Aufgabe sehr gut vorbereiten kann. Wenn wir die Objekte auf unserer Liste gefunden haben, gibt es etwas zu erledigen zu jedem davon. Wer zuerst fertig wird, gewinnt!
Unsere Gruppe besteht aus drei Personen und zum Glück sind wir beide „Tornescher“, mein Kollege Eman und ich, zusammen in einer Gruppe. Dazu gesellt sich Ilias. Er ist sehr nett und passt gut zu uns. Und er ist auch sehr kreativ, das ist uns schon früher aufgefallen. Zusammen mit ihm suchen wir die Objekte auf unserer Liste. Wir haben bekommen:
1. Das Porträt von Michelangelo finden.
2. Eine bestimmte Figur in Loggia di Lanzi finden.
3. Street Art- Video produzieren.
4. Street Music -Video produzieren.
5. Fontana der Porcellino.
Die Objekte sind nicht sehr weit auseinander, aber man muss schon ein wenig suchen. Die Aufgaben zu den Objekten sind zwar klar und einfach, man muss aber überlegen wie genau man sie verwirklichen muss. Wir reden die ganze Zeit und tauschen Ideen aus. Und rennen natürlich durch die Stadt unter höchstem Zeitdruck, denn auch Eman und Ilias möchten gern, dass wir Erste werden. Dabei haben wir wirklich Spaß wie Kinder an diesem sonnigen Tag- als hätte man echt nichts Besseres machen können, als an diesem Donnerstagnachmittag einfach um die Wette zu laufen und dabei mit der Stadt Florenz und ihren Sehenswürdigkeiten „Verstecken und Entdecken spielen“. Hochmotiviert beenden wir auch die letzte Aufgabe und beenden unsere Mission tatsächlich sogar als Sieger! Einen Preis gab es nicht. Aber ich habe mich nachher selbst mit einem großen Zitroneneis belohnt!
Ich muss zugeben, ich wäre so nicht auf die Idee gekommen eine solche Aufgabe meiner Klasse zu geben. Das Wort „lernen“ assoziiert man an erster Stelle mit Büchern, Stifte, Lehrertafel, Schule. Die letzte Aufgabe war ein Beweis dafür, dass es auch ganz anders geht. Man kann auch durch Spielen, Bewegen und Spaß haben etwas lernen. Nicht nur über das Fach, sondern auch über die Menschen, mit denen man lernt oder arbeitet. Und eine der wichtigsten Formen des Lernens ist das Lernen über sich selbst. Die Entwicklung der eigenen Eigenschaften und Persönlichkeit, nicht nur der fachlichen Kenntnisse. Die notwendigen Erfahrungen über sich selbst zu sammeln bringt ganz andere Möglichkeiten mit sich. Ich bin sehr froh, dass ich diesen Kurs mitmache, denn so viel hatte ich mich damit bisher nicht befasst und es war mir nicht bewusst, wieviel „Selbstentwicklung“ man immer wieder in seinem Alltag brauchen wird. Ich lerne hier nicht nur, wie ich besser unterrichten kann, ich lerne auch, wie ich mich selbst besser unterrichten kann. Und letztendlich, wer ich bin und was ich kann oder erreichen kann. Und zwar während mir der Alltag sogar richtig Spaß macht. Das ist für mich die wichtigste Erkenntnis dieses Tages.
15.04.2022, Florenz Tag 5
Und schon ist der letzte Tag unseres Seminars da!
Nach dem Frühstück fahre ich wie jeden Morgen mit dem Bus 23 Richtung Teacher Academy. Die Gruppe ist komplett, als ich reingehe und es geht auch zügig mit dem Unterricht weiter. Unsere Dozentin erzählt uns ein paar kurze Eindrücke aus unserer Gruppe, die sie selbst in der vergangenen Woche gesammelt hat. Es ist schön ein positives Feedback zu bekommen. Auch wir sind von dem Kurs total begeistert, alle sind der Meinung, wir hätten locker noch länger das Seminar machen können.
Wir bekommen auch ein kleines „Geschenk“ von der Teacher Academy. Einen einmaligen Gutschein, mit dem wir an einem Online-Kurs unserer Wahl teilnehmen können. Wie nett! Selbstverständlich werde ich das Angebot entgegennehmen und sobald ich zu Hause bin, mir einen passenden Kurs aussuchen.
Weiter geht es mit einigen Präsentationen, die Kursteilnehmer vorbereitet haben. Die Themen sind unterschiedlich und immer global wichtig. Ein Thema war zum Beispiel der Klimawandel und die Auswirkungen des Klimawandels, sowie auch die Möglichkeiten, dem entgegen zu wirken.
Ein anderes Thema handelt von der Vorbereitung der Migranten für den Arbeitsmarkt sowie unterschiedliche Mechanismen zum Erlernen der Sprache in einem fremden Land. Viele Migranten sind sich nicht bewusst, dass es nicht ausreicht eine Sprache lediglich im Alltag zu sprechen, um auf dem Arbeitsmarkt erfolgreich zu sein. Man muss auch Schreiben können und auch die Sprache grammatikalisch korrekt anwenden. Das wird oft unterschätzt, auch wir haben die Erfahrungen gemacht, dass viele Teilnehmer der Deutschkurse den Kurs abbrechen, sobald sie einen Job finden, bevor sie das Zertifikat bekommen und richtig sprechen können. Selbstverständlich erscheint ihnen zuerst das Verdienen von eigenem Geld wichtiger und ist auch lobenswert. Aber kaum in dem beruflichen Leben angekommen, stoßen sie auf die sprachlichen Schwierigkeiten und nur wenige Monaten später stehen sie wieder bei uns in der VHS und brauchen dringend einen Kurs. Wir Dozenten müssen die Teilnehmer über diese Schwierigkeiten aufklären und auch die Menschen darauf vorbereiten, dass auf dem Arbeitsmarkt nur derjenige konkurrenzfähig ist und eine Chance hat, der auch gute Deutschkenntnisse mit einem Zertifikat anbieten kann.
Dieses Thema interessiert mehrere Kursteilnehmer unseres Kurses und wir tauschen uns etwas länger darüber aus. Jeder trägt mit seiner Erfahrung dazu bei und es entsteht eine nette Diskussionsrunde. Daraus ergibt sich die Frage, ob es hilfreich ist oder eher ein Problem, wenn die Teilnehmer in einem Deutschkurs in ihrer Muttersprache im Kurs sprechen können.
Für mich persönlich ist es oft von Vorteil, wenn man die Dinge im Kurs auch auf der Muttersprache erklären kann. Ich unterrichte Personen, die eine Alphabetisierung brauchen. Viele von ihnen sind auch nicht einmal in ihrer Heimat zur Schule gegangen und brauchen Zeit um sich überhaupt daran zu gewöhnen, etwas bewusst zu lernen. Einige davon haben sogar Schwierigkeiten, mit einem Stift in der Hand im Unterricht mitzumachen.
Das können wir uns vielleicht so nicht vorstellen, aber es ist tatsächlich so. Dass man da auf die Muttersprache zurückgreifen kann, um etwas zu erklären, ist sehr wichtig für unsere Gruppe.
Die Teilnehmer sind meistens froh und dankbar darüber, wenn man ihnen kurz etwas auf ihrer Sprache erklären kann, auch wenn der Unterricht sonst auf Deutsch stattfindet.
Wenn man wirklich alles neu erlernen muss und jemand nur in einer fremden Sprache spricht und erklärt, das schüchtert die unerfahrenen Menschen ein und sie verlieren manchmal die Motivation, dass sie in der Lage sind, etwas zu erlernen. Das darf man nicht aus den Augen lassen. Es ist also aus meiner Sicht eher vorteilhaft, wenn man im Unterricht die Muttersprache der Kursteilnehmer spricht.
Selbstverständlich soll man aber auch nicht nur noch die Muttersprache verwenden, denn die Teilnehmer müssen sich an den Klang der neuen Sprache gewöhnen, die Begriffe müssen gelernt werden. Es ist sinnvoll, jeden Tag immer weniger die Muttersprache zu verwenden und sie nur bei Bedarf anzuwenden.
Ja, im Großen und Ganzen stellen wir auch fest, dass das Lernen einer fremden Sprache in einem neuen Land viele Schwierigkeiten mit sich bringt. Auch die Bürokratie eines Landes ist für die Migranten oft ein dunkler Wald ohne Lichtung. Wir unterhalten uns weiter darüber, welche Möglichkeiten für die Unterstützung von Migranten es in unseren Ländern gibt. Ich kann nur von unserer Stadt berichten, die -wie ich finde- sehr gut aufgestellt ist, was die Hilfe für die Migranten angeht. Es gibt aber allgemein in vielen Sozialämtern der Städte oder auch bei dem Bürgerbüro auch extra Migrationsbeauftragte oder Flüchtlingskoordinatoren. Sie kümmern sich genau um solche Probleme und stehen auch den Migranten zu unterschiedlichen Fragen zur Verfügung. Es gibt aber auch viele freiwillige Helfer, die ehrenamtlich einige Migranten betreuen und ihnen aushelfen, wenn sie nicht weiterwissen. Darüber hinaus gibt es auch Organisationen und Institutionen, die sich damit beschäftigen. Es ist auch wichtig für das ganze System eines Landes, dass auch diese Aufgaben abgedeckt sind. Die Welt ist grundsätzlich im Wandel und fast jedes Land hat inzwischen Migranten oder Flüchtlinge, die einen gar nicht mal so kleinen Teil der Gesellschaft darstellen. Dass sie extra eine Unterstützung brauchen, damit alles funktioniert, ist für alle gut, auch für die gebürtigen Bürger eines Landes. Dessen muss man sich bewusst werden.
Unser Unterricht geht weiter mit einem Film. Er zeigt die Geschichte eines jungen Mannes, der in einem fremden Land allein zurechtkommen muss. Er hat Schwierigkeiten, sich in dem neuen Land einzuleben, besteht manche Prüfungen in der Schule nicht, weil er die Sprache nicht kann, fühlt sich an vielen Stellen im Film irgendwie verloren. Das ist ein weiteres Beispiel dafür, wie wichtig es ist, sich in einem neuen Land zu integrieren, die Sprache zu erwerben, aber auch sich Hilfe zu holen und keinen falschen Stolz zu zeigen. Wir diskutieren noch eine Weile über den Film, danach folgt auch die große Pause.
Ich genieße ein Stück Pizza und denke über den Kurs nach. Ich fühle mich wohl in Italien und finde es sehr schade, dass dieses Seminar schon bald zu Ende ist. Etwas traurig kehre ich zum Unterricht zurück.
Da beschäftigen wir uns mit Problemlösungen und die Arten von Problemlösungen. Wir alle haben uns im Laufe der Zeit von allein eine Art angeeignet, wie wir am besten mit Problemen umgehen. Der Umgang hängt von unserem Charakter, von den Eigenschaften und von den Erfahrungen ab, die wir im Laufe unseres Lebens gemacht haben. Wie man Probleme löst und bewältigt kann vieles über die eigene Persönlichkeit verraten. Es gibt Menschen, die Probleme verdrängen. Das ist leider nicht sehr produktiv, da sich die Probleme nur selten von allein lösen. Dennoch haben einige Personen die Erfahrung gemacht, dass die Zeit dann auch ein Problem von allein lösen kann und verlassen sich darauf. Leider hat man dann den Nachteil, dass man sein Leben nicht aktiv mitgestaltet, und so eine Problemlösung nicht immer zu unseren Gunsten verlaufen kann.
Dann gibt es Menschen, die sehr kreativ sind. Sie überlegen sich immer etwas Neues, versuchen mehrere Lösungen zu bekommen, und selbst wenn sie eine Lösung gefunden haben, denken sie weiter ob man vielleicht doch noch etwas machen kann.
Manche Menschen sehen einfach nur die Fakten, und konzentrieren sich nur auf sie, ganz sachlich. Sie gehen auch genauso sachlich an die Probleme heran, ohne eigene Emotionen dazu zuzulassen.
Die umgekehrte Variante ist, dass man sich von den Gefühlen, die man bei einem Problem empfindet, leiten lässt und eine Lösung sucht, mit welcher man selbst „gut leben“ kann.
Es gibt noch zwei weitere Arten von Lösungstypen: derjenige, der sich auf die Vorteile in einer Problemsituation konzentriert und mit den Vorteilen vor den Augen nach einer Lösung sucht, und derjenige, der die Nachteile seiner Situation erkennt und versucht dagegen etwas zu unternehmen.
Diese Arten von Lösungstypen prägen uns auf unterschiedliche Arten und wir versuchen immer uns damit zurecht zu finden. Es ist ein interessantes Thema, ich hatte mich davor nie damit beschäftigt, wie ich Probleme löse. Ich werde mir das genau überlegen und beobachten, wie ich in verschiedenen Situationen reagiere. Auch wenn ich der Meinung bin, dass jedes Problem eine andere Art von Lösung und eine andere Art von Vorgehensweise braucht und man das nicht so allgemein sagen kann.
Die Zeit ist auch mit diesem sehr anregenden Thema schnell um und wir bekommen unsere Zertifikate. Ich bin schon ein wenig stolz auf mich, wenn ich das Zertifikat in meiner Hand halte. Ich hatte noch nie ein Seminar in einem fremden Land auf einer anderen Sprache absolviert und hatte wirklich manchmal Bedenken, wie ich das schaffen werde. Ich wollte diese Erfahrung aber unbedingt machen und bin sehr froh darüber, dass ich mir das zugetraut habe. An erster Stelle – es hat funktioniert! Ich hatte keine erheblichen Schwierigkeiten, den Kurs mitzumachen, und trotz der manchmal anspruchsvollen Wortbegriffe, die wir gebraucht haben, konnte ich mich verständigen und meine Meinungen verständlich äußern. Dann habe ich wirklich so viel Input bekommen, nicht nur für das Unterrichten, aber auch für mich selbst als Person. Das Entdecken eines neuen Landes hat mir zusätzlich viel Freude bereitet. Ich habe so viel gesehen und nehme wundervolle Eindrücke mit nach Hause!